Erst den Rückstand verschuldet, dann den Ausgleich erzielt
Mainz. Die Pressekonferenz hatte noch nicht richtig begonnen, da war Jos Luhukay auch schon wieder weg. Nicht, dass der Trainer von Hertha BSC etwa übellaunig gewesen wäre – aber der Flieger, der die Berliner wieder in die Hauptstadt bringen sollte, stand bereit.
Also hatte Luhukay in aller Kürze und Eile ein Fazit des 1:1 (0:0) zwischen dem FSV Mainz 05 und Hertha BSC gezogen und eingeräumt, „dass wir in der ersten Halbzeit viel Glück gehabt haben. Ich bin froh, dass wir mit einem Punkt nach Berlin zurückkehren können“.
In der Tat: Bis zum Seitenwechsel hatte nicht viel dafür gesprochen, dass die Hertha den Tag mit den zwei Punkten Rückstand auf die 05er beenden würde, mit denen sie ihn begonnen hatte. Die Mainzer waren die spielbestimmende Mannschaft, sie machten Druck, sie kamen zu Chancen. „In ausreichender Qualität und Quantität“, wie Thomas Tuchel betonte. Nur mit der Verwertung klappte es nicht.
Kraft bewahrt Hertha mehrmals vor Rückstand
Und das hatte vor allem mit Thomas Kraft zu tun. Der Hertha-Schlussmann, der zunächst bei zwei Kopfbällen von Nicolai Müller noch etwas im Glück war (7., 19.), hatte seine erste große Szene in der 20. Minute: Von Shinji Okazaki freigespielt, eilte Müller ohne Gegenspieler im Schlepptau aufs gegnerische Tor zu – weit kam er nicht, weil Kraft ihm entgegenstürmte, sich ihm entgegenwarf und den Ball mit dem Fuß Richtung Südtribüne beförderte. Danach parierte der Schlussmann einen Schuss von Choupo-Moting aus zwölf Metern (25.), nur eine Minute später faustete er einen 17-Meter-Kracher von Shawn Parker zur Seite. Und dann stoppte er ein energisches Solo – unfreiwillig – mit Köpfchen (28.).
Tuchel sagte später, er sei davon überzeugt gewesen, dass die Hertha in der zweiten Halbzeit stärker auftreten würde. So kam es auch – dumm nur, dass der Aufschwung der Gäste unmittelbar nach dem Seitenwechsel begann und in eine sechsminütige Phase fiel (Tuchel: „Das einzige, womit ich unzufrieden bin“), in der es seine Mannschaft an der üblichen Konzentration mangeln ließ. Etwas nachlässig wirkten sie in ein, zwei Szenen, die ohne Konsequenz blieben.
Ballverlust am Strafraum wird bestraft
In der 51. Minute aber wurden sie bestraft: Ein paar Meter links vom eigenen Strafraum standen vier, fünf 05er, hielten den Ball in den eigenen Reihen, verzeichneten aber mangels Bewegung keinen Raumgewinn. Choupo-Moting ergriff schließlich die Initiative, doch sein Versuch, die Situation spielerisch zu lösen, schlug fehl; der Angreifer verlor den Ball gegen Per Ciljan Skjelbred, der passte auf Adrian Ramos – und gegen dessen Schuss ins linke untere Ecke war Loris Karius machtlos.
Dass die Mainzer dies nicht tatenlos hinnehmen wollten, war erkennbar; den ganz großen Druck vermochten sie gegen die jetzt deutlich gefestigter wirkende Hertha aber nicht aufzubauen. „Wir haben unser wahres Gesicht gezeigt und das Spiel in den Griff bekommen“, sagte Jos Luhukay, dessen Einwechselspieler Ronny zudem für mehr Sicherheit im Offensivspiel sorgte und den in mehreren Szenen herausragend reagierenden Loris Karius mit einem Freistoß aus 28 Metern prüfte. Karius' Vertrag übrigens verlängert sich, weil 05-Manager Christian Heidel die entsprechende Option gezogen hat.
Allagui foult Park im Strafraum
Tatsächlich hatten jetzt die Berliner auch ein Chancenplus. Doch diesmal reichten den 05ern zwei gefährliche Szenen für einen Treffer. Nikolce Noveski verfehlte nach einem Eckball von Johannes Geis mit einem Kopfball nur knapp das Hertha-Tor (53.). Sieben Minuten später leitete der eingewechselte Ja-Cheol Koo mit einem schönen Seitenwechsel einen Angriff über Joo-Ho Park, Choupo-Moting und erneut Park ein, der sich im Rücken von Sami Allagui in den Strafraum geschlichen hatte und vom einstigen Mainzer Stürmer gefoult wurde. Den Elfmeter verwandelte Choupo-Moting zum 1:1.
Mit dem Ausgang der Partie konnte Thomas Tuchel leben, „ohne gesteigerte Kopfschmerzen zu bekommen. Man muss Spiele so nehmen, wie die Spielverläufe sind. Das war am Ende okay.“ Kollege Luhukay bekundete noch rasch seinen Respekt vor dem, was in Mainz geleistet werde, hob hervor, dass beide Mannschaften gezeigt hätten, warum sie an die europäische Tür klopften – und schloss die Tür des Presseraums hinter sich.