Christian Karn | 11.04.2020

Kurze Ecken und Nutella

Das 05-Kalenderblatt* für den 11. April.
An Christian Hock kam keiner vorbei: Der Linksaußen setzte sich am Bruchweg gegen alle potenziellen Nachfolger durch.
An Christian Hock kam keiner vorbei: Der Linksaußen setzte sich am Bruchweg gegen alle potenziellen Nachfolger durch. | Bernd Eßling
Suat Serdar (l.) wurde unter Sandro Schwarz zum Stammspieler bei Mainz 05.
Suat Serdar (l.) wurde unter Sandro Schwarz zum Stammspieler bei Mainz 05. | Eva Willwacher

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es um einen Linksaußen, der sich gegen alle potenziellen Nachfolger durchsetzte, und um einen defensiven Mittelfeldspieler, der bei seinem neuen Klub auch als Torjäger in Erscheinung tritt.

 

11. April

50 Jahre alt wird heute Christian Hock. Der Linksaußen aus Aschaffenburg wechselte 1994 mit der Erfahrung von einem Bundesligaspiel von Borussia Mönchengladbach an den Bruchweg. Neun Jahre lang – von einer langwierigen Verletzung in der Rückrunde 1996/97 abgesehen – war er mehr oder weniger Stammspieler; zwar holte der Verein immer mal wieder einen Nachfolger, aber keiner von ihnen kam an Hock vorbei.

In 234 Zweitligaspielen für die 05er schoss Hock 24 Tore und bereitete 41 vor. Gefürchtet war er für seine kurzen Eckbälle, bekannt für seine Vorliebe für Nutella: Zeugwart Walter Notter, Patenonkel seiner Zwillinge, soll immer einen Vorrat im Schrank gehabt haben.

Christian Hocks Trainerkarriere kam nie richtig in Gang: Nach seinem Karriereende bei den Offenbacher Kickers (Aufstieg in die Zweite Liga) trainierte der Ex-Profi zunächst zwei Jahre lang den SV Wehen (Aufstieg in die Zweite Liga), dann Rot Weiss Ahlen (Abstiegs aus der Zweiten Liga). Weitere Trainerstationen waren der FC Homburg (fünf Monate), Hessen Kassel (sechs Monate) und der TSV Schott Mainz (neun Monate).

Bereits während seiner Zeit beim damaligen Verbandsligisten leitete er hauptberuflich das Nachwuchsleistungszentrum des SV Wehen Wiesbaden, der ihn im Sommer 2013 von der Karlsbader Straße abzog. Bei den Hessen war Hock in der Folgezeit U-19-Trainer, dreimal Interimstrainer der Profis und fungiert seit drei Jahren als Sportdirektor.

 

Sebastian Kress wird heute 34 Jahre alt. Der Mittelfeldspieler war im ersten U19-Bundesligahalbjahr der 05er Stammspieler, seitdem kickte er vor allem für verschiedene Oberligisten.

 

Zum Nationalspieler gebracht hat es Suat Serdar, der am Samstag 23 Jahre alt wird. Der gebürtige Binger, der als Elfjähriger zur 05-Jugend kam, verzeichnete während seiner letzten A-Jugend-Saison (2015/16) zwölf Einsätze in der Bundesliga, wenn auch von Martin Schmidt meist in der Schlussviertelstunde eingewechselt. Serdar zeigte früh eine Fähigkeit, die man von Spielern in diesem Alter und mit diesen Einsatzzeiten nicht unbedingt erwarten kann: Der defensive Mittelfeldspieler war immer sofort auf der Höhe des Spielgeschehens, hatte immer seine Szenen.

Und, das war schon zu erkennen, als Kasper Hjulmand ihn im Januar 2015 mit ins Trainingslager nach Marbella genommen hatte: Serdar, der in der Jugend für viele Betrachter im Schatten seiner Offensivkollegen Devante Parker und Patrick Pflücke stand, war mit einer bemerkenswerten Robustheit und Selbstbewusstsein auch in Zweikämpfen mit gestandenen Profis ausgestattet.

Bereits 2016/17 hätte Serdars Saison werden können. In der Bundesliga und in der Europa League war er ein vollwertiger Teil der Startelf-Rotation, bis er verletzungsbedingt fast 20 Spiele verpasste und sich über einige Drittligaspiele zurück in eine angeschlagene Mannschaft arbeitete. Unterm Strich wurden es nur acht Einsätze oben und sechs unten.

Festgeschriebene Ablösesumme

Doch ein Jahr und 25 Bundesligaspiele später wechselte Serdar zum FC Schalke 04 – zu früh, wie viele befanden. Vorherrschende Meinung war, der Sechser werde in Gelsenkirchen den Durchbruch nicht schaffen, ein weiteres Mainzer Jahr wäre die bessere Entscheidung gewesen. Die 05er, insbesondere Trainer Sandro Schwarz, hätten ihn auch gerne gehalten; angesichts der festgeschriebenen Ablösesumme von rund elf Millionen waren sie chancenlos.

Verglichen mit anderen Transferzahlungen wirkte diese Summe beinahe lächerlich gering – „aber ohne eine solche Klausel hätten wir Suats Vertrag im Herbst 2016 gar nicht verlängern können“, erläuterte Sportvorstand Rouven Schröder. Und zum damaligen Zeitpunkt galten elf Millionen in der Liga nicht nur für Mainzer Verhältnisse noch als viel Geld…

Dass Serdar in seiner ersten Spielzeit auf Schalke trotz 26 Bundesligaeinsätzen nur bedingt überzeugte, lag vermutlich weniger an ihm als an der von Trainer Domenico Tedesco propagierten destruktiven Spielweise. Erst in der gerade unterbrochenen Runde kamen unter David Wagner die Fähigkeiten des Rheinhessen richtig zur Geltung: Serdar ist nicht nur unumstrittener Stammspieler, sondern mit sieben Treffern auch der beste Torschütze des S04. Und im Oktober vorigen Jahres absolvierte er sein erstes Länderspiel in der A-Nationalmannschaft. (phe)

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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