Kalenderblätter | Christian Karn | 28.08.2020

Von wegen Debakel

Das 05-Kalenderblatt* für den 28. August.
Am vorletzten Spieltag der Saison 2016/17 machten die 05er mit einem 4:2 gegen Eintracht Frankfurt den Klassenverbleib klar. Bojan bereitete das 3:2 vor.
Am vorletzten Spieltag der Saison 2016/17 machten die 05er mit einem 4:2 gegen Eintracht Frankfurt den Klassenverbleib klar. Bojan bereitete das 3:2 vor. | Eva Willwacher

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es um vier Tore eines Spielers binnen einer halben Stunde, einen legendären Viererpack in Niedersachsen und ein Jahrhunderttalent.

 

28. August

Genau 60 Jahre ist der große Auftritt eines ehemaligen B-Nationalstürmers beim SV Niederlahnstein her – Erich Bäumler traf viermal binnen einer halben Stunde. Der Angreifer bekam beim 4:1-Sieg sogar fünf Scorerpunkte, denn seinen zum 2:0 verwandelten Elfmeter in der achten Minute hatte er selbst herausgeholt. Und mit ein bisschen Kreativität kann man Bäumler auch als Vorbereiter des 4:0 in der 33. Minute benennen: Wieder Elfmeter – diesmal nach Foul an Manfred Nehren –, Bäumler schoss, der Torwart parierte, Bäumler traf im Nachschuss.

 

Exakt 50 Jahre später spielten die 05er beim VfL Wolfsburg. Bei den Niedersachsen drehte sich alles um die Bundesligarückkehr des Brasilianers Diego, der nach den Treffern von Edin Dzeko (23., 28.) bereits nach einer halben Stunde das 3:0 schoss. Ein Debakel für die 05er! Oder nicht?

Morten Rasmussens 1:3 in der 39. Minute nahm der VfL hin, Elkin Sotos Anschlusstor in der 48. Minute machte die Wolfsburger schon ein bisschen nervöser. In der 58. Minute schlug André Schürrle auf dem linken Flügel seinen damals noch nicht weltberühmten Haken und schoss den Ball ins lange Eck – 3:3.

Und Thomas Tuchel wollte noch mehr. Der 05-Trainer brachte kurz nach dem Ausgleich einen frischen Stürmer, Adam Szalai für Rasmussen. Und in der 75. Minute kam Niko Bungert für Lewis Holtby. Ergebnis halten? Stärkung der Defensive? Mitnichten! Bungert bildete mit Nikolce Noveski und Bo Svensson eine Dreierkette, beide Außenverteidiger rückten vor ins Mittelfeld. Ihr Auftrag: Das Momentum nutzen, das Spiel vollends kippen lassen.

Szalai erzielt den Siegtreffer

Rechtsverteidiger Radoslav Zabavnik schlug in der 85. Minute die entscheidende Flanke, Szalai nahm den Ball an. Manndecker Simon Kjaer fiel auf die Körpertäuschung des Ungarn herein, blockierte einen Schussweg, für den Szalai sich nicht interessierte, und machte diesem das Tor weit auf für den Siegtreffer.

Die 05er brachten das 4:3 über die Zeit. Es war das erste Mal seit 78 Jahren und sieben Tagen, dass sie auswärts nach einem 3-Tore-Rückstand gewonnen hatten und das erste Mal seit 1991, dass dies einem Bundesligisten gelungen war. Das größte Mainzer Comeback in der Bundesliga war der zweite und möglicherweise wertvollste von sieben Auftaktsiegen in der Saison 2010/11, in der die 05er an jedem einzelnen Spieltag auf einem Europapokalplatz standen.

 

Der womöglich prominenteste Mainzer Neuzugang in der langen Vereinsgeschichte wird heute 30 Jahre alt: Bojan Krkic Pérez kam eingangs der Rückrunde 2016/17 mit der Erfahrung von 131 Liga- und Champions-League-Spielen sowie zehn Titeln mit dem FC Barcelona als Leihspieler von Stoke City zu den 05ern. Trainer Martin Schmidt setzte Bojan erstaunlich zurückhaltend ein, was womöglich daran lag, dass er ihn für die ungewohnte Position direkt hinter dem Mittelstürmer vorgesehen hatte.

Wertvoll war der gelernte Flügelstürmer, wenn er auf die linke Seite ausweichen konnte. Mit einem Tor in der dritten Minute beim 2:2 in München und der Flanke zum 3:2 beim 4:2 gegen die Eintracht trug Bojan in seinen elf Einsätzen durchaus nicht unerheblich zum Nichtabstieg bei. Kurzzeitig sah es sogar so aus, als sei es möglich, ihn über den Sommer in Mainz zu behalten. Letztlich aber war der Leihspieler zu teuer.

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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