Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 13.01.2019

05er wollen eine Freundin haben

AUS DEM TRAININGSLAGER (IX): Lob von außen für die in dieser Saison gezeigten Leistungen nehmen die Verantwortlichen des FSV Mainz 05 gerne entgegen. Sportvorstand Rouven Schröder betont allerdings, davon lasse man sich nicht blenden - gut auzusehen garantiere noch keinen Klassenverbleib.
Innenverteidiger Moussa Niakhaté ist einer der 05-Zugänge vom Sommer, die sich auf Anhieb zur Stammkraft entwickelt haben.
Innenverteidiger Moussa Niakhaté ist einer der 05-Zugänge vom Sommer, die sich auf Anhieb zur Stammkraft entwickelt haben. | Peter H. Eisenhuth

Estepona. Mit der Außenwahrnehmung ihres Vereins im vergangenen halben Jahr können die Verantwortlichen des FSV Mainz 05 gut leben. Auch die Frage eines in Ehren ergrauten Journalisten während des am Sonntag zu Ende gegangenen Trainingslagers in Estepona, ob die Mannschaft sich perspektivisch in Richtung Europa-League-Plätze orientiere, fasste Rouven Schröder als Kompliment auf. „Wir kommen ja aus einer ganz anderen Fragerunde“, erinnerte der Sportvorstand an die Situation vor einem Jahr, als sich das Team in einer eher prekären Lage befand und die Rückrundenvorbereitung ausschließlich dem Kampf um den Klassenverbleib diente.

Schröder betonte jedoch im gleichen Atemzug: „Wir dürfen uns nicht blenden lassen.“ Sprich: „Wenn uns einer sagt, dass wir schönen Fußball gespielt haben, nehmen wir am besten noch einen oder drei Punkte mit. Das ist sonst, als würde man jemandem sagen, er sei ein ganz toller Junge, sehe super aus, aber er hat keine Freundin.“

Antennen sind ausgefahren

Deswegen seien in Mainz auch die Antennen ausgefahren. „Bei aller Zufriedenheit über den guten Verlauf der Hinrunde und bei aller positiven Stimmung wissen wir, dass wir mit 21 Punkten noch nicht die Klasse gehalten haben“, betonte Schröder. „Wir sollten genau da weitermachen, wo wir aufgehört haben.“ Der Fokus liege auf dem ersten Rückrundenspiel am kommenden Samstag in Stuttgart, wohin das Team mit dem Bewusstsein fahre, weitere positive Schlagzeilen zu schreiben. „Wir haben das Gefühl, dass die Mannschaft das verinnerlicht hat.“

Kurzfristige Herausforderung sei, den Klassenverbleib zu sichern. „Dafür brauchen wir Punkte, alles andere gehen wir Schritt für Schritt“, sagte der Manager. Seine Zuversicht, dass die Rückrunde so gut oder noch besser verlaufen wird als die erste Halbserie, bezieht er auch aus den in Andalusien gewonnenen Eindrücken.

„Wir haben aktuell eine sehr gute Mischung zwischen einer gewissen Lockerheit innerhalb des Teams und der Konzentration, dem Ehrgeiz auf dem Platz.“ Trotz des Konkurrenzkampfes verstünden die Spieler sich untereinander gut, träten als geschlossene Gruppe auf. „Das braucht man auch, wenn man die ganze Woche Stunde um Stunde aufeinanderhängt.“

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Wintertransfers sind nicht erforderlich

Dass die 05er während der Winterpause nicht den Transfermerkt sondieren, um den Kader zu verstärken, ist unüblich und hat zwei Ursachen. Zum einen beklagt Sandro Schwarz derzeit abgesehen von den Langzeitverletzten René Adler und Emil Berggreen, die in den Personalplanungen ohnehin keine Rolle mehr spielen, keine Ausfälle. Zum anderen verzeichnen die Mainzer die nahezu sensationelle Quote, dass fünf von sieben externen Neuzugängen aus dem Sommer voll eingeschlagen haben und auf Anhieb Stammspieler geworden sind: Moussa Niakhaté, Aarón, Kunde Malong, Jean-Paul Boëtius und Jean-Philippe Mateta.

Phillipp Mwene wäre zudem auch ein Kandidat für häufigere Einsätze geworden, hätte er sich im Lauf der Hinrunde keine Verletzung zugezogen. Und dass Issah Abass als später Transfer eine Weile brauchen würde, um eine Rolle zu spielen, hatten die Verantwortlichen ohnehin einkalkuliert. Der junge Ghanaer kann sich in der Rückrunde weiter nach vorne arbeiten; die Überlegungen, ihn bis Sommer zu verleihen, dürften sich erledigt haben.

Passende Charaktere gefunden

Rouven Schröder räumt ein, dass ein wenig Glück im Spiel war, was die Rolle der neuen Kicker angeht. „Ich kann nicht sagen, dass wir uns in diesem Sommer mehr Gedanken gemacht hätten als im Sommer davor“, sagt er. „Wir haben bestimmte Profile festgelegt und die Dinge nach bestem Gewissen entschieden.“ Zwei Dinge waren anders: „Wir haben deutlich mehr Geld in die Hand genommen als vor einem Jahr und verstärkt auf junge Spieler gesetzt. In den Gesprächen haben wir Charaktere gefunden, die zu uns passen ja, die es total verinnerlicht haben, mit uns diesen Schritt zu gehen.“

Damit sich neue Spieler, ausländische ohne Kenntnisse der deutschen Sprache zumal, so rasch integrieren, müssten sie mit ihrem Trainer schnell auf einer Wellenlänge sein – und die Integration in die Mannschaft müsse erfolgen. „Aber Qualität wird gerne aufgenommen“, sagt Schröder. „Diejenigen, die schon da waren, haben es wohlwollend betrachtet, dass unter den Neuzugängen Spieler sind, die uns mehr Punkte garantieren.“

Die aktuelle Entwicklung sei nicht nur mit Blick auf diese Saison wichtig, sondern auch für künftige Planungen, für Gespräche mit Spielerberatern. „Es ist gut, dass diejenigen, die diese Transfers begleitet haben, sehen, dass ihre Jungs bei uns gut aufgehoben sind.“

 

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