Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 11.07.2018

„Erst mal hier Leistung bringen“

AUS DEM TRAININGSLAGER (V): 05-Neuzugang Phillipp Mwene über seine Zeit in Kaiserslautern, seine Ambitionen in Mainz, seine offensiven Stärken und defensiven Schwächen und die Frage, warum er das Zimmer mit Karim Onisiwo teilt.
Soll auf der rechten Abwehrseite Druck machen: Phillipp Mwene.
Soll auf der rechten Abwehrseite Druck machen: Phillipp Mwene. | Peter H. Eisenhuth

Herr Mwene, Sie sind 2016 mit dem VfB Stuttgart II aus der Dritten Liga abgestiegen, 2018 mit dem 1.FC Kaiserslautern aus der Zweiten Liga. Warum hat der FSV Mainz 05 trotzdem keinen Fehler gemacht, indem er Sie verpflichtet hat?

Abstiege hat man nicht gerne in seiner Vita stehen. Aber es ist nun mal so. Ich glaube trotzdem, dass ich in den vergangenen zwei Jahren in Kaiserslautern viel richtiggemacht habe und es deshalb zu diesem Transfer kam.

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Sie waren in Kaiserslautern zwei Jahre Stammspieler…

…ja. Tayfun Korkut hatte mich damals geholt, in der ersten Saison habe ich komplett alle Spiele gemacht, in der zweiten waren es mehr als 30. Das hatte mir nicht jeder zugetraut. Ich glaube, hier ist es ähnlich. Ich werde auf meine Chance warten müssen, aber wenn ich sie bekomme, will ich sie auf jeden Fall nutzen…

…mit dem Ziel, wieder Stammspieler zu werden.

Ja, klar, darum geht es im Endeffekt. Dass man auf dem Platz stehen will, dass man Leistung bringen will. Und ich versuche, dem Trainer im Training so viel wie möglich anzubieten, um ihm die Entscheidung so schwer wie möglich zu machen. Natürlich ist die Konstellation hier eine andere als in Kaiserslautern, hier sind viele Spieler mit Bundesligaerfahrung. Das verstehe ich, aber ich glaube, dass ich auch Qualität habe und in Sandros Spielstil gut hineinpasse.

Wurde das in den Verhandlungen besprochen, wie Ihre Perspektive ist, Stammspieler zu werden oder ob Sie Backup für Giulio Donati oder wen auch immer sind?

Sie haben mir gesagt, dass sie einen Herausforderer haben wollen, der von hinten Druck macht, Gas gibt und den Konkurrenzkampf anheizt. Aber ganz klar mit der Idee, dass ich das Potenzial habe, Stammspieler zu werden, und dass es ganz alleine an mir liegt, die Chance zu nutzen.

Wo sehen Sie Ihre Stärken, Ihre Schwächen?

Ich glaube, dass ich in der Laufarbeit Stärken habe. Ich bin ein Spieler, der gerne viel läuft, ich haue mich in jeden Zweikampf rein und glaube, dass ich als Außenverteidiger in der Offensive auch gute Qualitäten habe, gute Flanken schlage, meinen Gegenspieler im Eins-gegen-eins aussteigen lassen kann. Wo ich mich verbessern kann, sind sicher der defensive Zweikampf und Kopfballspiel. Das sind Sachen, bei denen ich mich erst mal ans Erstliganiveau anpassen muss.

Wäre es für einen Verteidiger nicht umgekehrt besser? Dass er defensiv seine Stärken und offensiv Nachholbedarf hat?

(lacht) Ja, es gibt solche und solche. Natürlich ist die Hauptaufgabe des Verteidigers das Verteidigen, das ist mir auch ganz klar. Ich meine auch nur, dass ich in diesen Bereichen noch Steigerungspotenzial sehe, um in der Ersten Liga zu bestehen.

Sie sind aber schon der Mann für die rechte Außenverteidigerposition, oder geht‘s je nach System auch eine Position nach vorne?

Auch das haben sie mir bei der Verpflichtung gesagt, dass sie mich primär als rechten Verteidiger holen, aber mit dem Wissen, dass ich offensiv auf der Außenposition oder der Achterposition genauso gut spielen kann.

Wie war die vorige Saison für Sie? Mit dem FCK von Beginn an im Abstiegskampf gesteckt zu haben, war doch sicher auch mental anstrengend.

Wenn Du die ganze Zeit hinten drinsteckst, ist das für dem Kopf nicht so gut. Zwischendurch gab es Phasen, in denen ich dachte: Einfach nur scheiße, alles. Aber ich glaube, das Wichtigste ist, daraus zu lernen und zum Beispiel Fehler, die wir am Anfang der Saison gemacht haben, die uns Punkte gekostet haben, die uns am Ende fehlten, nicht mehr zu machen. Das sind Erfahrungen, die ich aus dieser Zeit mitnehme. Für uns in Mainz geht es ja auch zunächst mal darum, die Klasse zu halten. Die Rückrunde war etwas besser, auch wenn es leider nicht gereicht hat.

Mit Michael Frontzeck lief es ja eigentlich erstaunlich gut.

Genau. Es war wichtig, dass man einen so großen Verein nicht einfach kampflos aufgibt, dass die Fans einen nicht nur negativ betrachten. Und es war wichtig für jeden einzelnen Spieler, zu zeigen, dass man etwas kann und nicht sang- und klanglos absteigt.

War es für Sie eine Überlegung, mit dem FCK in die Dritte Liga zu gehen, oder kam das nie infrage?

Ich habe mir alle Aspekte aufzeigen lassen. Sei es mit Lautern Dritte Liga, mit einem anderen Verein Zweite Liga oder eben mit Mainz Erste Liga. Für mich war im Endeffekt klar, dass ich mit 24 den Schritt in die Erste Liga machen will. Das war schon immer mein Traum. Eine solche Chance kriegt man nicht immer, und wenn man sie kriegt, muss man sie ergreifen. Deswegen habe ich mich zu 100 Prozent für Mainz entschieden.

Sind Sie noch heil aus Kaiserslautern herausgekommen, oder gab’s zumindest ein paar Kratzer im Auto?

(lacht) Nee, das nicht. Natürlich ist es bei den Lauterer Fans nicht so toll angekommen, dass ich nach Mainz wechsele, aber ich war in den zwei Jahre immer einer, der alles für den Verein gegeben hat. Ich kann völlig verstehen, dass ein solcher Wechsel angesichts der regionalen Rivalität die Gemüter der Fans hochkochen lässt, aber für mich ging es um meinen sportlichen Werdegang.

Wie lief der Kontakt mit Mainz 05 ab? Wie lange dauerten die Verhandlungen?

Es ging relativ schnell. Einen ersten Kontakt gab es zwar früher schon mal, aber von dem Moment an, an dem es wirklich konkret wurde, waren die Verhandlungen nach zwei Wochen abgeschlossen. Ein erstes Gespräch hatte ich mit Rouven, dann bin ich noch nach Mainz gekommen, um auch mit Sandro Schwarz zu reden, weil es ihm wichtig ist, dass er Charaktere in der Mannschaft hat, die zusammenpassen. Ich glaube, ich konnte ihn mit meiner Art überzeugen. Gleichzeitig wollte ich mir auch ein Bild von ihm machen, seine Spielidee kennenlernen; deswegen war das auch von der Seite her sehr positiv.

Haben Sie Mainz 05 in der vorigen Saison übers Fernsehen regelmäßig verfolgt?

Nein. Wenn ich konnte, habe ich allgemein die Bundesliga verfolgt. Wenn es dein Ziel ist, irgendwo hinzukommen, guckst du dir das regelmäßig an, auch Mainz 05.

Hatten Sie mit anderen Leuten Rücksprache wegen eines möglichen Wechsels nach Mainz gehalten – zum Beispiel mit ihrem Mannschaftskollegen Christoph Moritz?

Mit Chris hatte ich schon über Mainz gequatscht, als er nach Kaiserslautern kam. Er hat mir damals schon erzählt, dass das ganze Umfeld sehr familiär ist und dass man sich dort sehr wohlfühlen kann. Als das bei mir konkret wurde, habe ich noch mal nachgefragt und nur positives Feedback erhalten.

Ist es richtig, dass Rapid Wien an Ihnen dran war?

Das stimmt.

Ihre Geburtsstadt.

Ja, auch wenn ich eigentlich Austrianer bin und zehn Jahre bei Austria Wien gespielt habe… Aber als Mainz kam, war Wien keine Option mehr.

Weil schönere Stadt? Bessere Liga? Oder angenehmeres gesellschaftspolitisches Klima als in Österreich, noch jedenfalls?

(lacht) Es ist schon so, dass die deutsche Bundesliga einen höheren Stellenwert im internationalen Fußball hat. Deswegen war es für mich keine große Überlegung, zurück nach Österreich zu gehen.

Österreich verlassen haben Sie als Jugendlicher…

…mit 16 Jahren bin ich zum VfB Stuttgart gegangen. Ich war dort drei Jahre im Internat und habe nach der Jugend noch drei Jahre bei den Amateuren gespielt.

Internat heißt, Sie haben dort auch Ihren Schulabschluss gemacht?

2013 habe ich mein Abi auf einem Wirtschaftsgymnasium gemacht. Das war auch meinen Eltern wichtig, als ich aus Wien weg bin, dass ich in jedem Fall den schulischen Aspekt nicht auf die Seite schiebe, sondern durchziehe. Ich bin auch froh darüber, dass es geklappt hat, auch wenn es nicht einfach war.

Haben Sie auch über eine Ausbildung oder ein Studium parallel zum Fußball nachgedacht – für den Fall, dass es mit der Profikarriere doch nicht funktioniert? An Freizeit mangelt es ja nicht unbedingt.

Meine Mutter wollte immer, dass ich Pilot werde, dafür hat die Zeit neben dem Fußball dann aber doch nicht gereicht. Aber es ist für ich immer noch ein Thema, dass ich mich, wenn ich mich eingelebt habe, umschaue, welche Möglichkeiten es zum Beispiel für ein Studium gibt. Es muss ja auch nach dem Fußball weitergehen.

Wie schätzen Sie die Mannschaft ein?

Ich habe vom ersten Training an gesehen, dass viel Qualität in der Mannschaft ist, dass sehr gute Fußballer dabei sind. Für mich war es eine Umstellung von der Intensität, den Spielformen und vom Tempo her aber ich habe mich inzwischen daran angepasst. Mit den neuen Leuten wurde noch mal viel Qualität geholt, und ich bin wirklich zuversichtlich, dass wir mit dieser Mannschaft viel erreichen können. Es ist eine gute Mischung aus jungen, talentierten und erfahrenen Spielern…

…wobei die Neuen alle sehr jung sind…

…alle so 22, 23…

…da sind Sie schon der Älteste.

Stimmt. Und es wird uns leichtgemacht, uns einzuleben. Ich habe mit Karim Onisiwo einen Landsmann im Team, der mir geholfen hat…

…liegen Sie auch auf demselben Zimmer, damit Sie sich verständigen können? So, wie Ridle Baku und Jean-Pierre Mateta, weil die sich in der kongolesischen Nationalsprache Lingála unterhalten können.

(lacht) Ja, mit den anderen ist schwierig. Wir haben auch eine eigene Sprache.

Wie unterscheidet sich die Trainingsintensität vergleichen mit den Anforderungen in der Zweiten Liga?

Das ist schon ein Unterschied. Im athletischen Bereich kommt eine Schippe drauf, und in den Spielformen ist eine viel höhere Aggressivität und Zweikampfbereitschaft zu sehen. Das ist der größte Unterschied zur Zweiten Liga, und dass jedes Training mit 100-prozentiger Intensität absolviert wird.

Wenn man im Internet recherchiert, stößt man bei Ihnen mal auf kenianische Wurzeln und mal auf Ruanda…

Ich weiß nicht, wie Ruanda in Umlauf kam, aber es hat sich hartnäckig gehalten. Mein Vater ist aus Kenia und meine Mama aus der Steiermark.

Haben Sie auch schon mal darüber nachgedacht, für Kenia Fußball zu spielen?

Nein, nie. Dafür sind die Verwurzelungen nicht stark genug. Ich habe die ganzen Jugendnationalmannschaften für Österreich durchlaufen, und ich fühle mich auch als Österreicher – es ist ein großer Traum von mir, irgendwann mal für die österreichische A-Nationalmannschaft zu spielen.

Da kann die Bundesliga hilfreich sein.

Genau. Erst mal hier Leistung bringen.

 

Das Gespräch führte Peter H. Eisenhuth.

 

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