Viel Spaß und ein schlechtes Gewissen
Mainz. Wäre am Sonntag eine reguläre Saison zu Ende gegangen, hätte es den TSV Schott Mainz erwischt: Als Tabellensechster unter acht Mannschaften wäre das Team von der Erzberger Straße aus der Tennis-Oberliga abgestiegen. Zwei Siegen, dem 17:4 zum Auftakt gegen den TC Weiss-Rot Speyer und dem 19:2 zum Abschluss gegen den TC Schwarz-Weiss Landau, standen fünf Niederlagen gegenüber. Zu wenig, um die Klasse zu halten.
Aber, und das war von Beginn an klar, es handelte sich in diesem Jahr nicht um eine normale Medenrunde. Wegen der coronabedingten Zwangspause – der die Tennisspieler immerhin noch als erste Vereinssportler entfliehen durften – hatte der Verband für die verspätet begonnene Spielzeit Auf- und Abstieg ausgesetzt, die Teilnahme an der Runde basierte auf Freiwilligkeit. „Wir sind froh, dass wir mit Wettkampfcharakter spielen konnten“, sagt Steffen Hillenmeier. „Wir hatten viel Spaß, auch wenn ein Sieg mehr dringewesen wäre.“
Hillenmeier latent unterfordert
Als reine Spaßveranstaltung betrachteten der Mainzer Kapitän und seine Kollegen die sieben Spieltage freilich nicht. Ungeachtet des Trainingsrückstands und erst recht der fehlenden Matchpraxis kämpfte jeder einzelne der insgesamt sieben eingesetzten Akteure immer um das bestmögliche Resultat. Eine Herangehensweise, die man nicht jedem Kontrahenten bescheinigen konnte. Die Ludwigshafener Vincent Schneider und Daniel Baumann beispielsweise gaben in Mainz in ihren Einzeln ohne ersichtlichen Grund (außer Lustlosigkeit) auf, das Team aus Landau hatte am Sonntag nach – zugegebenermaßen uneinholbarem Rückstand – kein Interesse mehr, auch die Doppel auszuspielen.
Dass keine Mannschaft in dieser Übergangssaison auf ausländische Akteure zurückgriff, die zu den Spieltagen eingeflogen wurden, war nicht anders zu erwarten und schonte die Etats aller Vereine. Ein Umstand, der dazu führte, dass einerseits Hillenmeier an Position vier latent unterfordert war – eine Ausnahme bildete das Match gegen den Bad Emser Denis Gilberg, das er im Matchtiebreak verlor –, andererseits aber die Gegner an den vorderen Positionen übermächtig wirkten.
König in zwei Matchtiebreaks im Pech
Sven König und Promise Iwere gingen sechsmal leer aus, wobei die Nummer eins Pech hatte und zweimal knapp im dritten Durchgang verlor. Neuzugang Iwere, der wegen des Saisonverzichts des Hessenligisten TEVC Kronberg kurzfristig zu den Mainzern gestoßen war haderte mit seinem Trainingsrückstand, der sich vor allem in bei den eigenen Aufschlagsspielen bemerkbar machte – gab sich aber selbst die Schuld daran.
Neben seinem Wirtschaftsingenieurstudium in Koblenz und täglich sechs Stunden, die er nach dem Ende der Corona-Zwangspause wieder als Tennistrainer auf dem Platz stand, habe er zu selten die Motivation gehabt, an den eigenen Fähigkeiten zu arbeiten, räumte der Mann aus Andernach ein. „Ich habe ja auch noch eine Freundin, um die ich mich manchmal kümmern muss…“
Angesichts seiner Bilanz von 1:6-Einzeln habe er ein schlechtes Gewissen den neuen Mannschaftskameraden gegenüber, in deren Kreis er sich sehr wohlgefühlt habe. „An Position zwei in der Oberliga spielt man nicht gegen Luschen. Aber hätte ich vor Saisonbeginn einen Monat lang vernünftig trainiert, wären zwei, drei Siege mehr möglich gewesen.“
„Gut trainiert – aber zu spät“
Zumindest an seiner Fitness hätte er auch während des Vereinssportverbots arbeiten können, sagte der 25-Jährige. Und anschließend hätte es an hochwertigen Trainingspartnern nicht gemangelt. Benjamin Hassan zum Beispiel, im vorigen Jahr unter den Top 300 der Welt, sei einer seiner besten Kumpels. „Mit ihm habe ich vorige Woche auch gut trainiert, aber das war leider ein bisschen spät.“
Iwere („Ich habe zu wenig geleistet und etwas gutzumachen“) kann sich offenbar eine weitere Saison beim TSV Schott vorstellen, gleiches gilt für den zweiten Neuzugang, den vom Frankfurter Verbandsligisten FTC Palmengarten II gekommenen Felipe Damke. Mit König und dem Luxemburger Mats Weber, der vor einem Jahr zum Studium nach Mainz kam und seither für den Oberligisten spielt, plant Hillenmeier ebenfalls, Robert Kovács stünde ebenfalls zur Verfügung.
Gleichwohl wird es im nächsten Jahr, einen regulären Wettkampfbetrieb vorausgesetzt, erforderlich sein, wieder auf Ausländer zurückzugreifen. „Andernfalls wird es kaum möglich sein, die Klasse zu halten“, sagt der Kapitän. „Wir werden in den nächsten Wochen mit dem Vorstand darüber reden, was geplant ist und welcher Etat uns zur Verfügung steht.“
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