Futsal | David Kulessa | 12.05.2022

Am Boden zerstört

Das war’s wohl: Die Mainzer Bundesliga-Futsaler haben nach dem 4:7 (3:1) gegen den FC St. Pauli nur noch eine theoretische Chance auf den Klassenverbleibt. Spielertrainer Christian Wölfelschneider gibt sich selbstkritisch.
Wie konnte das passieren? Nach einer 3:0-Führung gaben die Mainzer (v.l. Emil von Werthern, Timo Ernst und Lukas Manneck) das Spiel gegen den FC St. Pauli aus der Hand.
Wie konnte das passieren? Nach einer 3:0-Führung gaben die Mainzer (v.l. Emil von Werthern, Timo Ernst und Lukas Manneck) das Spiel gegen den FC St. Pauli aus der Hand. | Bernd Eßling
Damit sind die Chancen der Mainzer (r. Aziz Derrou), in der Bundesliga zu bleiben, auf ein Minimum gesunken.
Damit sind die Chancen der Mainzer (r. Aziz Derrou), in der Bundesliga zu bleiben, auf ein Minimum gesunken. | Bernd Eßling
Vor der Pause klar überlegen, ließen sich Shoma Ishitsuka in der zweiten Hälfte von der harten Gangart des FC St. Pauli beeindrucken.
Vor der Pause klar überlegen, ließen sich Shoma Ishitsuka in der zweiten Hälfte von der harten Gangart des FC St. Pauli beeindrucken. | Bernd Eßling
Spielertrainer Christian Wölfelschneider erklärte sich zum Hauptverantwortlichen für die Niederlage und den damit wohl verbundenen Abstieg.
Spielertrainer Christian Wölfelschneider erklärte sich zum Hauptverantwortlichen für die Niederlage und den damit wohl verbundenen Abstieg. | Bernd Eßling

Mainz. Wenn es eine Konstante gab in dieser Saison der TSG 1846 Mainz, dann war es der manchmal grenzenlos erscheinende Optimismus. Selbst nach der punktlosen Bundesliga-Rückrunde und dem Gang in die Relegation wurde niemand im Team müde, den festen Glauben an eine zweite Saison in der höchsten Spielklasse zu betonen. Monatelang konnte man den Eindruck bekommen, wenn nur alle fest genug daran glauben und es oft genug aussprechen, würden die Ergebnisse schon folgen und der Klassenverbleib gelingen. Damit ist jetzt Schluss.

„Das ist die bitterste Niederlage meiner sportlichen Laufbahn“, sagte Spielertrainer Christian Wölfelschneider einen Tag nach dem 4:7 (3:1) im Heimspiel gegen den FC St. Pauli, das aller Voraussicht nach den Mainzer Abstieg in die Regionalliga besiegelt hat. Dass die Hamburger am kommenden Samstag beim noch punktlosen Futsal Nova Club verlieren, scheint unvorstellbar. Bereits ein Unentschieden würde die Mainzer in die Regionalliga befördern.

„Schöne und tolle Kulisse“

Dabei hatte alles so gut angefangen. Vor rund 250 Zuschauern (Wölfelschneider: „eine richtig schöne und tolle Kulisse“) waren die Gastgeber nach einer chancenarmen, aber dominant geführten Anfangsphase in der neunten Minute in Führung gegangen. Wölfelschneider fand Timo Ernst mit einem langen Ball tief in der gegnerischen Hälfte, der Kapitän legte technisch anspruchsvoll quer auf Marcus Nungesser und der spielende Kotrainer verwandelte zum 1:0.

Zwei Freistöße von René Hook aus halbrechter Position bereiteten die Treffer zum 2:0 und 3:0 vor. Erst legte der österreichische Nationalspieler für Martin Rode auf, der mit einer Direktabnahme aus rund zwölf Metern sein viertes Tor in der Relegation erzielte (11.), dann bekam Timo Ernst den Ball in ähnlicher Lage. Der 30-jährige nahm den Ball mit einem Kontakt mit und schloss dann ins lange Eck ab (15.).

Von Härte beeindrucken lassen

„Das war eine der stärksten Halbzeiten, die wir in dieser Saison gespielt haben“, lobte Wölfelschneider sein Team trotz des Hamburger Treffers zum 1:3-Pausenstand (16.). „Wir hatten den Gegner komplett unter Kontrolle.“ Der wehrte sich jedoch spätestens in der zweiten Hälfte vor allem mit körperlicher Härte. Meist an der Grenze des Erlaubten, oftmals auch darüber hinaus. „Wir haben uns durch diese aggressive Gangart völlig aus dem Konzept bringen lassen“, sagte Wölfelschneider, der sich von den Unparteiischen zwar hin und wieder ein konsequenteres Eingreifen gewünscht hätte, die Verantwortung für den Einbruch aber dennoch im eigenen Team verortete.

Dass die Gäste nicht nur harte Zweikampfe führten, sondern auch noch sechs Treffer bejubelten, hatten sie vor allem Hischem Metidji zu verdanken, der vier außergewöhnlich schöne Tore erzielte. Beim 3:2 nahm der 22-jährige mit einer einfachen Körpertäuschung Hook und Wölfelschneider aus der Aktion, um einzuschieben.

Metidji herausragend

Vier Minuten und ein Hamburger Eigentor (22.) später drehte sich Metidji mit dem Rücken zum Tor und dem Ball am Fuß an der Strafraumgrenze um die eigene Achse, ließ Ernst und Jonathan Trost schlecht aussehen und traf zum 4:3. Beim Ausgleich täuschte er den Abschluss zunächst zweimal an, ließ damit erst Rode und dann Wölfelschneider aussteigen, bevor er ins leere Tor schoss.

Der schönste Treffer des Deutsch-Algeriers aber war der zum vorentscheidenden 4:6: ein gefühlvoller Chip aus sechs Metern ins lange Eck. Dass zu diesem Zeitpunkt Timo Ernst als fünfter Feldspieler das Tor hütete, machte die Aktion kaum weniger beeindruckend. Für das 4:5 und das 4:7 sorgte Youssef Sbou.

Ratlosigkeit im Team und beim Trainer

„Alle waren am Boden zerstört“, schilderte Christian Wölfelschneider den Eindruck, den er nach dem Abpfiff von seinem Team hatte. „Keiner konnte sich erklären, wie wir das Spiel aus der Hand gegeben haben.“ Auch er selbst schien darauf keine abschließende Antwort zu haben, betonte aber: „Ich als Trainer bin der Hauptverantwortliche.“ Die beiden trainingsfreien Tage wolle er nutzen, um sich selbstkritisch zu hinterfragen. Anschließend soll ein Gespräch mit der Mannschaft folgen.

Das wohl vorerst letzte Spiel als Futsal-Bundesligist werden die Mainzer an übernächsten Sonntag in eigener Halle gegen den Futsal bestreiten. Dass sie dann noch eine Chance auf den Klassenerhalt haben, glaubt niemand. So optimistisch sind sie nicht mal bei der TSG 1846 Mainz.

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