Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 18.07.17

In der Ruhe liegt die Kraft

AUS DEM TRAININGSLAGER (II): Doppeleuropameister Levin Öztunali will auch unter Sandro Schwarz wichtig für die 05er sein.
Kennt sich in Grassau aus, wie kein zweiter 05er: Levin Öztunali...
Kennt sich in Grassau aus, wie kein zweiter 05er: Levin Öztunali... | Peter H. Eisenhuth
...der sich seit Montag wieder im Kreis seiner Mainzer Mannschaftskollegen befindet.
...der sich seit Montag wieder im Kreis seiner Mainzer Mannschaftskollegen befindet. | Peter H. Eisenhuth

Grassau. Levin Öztunali erweckt nicht den Eindruck, am liebsten jeden Abend Party machen zu wollen. Insofern ist die Wahl des Ortes, die der FSV Mainz 05 für sein Trainingslager getroffen hat, genau richtig. „Hier hat man seine Ruhe“, sagt der 21-Jährige. Und das wusste er bereits, bevor er am Montag mit dem Mannschaftstross gen Grassau aufgebrochen war – schließlich hatte er sich unlängst schon einmal hier aufgehalten. Im selben Hotel gewohnt, auf denselben Plätzen trainiert, seine Ruhe gehabt: mit der deutschen U-21-Nationalelf, die sich hier auf die Europameisterschaft in Polen vorbereitete. Und das mit dem Erfolg, den Titel gewonnen zu haben.

„Doppeleuropameister“, ruft Daniel Brosinski im Vorbeigehen in die Journalistenrunde, mit der Öztunali am Dienstag nach dem Mittagessen auf einer der Hotelterrassen sitzt. Kurze Auffrischung: Der Mainzer gehörte auch 2014 zu jenem Kader, der für den Deutschen Fußball-Bund die U-19-EM gewann. Keine ganz unattraktive Vita, auch wenn Öztunali zuletzt in Tschechien gerne mehr als zwei Einsätze gehabt hätte.

Grundlagen in Grassau

„Natürlich hat jeder den Anspruch, zu spielen“, sagt er, „aber der Trainer muss entscheiden.“ Dass er selbst nach dem Kurzeinsatz gegen Dänemark auch in der Schlussphase des Finales gegen Spanien noch mal auf dem Platz stehen durfte, sei ein sehr gutes Gefühl gewesen. „Und grundsätzlich haben alle, die zum Kader gehörten, ihren Beitrag zum Titel geleistet.“

Nicht ganz einfach sei es für das Trainerteam um Stefan Kuntz gewesen, für alle Akteure das richtige Vorbereitungsprogramm zu finden. „Fast jeder war auf einem anderen Stand. Für die einen war nach dem letzten Bundesligaspieltag die Saison vorbei, andere kamen aus der Relegation oder aus einer Verletzung“, sagt Öztunali. „Aber hier in den sieben, acht Tagen unseres Trainingslagers haben wir das geschafft. Hier haben wir die Grundlage gelegt.“

Körperlich nicht viel verloren

Im Anschluss an die EM durfte Levin Öztunali seinen Urlaub nachholen, den er – unter anderem während der G-20-Chaostage (das Gegenteil von Ruhe) – bei Freunden und Familie in Hamburg verbrachte. Dass ihm gegenüber den meisten Kollegen beim FSV Mainz 05 zwei Wochen Saisonvorbereitung fehlen, empfindet er nicht als besonders tragisch.

Sicher, die Mitspieler hätten sich dadurch schon etwas mehr mit der neuen Spielidee befasst, die Cheftrainer Sandro Schwarz dem Team vermitteln wolle. Von der Fitness her sei er hingegen nicht allzu weit zurück. „Ich bin ja nach dem letzten Spieltag direkt zur U21, habe weitertrainiert und nach der EM nur zwei freie Wochen gehabt, in denen ich aber auch für mich gearbeitet habe“, erzählt er. „Von daher habe ich körperlich nicht viel verloren.“ Wichtig sei ihm gleichwohl, mit dem Trainingslager wieder eingestiegen zu sein, um diese besonders intensive Woche mitzunehmen und auch die neuen Kollegen kennenzulernen.

Konstanter und konsequenter werden

Inwieweit sich die künftige Spielweise der 05er auf seine Einsatzchancen auswirken wird, vermag Öztunali nicht zu sagen. Schwarz‘ Vorgänger Martin Schmidt hatte den gebürtigen Hamburger, der zuletzt in Leverkusen unter Vertrag stand, aber an Werder Bremen ausgeliehen war, im August vorigen Jahres für sein Umschaltspiel als „Granate auf der Außenbahn“ geholt. „Jetzt legen wir mehr Wert auf Ballbesitzfußball“, sagt der Angreifer. „Aber der Umschaltfußball wird weiter wichtig bleiben.“ Deshalb erhofft er sich auch weiterhin Einsatzzeiten, die deutlich über jene bei der U-21-EM hinausgehen. „Man hat ja vorige Saison gesehen, dass ich für die Mannschaft wichtig sein kann.“

Verbessern könne und müsse sich ein Kicker immer und in allen Bereichen, sagt der 21-Jährige. Für sich selbst sieht er den größten Nachholbedarf im Abschlussverhalten, in der Konsequenz, mit der er seine Aktionen vorträgt und in der Konstanz. Daran werde er arbeiten. Auch in der Ruhe von Grassau. In der liegt ja bekanntlich die Kraft.

 

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