Regionalliga Damen | Peter H. Eisenhuth | 10.05.2022

Ein Einstieg, der beinahe sprachlos macht

Mit einem 7:2 gegen den TV Reutlingen steigen die Tennisspielerinnen des TC Boehringer Ingelheim in die Regionalliga ein. Auch Lokalmatadorin Martina Markov punktet für die Aufsteigerinnen.
Keinerlei Zweifel an ihrem Zweisatzsieg ließ die Französin Morgane Pons aufkommen.
Keinerlei Zweifel an ihrem Zweisatzsieg ließ die Französin Morgane Pons aufkommen. | Peter H. Eisenhuth
Ihre anfängliche Nervosität legte Martina Markov im Laufe des Matches gegen Lisa-Marie Wurst ab und setzte sich mit 6:3, 6:3 durch.
Ihre anfängliche Nervosität legte Martina Markov im Laufe des Matches gegen Lisa-Marie Wurst ab und setzte sich mit 6:3, 6:3 durch. | Peter H. Eisenhuth
Diana Marcinkevica hatte nicht nur mit ihrer nahezu fehlerfrei spielenden Gegnerin, sondern im zweiten Satz auch mit sich selbst zu kämpfen.
Diana Marcinkevica hatte nicht nur mit ihrer nahezu fehlerfrei spielenden Gegnerin, sondern im zweiten Satz auch mit sich selbst zu kämpfen. | Peter H. Eisenhuth

Ingelheim. Martina Markov strahlte auf ihrem Weg zum Netz übers ganze Gesicht. Beeilen musste sie sich nicht, schließlich galt es nicht, einen Stoppball zu erlaufen, sondern eine Gratulation entgegenzunehmen. Soeben hatte die 18-Jährige ihr erstes Regionalligamatch bestritten, und sie hatte es gewonnen. Mit 6:3, 6:3 gegen Lisa-Marie Wurst. Es war nach zwei Matches der zweite Punkt des TC Boehringer Ingelheim gegen den TV Reutlingen, und dieser Zwischenstand stimmte die Verantwortlichen einigermaßen zuversichtlich, erfolgreich in die Saison einzusteigen.

Was daraus wurde, machte Pascal Häfner „beinahe sprachlos“, sagte der Ingelheimer Manager. „Beim Blick aufs Ergebnis habe nicht nur ich mir die Augen gerieben.“ Denn seine Mannschaft hatte sich mit 7:2 durchgesetzt, ein Erfolg, mit dem sie beim Aufsteiger nie und nimmer gerechnet hätten. Schon gar nicht in einer solchen Deutlichkeit: Von den fünf gewonnenen Einzeln ging lediglich eines über die volle Distanz, in den anderen Sätzen machten die Gegnerinnen maximal drei Spiele. Auf die Doppel kam es schon gar nicht mehr an.

Am längsten auf dem Court stand die Jüngste: Nadia Kulbiej duellierte sich fast zwei Stunden lang mit Tanja Winkler, um eine fast sicher erscheinende Niederlage abzuwenden. Die gerade 15 Jahre alte Polin hatte den ersten Satz mit 2:6 verloren, im zweiten lag sie mit 2:5 zurück – danach aber gab sie nur noch ein Spiel ab, und das auch erst bei eigener 6:5-Führung. Den Tiebreak gewann sie ebenso wir mit 10:4 den Matchtiebreak.

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Als der Druck am größten wird

„Auf einmal kamen die Bälle“, sagt Häfner. „Nadia hat eine Weile gebraucht, um ihre Verunsicherung abzulegen.“ Die anfängliche Nervosität konnte man ihr nicht übelnehmen. „Das war das erste Mal, dass sie im Ausland für ein Team spielt.“ Als es darauf ankam, als der Druck am größten wurde, zeigte der Neuzugang, laut ihrem Spielervermittler das größte Talent ihres Heimatlandes. „Sie spielt die schönte beidhändige Rückhand, die wir je gesehen haben“, fasste Pascal Häfner seinen Eindruck und den zahlreicher anderer Zuschauer zusammen. „Schön eingedreht, tief in die Knie gegangen, mit einem tollen Topspin rübergezogen.“

Dass sich das Publikumsinteresse in den entscheidenden Spielen ganz auf sie konzentrierte, störte den Neuzugang nicht. Im Gegenteil, der Applaus, die Anfeuerungen zwischen den Ballwechseln puschten sie zusätzlich. Und als Kulbiej ihren Matchball verwandelt hatte, stand auch der Mannschaftserfolg um.

Wie unterschiedlich die Spielerinnen mit der Situation umgingen, zeigten auch andere Beispiele: Martina Markov erzählte, zu Beginn ihres Matches ebenfalls nervös gewesen zu sein. „Das erste Saisonspiel, mein erstes Regionalligaspiel, ich wusste nicht, wie stark meine Gegnerin ist“, nannte sie die Gründe. „Deshalb hatte ich anfangs ein paar Probleme, aber mit der Zeit kam ich viel besser rein und wurde immer sicherer.“ Den ersten Matchball vergab sie noch, mit dem zweiten machte sie den Deckel auf ihren Sieg.

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Marcinkevica entschuldigt sich

„In der Mannschaft zu spielen, ist etwas ganz anderes als bei Turnieren“, sagte die Lokalmatadorin. „Hier sind wir eine Gemeinschaft, wir unterstützen uns gegenseitig.“ Gleichzeitig erhöhe das aber auch den Druck. „Man trägt eine gewisse Verantwortung. Wenn man verliert, muss eine andere gewinnen.“

Mit dieser Situation haderte Diana Marcinkevica: Die Nummer eins des TCB, die in der Weltrangliste an Position 295 geführt wird, war trotz aller Bemühungen gegen die knapp 30 Plätze besser postierte Cristina Dinu chancenlos. Die Lettin gewann lediglich im ersten Satz ein Spiel und hatte im zweiten Durchgang nicht nur mit der Gegnerin, sondern auch mit ihrer eigenen Unzufriedenheit zu kämpfen.

„Diana war sehr frustriert, sie hat hinterher kaum etwas gesprochen, außer, dass sie sich immer wieder entschuldigt hat“, erzählte Häfner. „Aber ich habe ihr gesagt, sie solle sich nicht verrücktmachen. Solche Tage gibt es, die hat wahrscheinlich jeder Spieler und jede Spielerin schon erlebt.“ Und, auch das gehörte zur Einschätzung der Leistung: Die Rumänin auf der anderen Seite des Netzes bot eine annähernd fehlerfreie Partie.

Brugnone im Sauseschritt

Das Gegenstück zu Marcinkevica lieferte Flavie Brugnone ab: Die Ingelheimer Nummer zwei eilte im französischen Duell mit Aubane Droguet im Sauseschritt zu einem 6:1, 6:1-Erfolg. Ihr hilft offenbar der Teamgedanke zu einem lockeren Auftreten, wie Häfner ihren Vater zitierte: „Sie spielt in Mannschaftswettkämpfen viel besser als bei Turnieren, weil sie weiß, dass andere da sind, die eine eventuelle Niederlage ausbügeln können.“

Keinerlei Zweifel kamen auch an den Siegen der Französinnen Morgane Pons und Emmanuelle Girard an den Positionen drei und vier auf. Sie gestatteten ihren Kontrahentinnen Ana Maria Linsenbolz und Anna-Benita Fuchs maximal zwei Spielgewinne pro Satz.

In den Doppeln kam dann auch Marcinkevica an der Seite von Girard zu ihrem Erfolgserlebnis, Brugnone/Pons hatten vorne lediglich im ersten Satz etwas Mühe. Und die Youngster im dritten Doppel, Kulbiej/Markov, mussten sich im Matchtiebreak geschlagen geben.

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