Christian Karn | 18.05.2020

Als Voronin lachend stehenblieb

Das 05-Kalenderblatt* für den 18. Mai.
Tamas Bodog erzielte vor 17 Jahren zwei Tore gegen den VfB Lübeck, eines nach einen beeindruckenden Solo.
Tamas Bodog erzielte vor 17 Jahren zwei Tore gegen den VfB Lübeck, eines nach einen beeindruckenden Solo. | Bernd Eßling

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um Daumen drückende Frankfurter, einen indischen Meister und ein unvergessenes Solo 17 Jahre vor Kundes Treffer zum 2:2 in Köln.

 

18. Mai

Am Montag wird Dieter Ingendae 61 Jahre alt. Der Torwart, der als junger Profi drei Bundesligaspiele für Bayer Uerdingen absolviert hatte, sollte 1986 Nachfolger des Jugoslawen Slobodan Sujica werden, als dieser die 05er verlassen musste, weil sein Visum nicht verlängert worden war. Ingendae überzeugte die Mainzer Verantwortlichen aber nicht restlos, sodass diese sich 1987 erneut nach einem neuen Schlussmann umsahen und schließlich von Wormatia Worms den besten Keeper der Oberliga Südwest verpflichteten: Stephan Kuhnert.

 

47 Jahre alt wird Ermin Melunovic. Der jugoslawische Stürmer war bei Eintracht Trier eine Legende, als er zur Rückrunde 1999/2000 an den Bruchweg wechselte. Bereits beim Debüt schoss er sein erstes Tor – die 05-Fans hatten den sportlich starken, aber mental angreifbaren Offenbacher Schlussmann Goran Curko mal wieder derart verunsichert, dass er bei einem Rückpass ein kapitales Luftloch schlug und Melunovic den Ball nur noch ins leere Tor schubsen musste.

Weil aber im weiteren Saisonverlauf nicht mehr viel passierte, liehen die Mainzer den Angreifer immer wieder aus; als Leihspieler des 1. FC Schweinfurt 05 erzielte er 2001/02 in der Zweiten Bundesliga 14 Tore. Später spielte Melunovic noch einmal für die 05er, außerdem für Jahn Regensburg, den SV Wehen, Fortuna Düsseldorf, Viktoria Aschaffenburg, noch einmal Eintracht Trier, Waldhof Mannheim und Darmstadt 98.

 

Vor 40 Jahren spielten die 05er in der Oberliga Südwest gegen die SG Ellingen-Bonefeld. Sigi Iser (3), Willi Reichert und Franz-Peter März (je 2), Herward Koppenhöfer, Manfred Nimführ und Rainer Krönung schossen die Tore zum 10:0 – es war der höchste Mainzer Sieg in einem Ligaspiel der Nachkriegszeit.

 

Drei Jahre später, am 18. Mai 1983, kam Dennis Weiland zur Welt – allerdings nicht der linke Mittelfeldspieler, der mit den 05ern in die Bundesliga aufstieg, sondern der gleichnamige Amateurspieler aus Hessen, der 2005/06 drei Oberligapartien für die Zweite Mannschaft absolvierte.

 

35 Jahre alt wird Henrique Sereno. Der portugiesische Verteidiger, der einst als Reservist des FC Porto mehr oder weniger die Europa League gewonnen und 2011/12 für den 1. FC Köln in der Bundesliga gespielt hatte, kam im Sommer 2015 aus der Türkei zu den 05ern, die nach dem Abgang von Nikolce Noveski noch einen erfahrenen Defensivmann wollten. Eine Rolle spielte der zweimalige portugiesische A-Nationalspieler nicht; nicht nur wegen diverser Verletzungen schaffte er es lediglich dreimal auf die Bank.

Am Ende der Saison wechselte Sereno als zweiter Ex-Mainzer nach Manuel Friedrich in die indische Profiliga zu Atlético de Kolkata und gewann gemeinsam mit seinem Landsmann Hélder Postiga die Meisterschaft. Im Endspiel gegen die Kerala Blasters (4:3 i.E.) traf Sereno zum 1:1. Inzwischen hat der Portugiese seine Karriere beendet.

 

Und 29 Jahre alt wird Steven Lewerenz. Der Rechtsaußen aus Hamburg war 2013/14 mit sieben Toren und 16 Vorlagen eine Schlüsselfigur für den Aufstieg der Mainzer U23 in die Dritte Liga. Über die Würzburger Kickers wechselte Lewerenz zu Holstein Kiel, wo er zweieinhalb Jahre lang blieb – persönlicher Rekord. Über den FC Magdeburg (sieben Zweitligaeinsätze) und den belgischen Zweitligisten Royal Excelsior Virton gelangte er Anfang dieses Jahres zum Drittligaklub Viktoria Köln.

 

Vor 17 Jahren, am 18. Mai 2003, fiel eines der legendärsten 05-Tore: der berühmte Sololauf von Tamás Bódog. Niclas Weiland hatte den Innenverteidiger an der Mittellinie in die bis auf Bódog und den Torwart leere Lübecker Hälfte geschickt. Der Weg war frei für den Ungarn, aber gefühlte Kilometer weit. Während Bódog, der Athlet, mit mächtigen Schritten aufs Tor zustapfte und schließlich traf, blieb Torjäger Andrey Voronin – so will es zumindest die Legende – laut lachend auf Höhe der Trainerbank stehen. So etwas hatte er noch nie erlebt.

Bódog hatte eine Viertelstunde zuvor bereits ein vergleichsweise konservatives Kopfballtor erzielt und war beim 5:1, mit dem sich die 05er eine gute Ausgangsposition vor dem Aufstiegsendspiel verschafften, ein entscheidender Spieler.

 

Die 05er stiegen aber nicht auf, ebenso wenig wie fünf Jahre später trotz des 5:1 gegen den FC St. Pauli am letzten Spieltag der Zweiten Liga. Zwar ließ das überragende Sturmduo Félix Borja (2 Tore)/Srdjan Baljak (3 Tore) den Hamburgern keine Chance, aber die Schützenhilfe der SpVgg Greuther Fürth gegen die TSG Hoffenheim blieb aus, die Mainzer wurden nur Vierter. Und das bedeutete nach 18 Jahren den Abschied von Jürgen Klopp.

 

Vor genau einem Jahr waren die Fans der Frankfurter Eintracht auch Fans des FSV Mainz 05: Eine Woche zuvor hatten die Rheinhessen die Hessen durch ihren 2:0-Sieg im Waldstadion aus den Europapokalplätzen geschossen. Profiteur schien die TSG Hoffenheim zu sein. Erst recht, als sie an diesem letzten Spieltag in Mainz zur Pause mit 2:0 führte. Mit einem Mann Überzahl aber ging’s im zweiten Durchgang an: Daniel Brosinski per Foulelfmeter (66.), zweimal Jean-Paul Boëtius (83., 90.) und Jean-Philippe Mateta in der dritten Minute der Nachspielzeit sorgten für eine spektakuläre Wende. Und verhalfen der Eintracht wieder ins internationale Geschäft.

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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