Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 09.01.2019

„Ich lebe meinen Traum“

AUS DEM TRAININGSLAGER (IV): Ridle Baku im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de über sein Dasein als Jungprofi, seine erste größere Verletzung und Geduld.
Ist wieder bereit für den Kampf um die Stammplätze: Ridle Baku.
Ist wieder bereit für den Kampf um die Stammplätze: Ridle Baku. | Peter H. Eisenhuth

Estepona. Den drittletzten Spieltag der vorigen Bundesligasaison wird Ridle Baku wohl nie vergessen: Mit der U23 des FSV Mainz 05 nach Freiburg unterwegs, musste er unterwegs den Bus verlassen, um sich von Teammanager Darius Salbert abholen und in die Arena am Europakreisel bringen zu lassen. Dort durfte er gegen RB Leipzig in seinem ersten Erstligaspiel von Beginn an ran, wirkte 20 Minuten lang völlig überfordert, biss sich danach aber in die Partie, krönte seine Leistung in der zweiten Halbzeit mit dem Treffer zum 3:0 – und war fortan Stammspieler.

Bis er am achten Spieltag dieser Runde beim 0:4 in Mönchengladbach eine Viertelstunde vor Schluss ausgewechselt werden musste. Die Diagnose: Riss des Syndesmosebandes im linken Fuß. Die Prognose: Baku fällt voraussichtlich bis Jahresende aus.

Doch der Heilungsprozess verlief sehr gut, in den beiden letzten Hinrundenspielen gegen Eintracht Frankfurt und bei der TSG Hoffenheim wurde der 20-Jährige jeweils eingewechselt. Jetzt kämpft das Mainzer Eigengewächs, das seit seinem neunten Lebensjahr am Bruchweg kickt, im Trainingslager im andalusischen Estepona darum, seinen Stammplatz zurückzuerobern.

 

Herr Baku, der Syndesmosebandriss war die erste größere Verletzung in Ihrer Karriere, oder?

Ja, vorher hatte ich mit so etwas noch keine Probleme.

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Was für ein Typ sind Sie in einer solchen Situation? Einer, der die Geduld aufbringt, bis alles wieder heil ist, oder einer, der unruhig mit den Hufen scharrt?

Es war schon schwierig. Man hat mir zwar gesagt, ich dürfe keinen Fußball spielen, aber ich habe trotzdem ein bisschen was mit dem Ball gemacht…

Was? Wo?

Na, zu Hause, ein bisschen. Es ist halt schon komisch, wenn man plötzlich keinen Fußball mehr spielen darf. Das kannte ich vorher noch nicht. Das war eine ungewohnte Situation, aber ich glaube, ich bin damit ganz gut umgegangen.

Sie waren in der Schlussphase der vorigen Saison der Shootingstar, standen wie selbstverständlich auch in dieser Saison als Stammspieler auf dem Platz, und dann kam der Break. Welche Gedanken gingen Ihnen durch den Kopf, als Sie erfuhren, dass sie knapp zwei Monate pausieren müssen.

Die Verletzung kam zum unpassenden Zeitpunkt, bis dahin hatte ich ja immer gespielt. Jetzt muss ich mich wieder in die Mannschaft reinbeißen. Ich will natürlich wieder spielen, jeder Spieler will das. Das ist eine neue Herausforderung, die versuche ich zu meistern.

Vorige Saison waren sie sozusagen ein Kaltstarter, sind von 0 auf 100 in die Mannschaft gekommen – die Geschichte mit dem Bus ist ja oft genug erzählt worden.

(lacht) Stimmt.

Damals sind sie vermutlich sehr unbekümmert an die Sache herangegangen. War das in dieser Saison auch noch so?

Ja, schon, ich bin relativ unbekümmert in die Saison gegangen, ich habe mir nicht viele Gedanken darüber gemacht, wie es laufen würde. Es lief dann ja auch gut, solange ich fit war, habe ich gespielt. Deswegen war ich auch zufrieden, und daran will ich wieder anknüpfen.

Der Konkurrenzdruck...

…ist vorhanden. Gesunder Konkurrenzkampf.

Die fußballerische Qualität der Mannschaft ist höher als vorige Saison. Das macht es vielleicht nicht gerade einfacher, wieder ins Team zu rücken.

Wenn man auf die Tabelle schaut zu, sieht man, dass wir besser dastehen als voriges Jahr. Das müssen wir jetzt einfach bestätigen, und dann, glaube ich, haben wir eine gute Saison gespielt.

Was hat sich innerhalb der Mannschaft gegenüber der vorigen Runde verändert?

Wir haben viele neue Spieler bekommen, viele junge Spieler, das ist anders als in der vorigen Saison. Aber der Kern ist geblieben, und diejenigen, die schon in den vorigen Jahren schon da waren, wissen, wie es ist, im Abstiegskampf zu sein. Ich habe das auch ein bisschen miterlebt, es ist kein schönes Gefühl, und deshalb sollten wir uns in dieser Saison ein bisschen straffen, damit das nicht noch mal passiert.

Aber ihr spielt auch einen anderen Fußball als vorige Saison.

Ja, vielleicht ein bisschen unbekümmerter, weil wir ja junge Leute haben, die neu in der Bundesliga sind.

Wie sehen Sie Ihre eigene Rolle im Kader, als noch immer eine der Jüngsten, aber auch als derjenige, der neben Robin Zentner am tiefsten im Verein verwurzelt ist.

Das ist eine schöne Situation. Ich kenne den gesamten Verein, den Trainer kenne ich auch schon aus der Jugend, das Training kenne ich. Es macht mir einfach Spaß, hier zu spielen.

Sie waren Jugendfußballer bei Mainz 05, sie waren Balljunge, sie haben als Fan im Block gestanden...

…genau...

...hatten Sie Idole in dieser Mannschaft?

Nicht direkt, die Mannschaft hat sich ja größtenteils verändert. Aber ich habe wahrgenommen, wie Mainz 05 sich entwickelt hat, den zweiten Aufstieg aus der Zweiten Liga habe ich miterlebt. Es ist gut für den Verein, dass wir uns in der Ersten Liga etabliert haben, und ich bin froh, dass ich ein Teil davon bin.

Wie tief ist Ihre Verwurzelung im Verein? Oder welche Träume haben Sie als 20-Jähriger Profi?

Ich möchte mich erst mal entwickeln, wie jeder andere Spieler auch. Ich möchte meine Spiele machen, Erfahrungen sammeln. Über alles andere mache ich mir noch keine großen Gedanken. In der Beziehung bin ich völlig tiefenentspannt und mache mir überhaupt keinen Druck. Im Fußball kann man nie sagen, was passieren wird, deshalb lasse ich alles auf mich zukommen. Irgendein Versprechen zu geben, wäre falsch, aber ich fühle mich in Mainz wohl. Es passt alles.

Wann war denn für Sie der Gedanke erstmals wirklich präsent, irgendwann einem Bell oder Bungert nicht mehr nur zuzuschauen, sondern mit ihnen auf dem Platz zu stehen?

Das war eigentlich immer mein großes Ziel. Meine Lehrer haben mir deswegen auch stets gesagt, ich solle einen vernünftigen Beruf erlernen, und nicht immer sagen, ich wolle Fußballer werden. Aber es war immer mein Traum, und jetzt lebe ich diesen Traum. Deshalb bin ich vollstens zufrieden. (grinst)

Ernsthafte Überlegungen, neben dem Fußball noch etwas anderes zu machen, eine Ausbildung zu absolvieren, hatten Sie nie?

Nein, das war gar kein Thema. Ich habe alles auf den Fußball gesetzt.

Haben Sie sich mit dem einen oder anderen Lehrer in den vergangenen Monaten noch mal über Ihre Berufswahl unterhalten?

(lacht) Ja, klar, die kommen auch zu Spielen. Und sie haben sich für mich gefreut. Sie hätten meine Entwicklung so nicht erwartet.

Im Sommer hatten wir darüber geredet, was sich für Sie nach den ersten drei Profispielen verändert hatte. Jetzt blicken Sie auf eine halbe Saison zurück. Hat sich mittlerweile etwas in Ihrem Leben geändert, in den Abläufen, im Freundeskreis?

Ja, vor allem medial. Nach einem Spiel bekommt man direkt Kritik – nicht nur vom Trainer oder den Mitspielern, sondern es geben auch Leute von außerhalb ihren Senf dazu...

...Journalisten...

(lacht) ...ja, auch. Das war am Anfang schon ein bisschen ungewohnt. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran, dass auch jeder mitkriegt, wann man zum Beispiel etwas postet, was man postet, dass nichts mehr privat bleibt. Man muss lernen, damit umzugehen. Dazu gehört auch, dass man abends nicht ausgehen kann, wenn man am nächsten Morgen Training hat. Und man muss damit leben, dass viel über die eigene Person gesprochen wird.

Was das Posten angeht, gibt es gerade ein ganz prominentes Beispiel, den Kollegen Ribéry…

...ich wusste es (lacht). So etwas passiert, sollte aber nicht ihm passieren. Was er geschrieben hat, war nicht sehr passend. Ich sag‘ mal, es war ein Ausrutscher, der nicht wieder vorkommen darf. Ich selbst bin aber generell der Typ, der sich aus den ganzen sozialen Medien eher heraushält.

Das Gespräch führte Peter H. Eisenhuth.

 

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