Oberliga | Peter H. Eisenhuth | 17.06.2025

Meister wider Willen?

Der Aufstieg in die Regionalliga ist für die Tennisspieler des TSV Schott Mainz kein Thema. Nach den beiden glatten Siegen in Homburg und gegen den TC Gensingen muss sich der neue Oberliga-Tabellenführer allerdings anstrengen, seine Spitzenposition am übernächsten Wochenende wieder abzugeben.
Adan Freire da Silva hatte in allen vier Saisonspielen Anlaufprobleme, ging aber stets als Sieger vom Platz.
Adan Freire da Silva hatte in allen vier Saisonspielen Anlaufprobleme, ging aber stets als Sieger vom Platz. | Bernd Eßling

Mainz. Prophetischer Gaben bedurfte es nicht, um zu ahnen, dass der TSV Schott Mainz am dritten Wochenende der Tennis-Oberliga die Tabellenführung übernehmen würde. Die Gewissheit rührte daher, dass die beiden Gegner keinen Doppelspieltag zu absolvieren hatten, sondern nur einmal im Einsatz waren und schon deshalb davon absahen, in ihre ausländischen Akteure zu investieren.

„Das rentiert sich eigentlich nur, wenn sie für zwei direkt aufeinanderfolgende Begegnungen anreisen“, bestätigte Jelle Ackermann, der mit dem TC Gensingen in Mainz mit 2:7 unterlag. Tags zuvor hatten sich die Schottler beim TC Blau-Weiß Homburg mit 8:1 durchgesetzt; in beiden Fällen war die Entscheidung nach den Einzeln gefallen, die Doppel wurden nicht mehr ausgetragen.

Mit dem dritten und vierten Saisonsieg gegen die bis dahin ungeschlagenen Kontrahenten setzten sich die Mainzer an die Spitze – und diese Position wieder loszuwerden, klappt nur, falls der BASF TC Ludwigshafen 2 (als einziger Klub) den Aufstieg in die Regionalliga anstrebt, am übernächsten Wochenende entsprechend stark aufstellt und zweimal deutlich gewinnt. Obendrein müsste der TSV vermutlich bei der SG WMA Nordsaar Federn lassen, was schwer vorstellbar ist.

Anzeige

Beim Altmeister steht Daum im Wort

„Nach meiner Rechnung müssen drei Mannschaft absteigen, und dann hat Nordsaar keine Chance mehr, die Klasse zu halten“, sagt Jörg Daum. „Deshalb ist davon auszugehen, dass der Verein sich das Geld für ausländische Spieler sparen wird“ – womit seine Leute in der Favoritenrolle wären. Zwar strebt auch der Trainer und Sportliche Leiter eine etatschonende Besetzung an und kann womöglich den eigentlich eingeplanten Cyrill Vandermeersch überreden, auf einen Einsatz zu verzichten.

Adrian Sikora aber, bisher nur beim Saisonauftakt dabei, wird er nicht absagen. Beim ältestgedienten Akteur steht Daum bezüglich eines Einsatzes zum Abschluss im Wort, und das gedenkt er zu halten. „Das sind wir ihm schuldig“, sagt Daum. „Adrian hat es in den vergangenen Jahren immer hinbekommen, auch außerplanmäßig zu helfen, wenn es eng wurde. Daher werde ich ihn auf gar keinen Fall ausladen.“

Auch auf die Gefahr eines fünften Saisonsiegs hin, der die Mannschaft zum Meister machen würde. Zum Meister wider Willen. Ein Aufstieg nämlich ist an der Erzbergerstraße kein Thema. „So, wie es gerade ist, ist es gut“, sagt der Trainer und verweist beispielsweise auf die funktionierende Sozialstruktur innerhalb des Teams, die eine Liga höher nicht denkbar sei. Jedenfalls nicht, wenn man auch dort Spiele gewinnen wolle und entsprechend externe Akteure engagieren müsse.

Chancen wären ohnehin gering

Zudem erfordere eine Regionalligasaison nicht nur mehr Geld, sondern auch mehr Arbeit, die er selbst nicht leisten könne, ohne seine Familie zu vernachlässigen. Daher gilt: „Falls wir nicht um die Meisterschaft herumkommen, steht das Angebot an die Jungs, dass sie das Aufstiegsspiel bestreiten dürfen. Aber dafür gibt es keine Kohle.“

Um auf Nummer sicher zu gehen, würde Daum dann auch auf eine Formation zurückgreifen, die noch mal einen Tag Spaß haben, aber gegen den Vertreter aus Hessen oder Baden-Württemberg keinesfalls gewinnen könne – was, nebenbei bemerkt, schon in Bestbesetzung nahezu ausgeschlossen wäre.

Nur Matic liegt mit Prognose falsch

Dann kämen andere Kaliber auf den TSV zu als in Homburg, wo lediglich die beiden vorne platzierten Henrik Albrecht und der Ex-Schottler Moritz Pfaff ihren Kontrahenten etwas entgegenzusetzen hatte. Pfaff zwang Adan Freire da Silva immerhin in den Matchtiebreak. „Dahinter standen nur Spieler, die eigentlich nicht in der Klasse auftauchen.“

Im rheinhessischen Derby waren die Rollen ähnlich klar verteilt, Lukas Hamacher gab trotz ansprechender Leistung als einziger Mainzer sein Match ab. „Aber Franjo Matic ist an Position vier immer noch ein Brett“, bescheinigte Daum dem mehrmaligen Rheinhessenmeister, der wie auch Jelle Ackermann erst nachts um halb zwei mit den Herren 30 des TSC Mainz vom Bundesligaspiel in Großhesselohe zurückgekehrt war. Fünf Stunden Schlaf reichen? „Mein Körper sagt etwas anderes“, sagte Matic vor Spielbeginn. Es war die einzige Prognose, die an diesem Wochenende nicht eintraf.

Alle Artikel von Tennis