Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 10.01.2023

Die Talente machen Spaß

SCHÖNEN GRUSS AUS ANDALUS (9) | Der FSV Mainz 05 gewinnt sein einziges Testspiel während des Trainingslagers in Marbella mit 5:1 (2:0) gegen den FC Luzern. Eine halbe Stunde lang hat die Mannschaft allerdings viel Mühe. Nach der Pause, als sieben junge Leute auf dem Feld stehen, läuft es rund. Maxim Leitsch ist erstmals seit dreieinhalb Monaten dabei.
Ben Bobzien (unten) holte den Elfmeter heraus, den er selbst zum 3:0 verwandelte.
Ben Bobzien (unten) holte den Elfmeter heraus, den er selbst zum 3:0 verwandelte. | Frank Heinen / rscp-photo

Aus Marbella berichtet Peter H. Eisenhuth.

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Marbella. Wenn es ganz schlecht läuft, hat die Stürmerfrage beim FSV Mainz 05 am Dienstagnachmittag eine neue Dynamik erhalten. In der 15. Minute des Testspiels gegen den FC Luzern nämlich bekam Delano Burgzorg in der eigenen Hälfte im Zweikampf einen Tritt gegen das Sprunggelenk – und nach vierminütiger Behandlungspause war klar, dass es nicht weiterging.

„Wir müssen abwarten, aber ich hoffe, dass es nichts Schlimmes ist“, sagte Bo Svensson, dem andernfalls fürs erste Pflichtspiel des Jahres am übernächsten Samstag in Stuttgart nach dem jetzigen Stand nur noch zwei erfahrene etatmäßige Angreifer zur Verfügung stünden; Karim Onisiwo und Marcus Ingvartsen. Hinzu kommen Talente, wie Ben Bobzien, der freilich am Dienstag wie alle jungen Akteure im Marbella-Kader einen glänzenden Eindruck hinterließ.

Beim 5:1 im auf 2x60 Minuten angesetzten Test gegen den Tabellensechsten der Schweizer Super League betätigte sich der 19-Jährige sowohl als Torschütze wie auch als Vorbereiter. Zum 2:0 verschaffte er sich als dritte Station einer diagonalen Ballstafette von Danny da Costa über Dominik Kohr mit einer klasse Bewegung Platz, hätte selbst aus zentraler Position schießen können, legte aber nach links für Aarón auf, der flach ins lange Eck abschloss (42.).

Svensson: „Das ist ein Luxus“

Das 3:0 im zweiten Durchgang besorgte er selbst: Sehr cool verwandelte er flach einen Foulelfmeter, den er selbst gegen Luca Jaquez herausgeholt hatte (71.). Bobziens Leistung und die aller U-23- und U-19-Akteure gehörten zu den besonders bemerkenswerten Aspekten dieser Begegnung. „Die jungen Spieler haben das nach der Pause super gemacht“, lobte Svensson, der gleich sechs von ihnen nach dem Seitenwechsel hatte beginnen lassen – Lucas Laux, Lasse Wilhelm, und David Mamutovic bildeten mit Silvan Widmer die ungewohnte Viererkette, Timothe Rupil war Teil der Doppelsechs, Bobzien und Brajan Gruda stürmten; später gesellte sich Lovis Bierschenk dazu.

„Die gehen auf den Platz und spielen einfach so, das ist ein Luxus“, schwärmte der Trainer. „Und es ist kein Zufall. Es zeigt, dass es in unserer U19 und U23 ganz gut läuft.“

Die zweite Halbzeit war denn auch die deutlich bessere des Bundesligisten, was zum einen daran lag, dass die Luzerner Elf des ersten Durchgangs stärker war als die spätere; insbesondere von der Intensität her trat sie ganz anders auf. Zum anderen präsentierte sich der mit einigen Profis verstärkte 05-Nachwuchs aber zweikampfstark, druckvoll und zielstrebig. „Wir haben die Räume gut genutzt und schöne Tore geschossen“, sagte Svensson.

Fulgini zeigt sich spielfreudig

Zum 4:0 flankte Onisiwo von rechts, und Jae-sung Lee verwertete die Hereingabe perfekt per Kopf in die lange Ecke (77.). Beim 5:0 fehlten Zentimeter, und Rupil hätte sich mit einem 18-Meter-Freistoß als Torschütze hervorgetan – den Abpraller vom linken Pfosten holte sich Onisiwo und schloss unter die Latte ab (81.). Die nach der Pause kaum einmal vors Tor kommenden Schweizer trafen in der 103. Minute durch Samuele Campo zum ersten und letzten Mal. Ausgesprochen spielfreudig präsentierte sich inmitten der Talente Angelo Fulgini mit einer ganzen Reihe vertikaler Pässe und zwei gefährlichen Abschlüssen.

Mit einem solchen Ergebnis und einer solchen zweiten Halbzeit kann man ein Trainingslager beenden (am Mittwochnachmittag fliegen die 05er von Malaga nach Frankfurt), dem mochte Svensson nicht widersprechen. Allerdings war da ja auch noch die erste halbe Stunde, in der seine Leute sich ausgesprochen schwertaten. „Inhaltlich hatten wir da richtige Probleme in allen Bereichen“, hielt er fest. Nur selten kamen die Mainzer zu Balleroberungen, und falls doch, fehlte ihnen im Umschaltspiel das Tempo, die Pässe gerieten oft unsauber.

Zwar erzielte Leandro Barreiro nach einer Ecke von Aarón bereits in der zweiten Minute das 1:0, indem er den am ersten Pfosten verlängerten Ball am zweiten Pfosten über die Linie drückte. Sehenswert war schon die vorangegangene Aktion, die in den Standard mündete: Robin Zentner nahm sich viel Zeit, bis er einen Ball aus seinem Strafraum in die Spitze schlug, Burgzorg holte sich die Kugel mit einem unwiderstehlichen diagonalen Sprint, zog von rechts nach innen, dann klärte ein Schweizer (vorübergehend).

Schwächen überraschen nicht

Danach aber dominierten für längere Zeit die Luzerner. Sie verzeichneten mehr Aktionen im und am gegnerischen Sechzehner, unter anderem begünstigt durch einige Patzer der Mainzer Hintermannschaft, wie Anthony Cacis Querpass vor dem eigenen Tor. Alexander Hack bereinigte die Situation, bevor es zum Abschluss kam. Zentner wurde einmal richtig gefordert; bei einem Schuss von Martin Frydek aus kurzer Distanz machte er sich breit und verhinderte den Ausgleich (7.).

„Wir haben die Räume hinter der Kette unnötig hergegeben“, monierte Svensson, „und der Gegner hat es geschafft dahinter zu kommen. Daran müssen wir arbeiten.“ Der Trainer schilderte die Schwächen unaufgeregt, weil nicht überrascht. „Wir wissen, dass wir noch Luft nach oben haben. Wir haben zwar viel gearbeitet, aber auch noch viel Arbeit vor uns.“

Grund zur Freude war Maxim Leitschs Comeback nach dreieinhalbmonatiger Auszeit. In der Schlussviertelstunde wirkte der Innenverteidiger mit, „und ich ärgere mich, dass er nicht 30 Minuten gespielt hat“, sagte Svensson. „Aber es ist schön, dass Leitschi wieder auf dem Platz ist, jeder weiß, dass er viel mitbringt. Ich habe großes Vertrauen in ihn, und es geht im gut. Aber heute hätte er länger spielen“, wiederholte der Däne und fügte grinsend an: „Der Fehler liegt beim Trainer.“

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