Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 22.07.2021

Von toten Tiroler Tieren, einer Knappenkapelle und einem VIP, der inkognito unterwegs ist

AUS DEM TRAININGSLAGER (4): Splitter und Splatter.
Ob die sich kurz vor Weihnachten auch um Adler kümmern?
Ob die sich kurz vor Weihnachten auch um Adler kümmern? | Peter H. Eisenhuth
In Mainz weltbekannt, in Bad Häring inkognito unterwegs: Hermann Becker ohne große Brille.
In Mainz weltbekannt, in Bad Häring inkognito unterwegs: Hermann Becker ohne große Brille. | Peter H. Eisenhuth

Six feet under: Hochzufrieden mit dem Trainingsgelände, dem kleinen Stadion und dem Nebenplatz des FC Schwoich, zeigte sich Christian Heidel am ersten Tag des Trainingslagers. Die eher rustikal wirkende Gegengerade allerdings zog aufgrund der an der Bande und am Dach angebrachten 05-Banner seinen Spott auf sich. Nach „Augsburger Puppenkiste“ sehe das aus, sagte Heidel.

Am zweiten Tag waren die oberen Banner entfernt, zum Vorschein kamen mehrere Werbeschilder. Auch das der „Kleintierbestattung Tirol“. Slogan: „Wir sind da, wenn dein Freund geht.“

Das wirft Fragen auf:

  1. Sollte es tatsächlich noch während des Trainingslagers zu einem Transfer kommen?
  2. Spielen die 05er auf einem Friedhof der Kuscheltiere?
  3. Und würde sich die Tiroler Kleintierbestattung notfalls auch um nicht befreundete Adler kümmern? So um den 17. Spieltag herum?

 

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Gute Freunde kann niemand trennen: Am Freitagabend trifft der FSV Mainz 05 in Grödig bei Salzburg auf den FC Liverpool. Ob er sich denn auf das Wiedersehen mit Jürgen Klopp freue, wurde Christian Heidel gefragt. Der lachte kurz auf. Nicht, dass dem nicht so sei, aber: „Ich hatte ihn jetzt vier Wochen an der Backe.“ So lange urlaubte der einstige 05-Profi und -Trainer am zweiten Wohnsitz des Managers, auf Mallorca. Beide feierten während dieser Zeit ihren Geburtstag.

„Wenn wir Kloppo als Trainer und Freund wiedertreffen, ist das natürlich schön“, schob Heidel noch nach. Bevor jemand auf die Idee kommt, der Männerfreundschaft tiefe Risse anzudichten. „Es ist auch was Besonderes, gegen Liverpool zu spielen“, befand der Sportvorstand.

Das war bislang zweimal der Fall: 2016 bezwangen die Mainzer unter Trainer Martin Schmidt den Klub von der Anfield Road unter Klopp mit 4:0; es trafen Daniel Brosinski, Jhon Cordoba, Yunus Malli und Yoshinori Muto.

Zehn Jahre zuvor, Klopp war noch Trainer am Bruchweg, schossen die 05er die Engländer mit 5:0 ab. Am Saisonende aber machten sie sich auf den Weg in die Zweite Liga. Wenn man so will, was auch das etwas Besonderes, weil seit 2004 nur dieses eine Mal vorgekommen.

 

Glückauf: Das soll jetzt nicht mitleidheischend klingen. Aber Trainingslager sind für Journalisten, deren Textlängen über 30 Zeilen hinausreichen, in der Regel eine anstrengende Angelegenheit. Ein bis zwei Einheiten täglich anschauen, Einzelinterviews führen, in Presserunden möglichst schlaue Fragen stellen und das alles auch noch zu Papier bringen, wie man in vordigitalen Zeiten zu sagen pflegte. Da bleibt keine Zeit für Amüsement.

Umso schöner, wenn die gastgebende Gemeinde alles tut, um den Schwerstarbeitern ein paar unbeschwerte Stunden zu bereiten. Zum Beispiel während des Abendessens mit einem Platzkonzert (erst dem zweiten in dieser Saison) der Knappenmusikkapelle Bad Häring (Knappen, als hätten sie geahnt, dass sich ein ehemaliger Schalke-Manager im Ort aufhält). Gut 40 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne, zwei Nichtmusikerinnen, die mit kleinen Schnapsfässern durch die Reihen ziehen und fröhlich aus- und einschenken, der Rest des Dorfs an den Biertischen auf der Wiese vor dem Musikpavillon Franziskibad. Bad Häring dürfte an diesem Abend ein Eldorado für Einbrecher sein.

Kleines Manko: Im vielseitigen Repertoire der Bergmannskapelle fehlt ausgerechnet das Steigerlied. Zumindest während der ersten anderthalb Stunden. Stattdessen gibt’s zur erkalteten Bratwurst den Ernst-Mosch-Klassiker „Wir sind Kinder von der Eger“. Wie damals auf dem Weg in den Familienurlaub, wenn man Vaters Musikkassetten (die Älteren werden sich erinnern) am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte. Wobei es momentan wahrscheinlich als schwarzer Humor durchgeht, ausgerechnet einen Fluss zu besingen.

 

VIP, VIP, hurra: Sollte dem einen oder anderen das Essen im Mannschaftshotel „Das Sieben“ zu fad schmecken: Am Donnerstagmittag ist „Maggi“ eingetroffen. Magnus Schneider, seines Zeichens Vorsitzender der Lotto-Stiftung Rheinland-Pfalz, gehört einer rund 35-köpfigen Gruppe von Partnern, also Sponsorenvertretern, des FSV Mainz 05 an. Sie machen in Bad Häring keinen Urlaub, sondern werden in Workshops und Talkrunden sitzen, freilich auch ein „Meet and greet“ mit 05ern haben. Es steht zu vermuten, dass alle freiwillig angereist sind. Auch wenn Maggi Schneider sagt: „Von uns konnt‘ sonst keiner, also bin ich gefahren.“

Auf der Tribüne war am Vormittag auch ein bundesweit bekannter VIP aus der Heimat zu sehen: Hermann Becker, in Fernsehfastnachtssitzungen beinahe öfter im Bild als der Sitzungspräsident, der sich für seine Medienpräsenz immer wieder das Gerücht anhören muss, er stecke den Kameraleuten einen Fuffi zu, damit sie auch schön auf ihn draufhalten.

In Bad Häring ist er inkognito unterwegs. Oder er hat seine großen bunten Brillen zu Hause vergessen. Dafür kommt er bei SPORTAUSMAINZ.de aber zu optischen Ehren. Garantiert scheinfrei.

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