Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 27.04.2019

Friedensstifter wider Willen

Der FSV Mainz 05 dominiert das Spiel bei Hannover 96, verliert es aber dennoch mit 0:1 (0:0). Immerhin trägt das zu einem neuen Gemeinschaftsgefühl bei den Niedersachsen bei.
Kann mal passieren: Florian Müller wusste, dass sein Fehler das 0:1 ermöglicht hatte. Torwarttrainer Stephan Kuhnert spendete seiner Nummer eins Trost.
Kann mal passieren: Florian Müller wusste, dass sein Fehler das 0:1 ermöglicht hatte. Torwarttrainer Stephan Kuhnert spendete seiner Nummer eins Trost. | René Vigneron

Hannover. Angesichts der Szenen, die sich nach dem Schlusspfiff in der Nordkurve des Niedersachsenstadions zutrugen, konnte man den Gästen zu einer guten Tat gratulieren. Sie hatten dazu beigetragen, dass Spieler und Fans von Hannover 96 eine Einheit bildeten, wie man es in dieser Saison noch nicht erlebt hatte. Über ihre Rolle als Friedensstifter waren Profis und Verantwortliche des FSV Mainz 05 allerdings überhaupt nicht glücklich.

„Ich kann es gar nicht glauben, dass wir jetzt hier stehen und uns über eine Niederlage unterhalten“, sagte Sportvorstand Rouven Schröder. „Wir waren offensiv aufgestellt, klar Herr im Haus, die gefährlichere Mannschaft. Das ist einfach unfassbar ärgerlich heute.“ In der Tat: Gemessen an Spielanteilen, Dominanz und Anzahle der Torchancen hätte der Tabellenzwölfte beim Schlusslicht nie und nimmer mit 0:1 (0:0) verlieren dürfen.

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Müller räumt entscheidenden Fehler ein

Dass es dennoch dazu kam, hatte zwei Gründe. Zum einen die fehlende Effektivität im Abschluss, zum anderen die Szene aus der 66. Minute, von der Florian Müller später sagte: „mein Fehler“. Nach einer Hereingabe in den Mainzer Strafraum hatte zunächst Alexander Hack im Zentrum geklärt, dann war Giulio Donati rechts vom Tor an den Ball gekommen, ohne ihn zu kontrolliere.

Beim Versuch, einen Eckball zu verhindern, rutschte Torwart Müller selbst ins Aus, der Ball aber, den er, leicht behindert von Moussa Niakhaté, nicht zu fassen bekam, rollte an seinem Körper entlang in die andere Richtung. Der Hannoveraner Linton Maina konnte wahrscheinlich kaum glauben, was ihm da plötzlich vor die Füße rollte, reagierte aber schnell genug, um Hendrik Weydandt zu bedienen, der aus kurzer Distanz ins kurze Eck abschloss. „Eine unnötige Aktion“, urteilte Müller selbstkritisch. „Leider hat dieser Fehler das Spiel entschieden.“

Quaison-Tor per Videobeweis aberkannt

Sandro Schwarz hatte seine Anfangsformation vom Heimsieg gegen Fortuna Düsseldorf nur auf einer Position verändert: Für den in Babyurlaub geschickten Danny Latza lief Alexandru Maxim auf – und alleine der Rumäne hätte in der zweiten Halbzeit mit etwas mehr Handlungsschnelligkeit und etwas weniger Zögerlichkeit für ein anderes Ergebnis sorgen können.

Die erste Großchance im ersten Durchgang besaßen noch die Hannoveraner: Jonathas zielte aus zwölf Metern knapp am linken Pfosten vorbei. Gespielt waren zwölf Minuten, und bis zur nächsten gefährlichen Aktion vor dem Mainzer Tor, für die die 05er nicht selbst verantwortlich waren dauerte es bis zur 86. Minute, als Jean-Philippe Mateta nach einer Ecke einen Schuss von Waldemar Anton kurz vor dem Tor entschärfte. In der übrigen Zeit ließen die Rheinhessen nicht nur nichts zu, sondern erspielten sich selbst etliche gute Abschlusschancen.

Kurz vor Pause vereitelte der Hannoveraner Keeper Michael Esser gleich zweimal die Mainzer Führung. Zunächst wehrte er einen aufgesetzten Kopfball von Jean-Philippe Mateta nach Donati-Flanke ab, der Abpraller landete bei Robin Quaison, dessen Nachschuss Esser im Liegen mit den erhobenen Füßen zur Ecke lenkte. Nach einer knappen halben Stunde hatte Quaison den Ball sogar im Tor untergebracht, mit Umweg über den Videoassistenten aber Schiedsrichter Steffen Stork den Treffer an. Zu Recht: Quaison hatte zuvor Pirmin Schwegler umgestoßen, nur deshalb war er überhaupt an den Ball gekommen.

Schwarz mit gleichfarbigem Humor

Nach dem Seitenwechsel verhalf den Mainzern selbst eine schier erdrückende Dominanz nicht zum Erfolgserlebnis. Die Hannoveraner verteidigten leidenschaftlich, warfen sich in jeden Ball, blockten aussichtreiche Schüsse. Wenn Esser die Kugel nicht weit genug abwehrte, war kein Abstauber zur Stelle, bisweilen agierten die Angreifer auch zu umständlich. „Und dann haben wir uns wohl gedacht: Wenn wir selbst nicht treffen, legen wir dem Gegner einen auf“, sagte Sandro Schwarz mit gleichfarbigem Humor.

Vom Lob seines Kollegen konnte er sich nichts kaufen, es brachten die 05er keinen Deut näher an den als Ziel ausgegebenen zehnten Tabellenplatz heran. „Es ist schon klasse, wie Mainz die Raute spielt“, sagte 96-Trainer Thomas Doll. „Ich bin ein Fan davon, weil da Wucht und Struktur drinstecken. Die Mainzer haben ja schon Dortmund eine Halbzeit lang an die Wand gespielt.“

Auch wenn das weder beim BVB noch diesmal etwas nutzte, auch wenn in der dritten Minute der Nachspielzeit Karim Onisiwos letzter Versuch, ein schön gezirkelter Schuss aus 14 Metern Entfernung rechts am Pfosten vorbeistrich, konnte Schwarz der Partie zumindest einen positiven Aspekt abgewinnen: „Wir hatten keinen Spannungsabfall“, sagte er – etwaige Befürchtungen, sein Team könne sich nach dem feststehenden Klassenverbleib im Schongang über den Platz bewegen, erhielten keine Nahrung. An der Einschätzung des Resultates änderte das freilich nicht: „ärgerlich“.

 

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