Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 05.11.2020

Die Chance, den einzigen Nachbarn zu überholen

Wird das ein vielzitiertes Not-gegen-Elend-Spiel? Oder wird der Druck den FSV Mainz 05 und den FC Schalke 04 am Samstagnachmittag beflügeln? 05-Trainer Jan-Moritz Lichte erwartet eine von beiden Seiten aggressiv geführte Partie, Sportvorstand Rouven Schröder empfiehlt seinen Profis, das Positive zu sehen.
Als der FSV Mainz 05 (l. Levin Öztunali) und der FC Schalke 04 (r. Alessandro Schöpf) zuletzt aufeinandertrafen, trugen die Mainzer zwar das Fastnachtstrikot, viel zu lachen aber hatten beide Mannschaften nichts. Inzwischen ist es noch weniger geworden.
Als der FSV Mainz 05 (l. Levin Öztunali) und der FC Schalke 04 (r. Alessandro Schöpf) zuletzt aufeinandertrafen, trugen die Mainzer zwar das Fastnachtstrikot, viel zu lachen aber hatten beide Mannschaften nichts. Inzwischen ist es noch weniger geworden. | Eva Willwacher

Mainz. Was soll das für ein Spiel werden, wenn am Samstagnachmittag der FSV Mainz 05 den FC Schalke 04 empfängt? Wenn in der Arena am Europakreisel die beiden schlechtesten Mannschaften der laufenden Bundesligasaison aufeinandertreffen – das punktlose Schlusslicht aus Rheinhessen und sein einziger Tabellennachbar, dessen Bilanz nach sechs Spieltagen mit zwei Unentschieden kaum üppiger ausfällt, und der schon in der Rückrunde der vorigen Spielzeit eine katastrophale Serie hingelegt hatte.

Jan-Moritz Lichte erwartet ein von beiden Seiten aggressiv geführtes Spiel. „Ich gehe davon aus, dass beide Mannschaften das Heft des Handelns in die Hand nehmen wollen, um dem Gegner deutlich zu zeigen, dass sie gewillt sind, über ihre Aggressivität das Spiel für sich zu entscheiden“, sagt der Mainzer Trainer. Über Druck müsse man in dieser Situation nicht reden, der sei selbstverständlich höher als in den zurückliegenden Heimspielen gegen Spitzenmannschaften der Liga wie Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach. Die Frage ist, ob dieser Druck seine Spieler und die der Gäste eher beflügeln oder lähmen wird

„Gegen einen Gegner, der sich in einer ähnlichen Situation befindet, hat man das Gefühl: Wenn nicht jetzt, wann dann?“, sagt Lichte. „Dennoch dürfen wir nicht verkrampfen, sondern müssen auch einen gewissen Grad an Freude entwickeln können.“ Nicht, dass die Mainzer 90 Minuten lang übers Feld laufen wie ein Höhner-Haufen.

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Das Feld verkleinern

Die Freude, die Lichte sich wünscht, stellt sich freilich nicht von selbst ein, dafür müssen seine Leute etwas tun. „Die holt man sich durch positive Situationen“, sagt er. „Wenn wir es schaffen, aus dem großen Feld ein kleineres zu machen, in dem wir miteinander Fußball spielen, im Gegenpressing Bälle gewinnen, schnell vors Tor kommen, dann macht das Freude.“ Bei der jüngsten 1:3-Niederlage in Augsburg war all dies wegen der eigenen Passivität in der ganz schwachen ersten Halbzeit nicht gelungen. „Da war der Raum zu groß, wir haben nicht direkt eine Anspielstation gefunden.“

Das sechste verlorene Spiel dieser Saison hat offenbar Spuren hinterlassen, positive allerdings, wie der Trainer befindet. Er habe seine Leute in der Trainingswoche so wahrgenommen, dass alle fest entschlossen seien, das Ruder herumzureißen.

„Alle sind angepiekst, es hat in den vergangenen Tagen auch mehr Konflikte gegeben als sonst“, berichtet Lichte. Keine Handgreiflichkeiten wohlgemerkt, sondern verbale Auseinandersetzungen. „Es gab Kommunikationsbedarf zwischen den Spielern in einer aggressiveren Art und Weise, als es üblich ist. Das gehört in einem gewissen Maße dazu, aber es geht jetzt darum, nicht nur jemanden anzumeckern oder angemeckert zu werden, sondern das Ganze auch auf dem Platz umzusetzen.“

Hektik muss nicht schlecht sein

Auch eine gewisse Hektik erwartet Lichte sowohl von den eigenen Akteuren als auch von den seit 22 Ligaspielen sieglosen Gelsenkirchenern. Den Schalker Pokalerfolg am Dienstagabend wolle er nicht wirklich in seiner Gegneranalyse einbeziehen. Der eigenen Mannschaft womöglich noch vor Augen zu führen, dass der bevorstehende Gegner nicht nur in den meisten Bundesligaspielen, sondern selbst beim 4:1 im DFB-Pokalspiel gegen den Regionalligisten 1.FC Schweinfurt lange Zeit überfordert wirkte, könnte die falschen Gedankengänge auslösen. Wobei Lichte darauf hinweist, dass sein Team ebenfalls gegen einen viertklassigen Klub einige Mühe gehabt hatte, auch wenn am Ende gegen den TSV Havelse ein 5:1 herausgesprungen war.

Besagte Hektik übrigens müsse nicht zwingend negativ sein, sagt der 05-Coach. „Wir haben schon gezeigt, dass es für unser Spiel gut ist, wenn wir in bestimmten Räumen Hektik verbreiten. Aber wir müssen auch in den entscheidenden Räumen Ruhe bewahren.“ Das gilt, grob gesagt, für die ersten und letzten 20 bis 25 Meter des Spielfelds. Vorne benötigen die Mainzer etwas mehr Kaltschnäuzigkeit im Abschluss, hinten müssen sie cool bleiben, um nicht wieder einen Gegner mit eigenen Fehlern zum  Toreschießen einzuladen.

Lichte steht nicht zur Disposition

Keine Sorgen muss sich Jan-Moritz Lichte übrigens um seinen Job machen. Seine Zukunft als Mainzer Cheftrainer hänge nicht vom Ausgang der Partie gegen den Tabellennachbarn ab, hatte 05-Sportvorstand Rouven Schröder in dieser Woche bereits dem „Kicker“ versichert. Auch wenn die Ergebnisse es noch nicht ausdrücken, mache der Beierlorzer-Nachfolger einen sehr guten Job, das sehe er in der täglichen Arbeit.

Den Spielern empfiehlt Schröder, vor dem Schalke-Spiel das Positive zu sehen: „Niemand sollte denken: ,Achtzehnter gegen Siebzehnter – was wird das für eine Spiel?‘ Sondern alle sollten es als Chance begreifen, uns ein gutes Gefühl und drei Punkte zu holen. Und als Chance, dass wir Schalke überholen können.“

 

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