Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 19.07.17

Fünf Treffer bei der Hasenjagd

AUS DEM TRAININGSLAGER (IV): Der FSV Mainz 05 gewinnt sein Testspiel gegen den FC Tokyo mit 5:2 (0:0).
Als Außenstürmer tat sich Karim Onisiwo schwerer als nach der Pause in der Abwehrkette.
Als Außenstürmer tat sich Karim Onisiwo schwerer als nach der Pause in der Abwehrkette. | Peter H. Eisenhuth
Wo auch immer die 05er in der ersten Halbzeit den Ball hatten, war ein Gegenspieler nicht weit. Danny Latza erzielte nach einer Stunde das 2:1.
Wo auch immer die 05er in der ersten Halbzeit den Ball hatten, war ein Gegenspieler nicht weit. Danny Latza erzielte nach einer Stunde das 2:1. | Peter H. Eisenhuth
Yoshinori Muto (r.) spielte gegen seinen Ex-Klub engagiert, wirkte aber leicht übermotiviert.
Yoshinori Muto (r.) spielte gegen seinen Ex-Klub engagiert, wirkte aber leicht übermotiviert. | Peter H. Eisenhuth

Grassau. Beim Griff ins Videoregal hatten Sandro Schwarz und sein Trainerteam die falsche Kassette erwischt. „Da willst du dich seriös auf ein Testspiel vorbereiten, analysierst einen Gegner, der in einem tiefen 4-4-2 spielt“, sagte der Chefcoach des FSV Mainz 05. „Und dann kommen die im 3-5-2 und greifen extrem hoch an.“ Damit mussten seine Spieler am Mittwochabend in der Partie gegen den FC Tokyo, den Ex-Klub des leicht übermotiviert wirkenden Yoshinori Muto, erst mal zurechtkommen. In der zweiten Halbzeit gelang es ihnen, jetzt setzten sie auch ihr eigenes Offensivspiel durch und gewannen die erste von zwei Begegnungen während des Trainingslagers in Grassau mit 5:2 (0:0).

Es war harte Arbeit für den Bundesligisten, gegen die unermüdlich laufenden und schon am Mainzer Strafraum attackierenden Japaner vernünftige Spieleröffnungen zu kreieren. „Die sind ja gerannt wie die Hasen“, sagte Schwarz, „und wir hatten zunächst nicht die Sicherheit, diese Situationen gut gefährlich wurde nur ein von Danny Latza abgefälschter Distanzschuss kurz vor der Pause.

Latza war auch auf der anderen Seite der gefährlichste Mann. Zweimal zog er nach Ecken aus dem Hintergrund ab; viel mehr war es jedoch nicht, was die Mainzer während der ersten 45 Minuten vor dem Tor der Japaner veranstalteten. „Wir haben ordentlich gegen den Ball gespielt, waren aber vorne nicht mutig und zielstrebig genug“, hielt der Trainer fest.

Holtmann macht Fortschritte

Das galt in letzter Konsequenz auch für Gerrit Holtmann. Der bisherige Stürmer, den Schwarz gerade zum linken Verteidiger umschult, bot seine beste Leistung in den bisherigen Testspielen. Holtmann arbeitete defensiv in den Zweikämpfen gut und spielte mehrmals bei Vorstößen an der Außenbahn entlang sein Tempo aus. Starke Antritte, denen bei den Hereingaben nur mal die Präzision, mal das Glück fehlte, einen Mitspieler zu finden, der die Vorarbeit hätte verwerten können.

Auf der rechten Abwehrseite kam in der zweiten Halbzeit Karim Onisiwo zum Einsatz. Auch dies eine Rolle mit Perspektive? „Wir wollen nicht komplett durchdrehen“, sagte Schwarz, „aber auch er bringt die Voraussetzungen für einen offensiven Außenverteidiger mit, und er hat das sehr ordentlich gemacht.“ Genau betrachtet füllte der Österreicher die ungewohnte Position besser aus als zuvor seine angestammte Rolle auf der rechten Angriffsseite. Unter anderem mit einer energischen Balleroberung in der eigenen Hälfte, schnellem Umschalten und einem Pass nach halblinks, den Jairo in die Tiefe weiterleitete – Gerrit Holtmann übernahm und schloss zum 1:0 ab (51.). Die Hasenjagd war eröffnet.

Kodro trifft zweimal

Quasi im Gegenzug überlief Otaka Nagai, der Linksaußen der Japaner, Leon Balogun, passte flach vors Tor, und Kensuke Nagai rutschte den Ball ins Tor (53.). Ins Wanken gerieten die 05er dennoch nicht. Eine bananige Onisiwo-Flanke auf den zweiten Pfosten bekam der freistehende Jairo zwar irgendwie nicht im Tor unter, das aber erledigte der nachsetzende Latza, an diesem Tag Kapitän, weil Niko Bungert (Adduktorenzerrung) und Stefan Bell (Magenprobleme) fehlte (60.).

Daniel Brosinski verwandelte einen von Viktor Fischer herausgeholten Foulelfmeter (68.), und dann traf Kenan Kodro gleich zweimal. Zunächst drückte er am rechten Pfosten reaktionsschnell einen Ball mit der Stirn über die Linie (72.), und nachdem der FC Tokyo auf 4:2 verkürzt hatte – mit einem von Abdou Diallo verursachten Strafstoß –, zog der Neuzugang von links in den Strafraum und zog ab (90). „Und anders als bei seinem ersten Treffer war der Ball diesmal im Netz“, sagte Schwarz. „Das war für Kenan nochmal ein ganz anderes Gefühl, wie man seinem Jubel angesehen hat.“

Jairo fällt nur durch Kritik auf

Wenig Grund für Freudenausbrüche bietet nach wie vor Jairo. Am Mittwochabend hatte er eine gute Szene mit dem Assist zum Führungstreffer, ansonsten lief er in puncto Passsicherheit und Zweikampfverhalten ähnlich neben der Spur wie in den vorherigen Testspielen. Originell ist das insofern, als der Spanier gerade im Gespräch mit der Bild-„Zeitung“ und dem „kicker“ noch gegen Ex-Trainer Martin Schmidt nachgetreten hatte. Der Schweizer habe ihm in der vorigen Saison weder das Vertrauen geschenkt noch mit ihm geredet. „Wenn Schmidt Trainer geblieben, wäre ich definitiv gegangen.“

Dass Jairos Leistungen wenig Anlass geboten hatten, ihm mehr Spielzeit zu geben, sollte dabei jedoch nicht verschwiegen werden. Das wird Schmidts Nachfolger gegebenenfalls nicht anders handhaben. Wenn der Spanier nicht bald die Kurve bekommt und zur Form der vorvergangenen Saison zurückfindet, ist es gut möglich, dass von ihm demnächst zu hören sein wird, er habe den Verein wegen Sandro Schwarz verlassen.

 

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