Verbandsliga | Guido Steinacker | 04.01.2019

In der Philosophie sehr nahe

Ein großer Tag für die TuS Marienborn: Der Verbandsligist freut sich darauf, am Samstag erster Sparringspartner der Wintervorbereitung von Bundesligist Mainz 05 sein zu dürfen. Dabei möchte Kayhan Cakici mit seinem Team belegen, dass auch ein Sechstligist technisch starken Fußball zeigen kann.
Ein Torjubel am Samstag wäre für die Marienborner Jannik Kern (l.) und Dennis Ritz ein besonderes Erlebnis.
Ein Torjubel am Samstag wäre für die Marienborner Jannik Kern (l.) und Dennis Ritz ein besonderes Erlebnis. | Bernd Eßling

Marieborn. Neue Trainingsanzüge und neue Trikots konnten die Spieler der TuS Marienborn kurz vor dem Jahreswechsel in Empfang nehmen. Das ist natürlich nichts gegen das neuartige Erlebnis, mit dem das Jahr 2019 für sie sportlich beginnen wird: mit einem Highlight, das längst nicht jedem höherklassigen Amateurfußballer in seiner Laufbahn vergönnt ist. Am Samstagnachmittag (15 Uhr, Bruchwegstadion, Eintritt frei) ist die Mannschaft von Trainer Kayhan Cakici Sparringspartner des Bundesligisten FSV Mainz 05, der nach den ersten drei Einheiten in der Wintervorbereitung gegen den Verbandsligisten das erste Testspiel absolviert, ehe es ins einwöchige Trainingslager in Spanien geht.

„Es ist schön für uns, dass wir einen Bundesligisten beim Start in die Testspielreihe unterstützen dürfen. Wir sehen uns in der Rolle als Trainingspartner für Mainz 05“, ordnet Cakici die Partie ein. Die ergibt aber sogar aus sportlicher Sicht durchaus Sinn für die Marienborner, die keine fest Winterpause einlegen, sondern so oft und lange auf den Plätzen zu sehen sein werden, wie es die Wetterverhältnisse zulassen – bei der TuS ist eben alles ein wenig anders als in anderen Vereinen.

Ob es zu einem engen Ergebnis reicht oder eine Klatsche setzt? Variante eins wäre Cakici selbstverständlich lieber, aber im anderen Fall wäre das auch kein Beinbruch, höchstens ein kleiner blauer Fleck. „Bei uns spielen durchweg Mainzer Jungs, die alle Fans der 05er sind und nun gegen ihre Vorbilder spielen dürfen“, betont der Trainer. „Es ist einfach klasse, dass Marienborn als kleiner Vorort dieses Spiel bestreiten und unseren Fans die Werte, die wir vertreten, in solch einem Spiel zeigen dürfen.“

Beide dürften komplett wechseln

Zwei Dinge werden bei dem ungleichen Vergleich identisch sein zwischen Erst- und Sechstligist: Sowohl Mainz 05 als auch die TuS werden, wie es sich in ersten Testspielen eingebürgert hat, in erster und zweiter Halbzeit mit komplett unterschiedlichen Formationen auf dem Rasen stehen. Cakici hat 22 Feldspieler zur Verfügung, neben dem Tausch zur Pause wird es in der zweiten Hälfte daher noch ein oder zwei weitere Wechsel geben – und dann wären alle einsatzbereiten Akteure zu ihrem persönlichen Erlebnis gekommen, dem bei der TuS wesentlichen Aspekt in dieser Testpartie, während es Sandro Schwarz darum gehen wird, die Spieler erstmals in realen Wettkampfsituationen zu beobachten.

Punkt zwei: Cakici selbstbewusst genug, um es als durchaus berechtigt anzusehen, dass die 05er sein Team als würdigen Sparringspartner akzeptierten. „Von der Art und Philosophie her sind die Vereine gleich, auch wir wollen junge Spieler guten technischen Fußball spielen lassen, die bei Ballbesitz bestimmte Dinge umsetzen können.“ Dabei ist ihm klar, dass es wohl so aussehen wird, dass sein Team diese Partie weitgehend in der Defensive verbringen wird.

„Bei Ballbesitz wollen wir dann aber unsere Technik und Art Fußball zu spielen demonstrieren“, betont Cakici. Also ein flaches Spiel mit Kombinationsversuchen statt langer Bolzbälle, so viel Anspruch muss schon sein. Dabei wird es immer um Sequenzen von ein paar Sekunden Länge gehen, in denen die Marienborner beweisen wollen, dass sie zumindest in dieser Hinsicht keine fünf Klassen schwächer sind als der Bundesligist. Gegen die U23 der 05er war der TuS dies im Sommer glänzend gelungen, zumindest, solange die Kraft reichte. Bei der 0:3-Niederlage in Schwabsburg war der Verbands- dem Regionalligisten lange Zeit ein ebenbürtiger Gegner.

Schon viel miteinander erlebt

Weil der 51-jährige Cakici und der 40-jährige Schwarz ein paar Jahre auseinanderliegen, haben sie weder als aktive Fußballer je gemeinsam gespielt noch sich als Gegner gegenübergestanden. „Wir kennen uns dennoch schon 15 oder 20 Jahre und haben schon einiges miteinander erlebt“, betont Schwarz. „Vor allem sehr intensive Gespräche und viele gemeinsame Feiern." Die sicherlich genauso intensiv waren.

Nicht nur im Wertekatalog stehen sich beide sehr nahe. „Wir waren uns immer einig über den Fußball, es gibt zwischen uns eben nicht nur ein privates, sondern auch ein sportliches Verständnis“, sagt Cakici. Im Unterschied zu seinen Jungs tritt er nicht zum ersten Mal im Bruchwegstadion zu einem Test an. Vor knapp drei Jahren, am 30. Januar 2016, war er mit seinem damaligen Team, Oberligist TSV Schott Mainz, ebenfalls zu einem Test eingeladen. An jenem Samstagvormittag – die 05er hatten am Abend zuvor ein Punktspiel gegen Borussia Mönchengladbach (1:0) absolviert ­– unterlag Schott mit 1:4.

Ein solches Ergebnis würde den Marienbornern am Samstag ebenfalls gefallen, vor allem das eigene Tor gegen einen Bundesligisten wäre nicht nur für den glücklichen Schützen ein dickes Ding, Aber das braucht die TuS nicht unbedingt, um einen guten Tag zu erleben. Der Verein lädt die Fans, die dank des freien Eintritts überhaupt keinen Grund haben, nicht ins Stadion zu kommen, direkt anschließend zu einem Neujahrsempfang mit Tombola in die heimische Kulturhalle ein, wo ganz ergebnisunabhängig gefeiert wird.

Am Stadion wird sich die Epilepsie-Elternhilfe präsentieren und einen Spendenkasten aufstellen. Die Initiative ist seit Saisonbeginn neuer Kooperationspartner der TuS Marienborn.

 

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