Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 11.01.2019

Kontinuierlich nach vorne gespielt

AUS DEM TRAININGSLAGER (VI): Welchen Sinn hätte es für den FSV Mainz 05, Issah Abass bis Saisonende zu verleihen? Bei den Vereinsverantwortlichen hat ein Umdenken eingesetzt.
Könnte in der Rückrunde noch für einen Überraschungseffekt sorgen: Issah Abass (r.), hier im Testspiel gegen Standard Lüttich.
Könnte in der Rückrunde noch für einen Überraschungseffekt sorgen: Issah Abass (r.), hier im Testspiel gegen Standard Lüttich. | Peter H. Eisenhuth

Estepona. Noch vor wenigen Wochen galt Issah Abass beim FSV Mainz 05 als sicherer Kandidat für eine Ausleihe. Zu nur einem Kurzeinsatz war der Ghanaer in der Bundesliga-Hinrunde gekommen, in der U23 darf er aufgrund seiner Nationalität nicht eingesetzt werden. Da lag der Gedanke nahe, ihn nach der Winterpause bis zum Sommer bei einem anderen Klub Spielpraxis sammeln zu lassen.

Inzwischen hat sich die Meinung der 05-Verantwortlichen gewandelt. „Wenn man nur trainiert, ist es schon problematisch, er braucht auch gewisse Spielminuten“, sagt Rouven Schröder zwar noch immer. Zwei Aspekte aber haben den Sportvorstand und Trainer Sandro Schwarz dazu bewogen, die Sache noch einmal zu überdenken. Zum einen die Entwicklung des 19-Jährigen, bei dem man nicht vergessen dürfe, dass er erst spät zum Kader stieß, merkt Schwarz an.

Ende August hatten die Mainzer den in Slowenien kickenden Abass als letzten Neuzugang verpflichtet, in Andalusien bestreitet er seine erste Vorbereitung mit dem Team – und hinterlässt dabei einen ausgesprochen positivem Eindruck. Dribbelstark, gut in der Ballbehauptung, selbstbewusst in seinen Aktionen bis hin zum Abschluss, so präsentiert sich der Stürmer derzeit.

Starker Auftritt auch im Testspiel

„Issah hat sich kontinuierlich nach vorne gespielt und die Dinge noch besser umgesetzt“, bescheinigt Schröder ihm. „Man sieht in den Trainingseinheiten, auf welchem Stand er ist. Er ist unheimlich ehrgeizig, saugt alles auf, er wird auch von seinen Mitspielern gesucht, ist integriert. Und was ich besonders schön finde: Das ist nicht nur im Training der Fall, sondern er hat es auch im Test gegen Standard Lüttich auf den Platz gebracht.“

Bei der 2:3-Niederlage gehörte der Ghanaer der ersten Elf an, die mit einer 2:0-Führung in die Pause ging. Und bei beiden Treffern war er der Ausgangspunkt: Den ersten hatte er mit einem (wenn auch zu kurz geratenen) Pass in die Tiefe auf Jean-Philippe Mateta eingeleitet, Ridle Baku eroberte den abgewehrten Ball zurück, und über Mateta kam Jean-Paul Boëtius zum erfolgreichen Abschluss. Den zweiten leitete er mit einem Dribbling über die linke Seite samt Flachschuss ein, Torwart Guillermo Ochoa parierte, doch am langen Pfosten nahm Boëtius die Kugel an und legte für Mateta auf. Zwischendrin schloss Abass einen klasse Konter mit einem Treffer ab, der wegen knapper Abseitsstellung nicht zählte.

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Im Duell mit Ujah die Nase vorne

Zum zweiten müssen sich die Mainzer die Frage stellen, bei welchem Klub Abass sich in den kommenden viereinhalb Monaten tatsächlich weiterentwickeln würde. „Finden wir einen Verein, der ähnliche Inhalte hat wie wir?“, formuliert Schröder eine wesentliche Voraussetzung für eine Trennung auf Zeit. Falls nicht, würde eine Leihe die Situation des Spielers eher schwieriger machen – und was brächte es ihm, wenn er plötzlich unter einem anderen Trainer neue Vorgaben befolgen, seine Spielweise ändern müsste, nachdem er sich gerade an Schwarz‘ Inhalte gewöhnt hat?

„Wenn man sieht, wie er jetzt gegen den Ball verteidigt, wie er die Laufwege anzeigt, auch defensiv mitarbeitet, dann kann es sehr gut sein, dass wir ihn bei uns behalten, um diese Entwicklung fortzusetzen“, zeigt sich Schröder mit Abass‘ Fortschritten sehr zufrieden. Im taktischen Defensivverhalten ist zwar noch deutlich Luft nach oben, das gilt aber auch für Anthony Ujah, den direkten Konkurrenten im Kampf um die Ersatzstürmerrolle. Unterm Strich lässt sich feststellen, dass Abass in diesem Duell die Nase vorne hat.

Noch in der Abwägungsphase

Noch sei keine Entscheidung gefallen, noch befänden Schwarz und er sich in der Abwägungsphase, sagt Schröder. Wobei sich momentan unter den Interessenten für ein Leihgeschäft kein Verein befinde, von dem die Mainzer überzeugt seien, dass er Abass adäquat begleiten werde. „Wenn er weiter so auftrumpft wie derzeit, kann ich mir sehr gut vorstellen, ihn zu behalten, weil er uns einen Mehrwert bringen kann. Und einen Überraschungseffekt.“

Eine Einsatzgarantie gebe es zwar nicht, wenn’s schlechtläuft, könnte sich der Neuzugang auch in der Rückrunde in der Zuschauerrolle befinden. Doch Issah Abass sei noch jung, lernwillig und -fähig und zudem klar im Kopf und charakterlich ein Vorbild. „Er hat nicht einmal gemuckt, weil er nicht im Kader war oder nicht gespielt hat. Er ist immer positiv. Und die anderen Jungs merken, dass er nicht nachlässt, sich nicht hängenlässt.“

 

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