Bundesliga | Jörg Schneider | 13.03.2014

Es gibt nur einen Shinji Okazaki

Gibt es zwei Shinji Okazakis? Einen, der in der japanischen Nationalmannschaft mit beeindruckender Regelmäßigkeit seine Tore erzielt – und einen, der in der Bundesliga oft über längere Phasen hinweg Ladehemmung hat? Vor dem Auswärtsspiel des FSV Mainz 05 am Samstag (15.30 Uhr) bei der TSG Hoffenheim gibt es noch mehr Fragen.
Nach Spielen ohne eigenen Torerfolg ist Shinji Okazaki schon mal unzufrieden. Trainer Thomas Tuchel gefällt das.
Nach Spielen ohne eigenen Torerfolg ist Shinji Okazaki schon mal unzufrieden. Trainer Thomas Tuchel gefällt das. | Eva Willwacher

Mainz. „Nein“, sagt Thomas Tuchel. „Es gibt nur den Shinji Okazaki, der sich immer bis zum Letzten verausgabt, auf den wir uns zu 100 Prozent verlassen können, und der auch wieder für uns Tore schießen wird.“ Seit dem 2:1-Erfolg zum Rückrundenauftakt beim VfB Stuttgart wartet der Stürmer nun schon auf seinen zehnten Saisontreffer.

Seit sechs Spielen hat der Japaner zwar genügend Chancen, ist aber ohne Fortune im Abschluss. Es gefalle ihm dennoch, sagt der 05-Trainer, dass sein Torjäger sehr unzufrieden sei nach Auftritten ohne eigenen Treffer und dann von einem wenig gelungenen Nachmittag oder Abend spreche. „Diese Form von Egoismus gehört bei einem Angreifer dazu.“

Tuchel spricht deutsch, und Okazaki nickt

Okazaki ist jedoch nicht er einzige Mainzer Profi, bei dem es zu klemmen scheint. Den 05ern mangelte es zuletzt insgesamt an fehlender Effizienz. Wie beim 1:1 gegen Hertha BSC. Tuchel zeigt Okazaki immer wieder Videos, erklärt und versucht, den 24-Jährigen im Training wieder in Torlaune zu bringen. Vielleicht versteht ihn der Spieler einfach nicht. Spricht Tuchel japanisch? „Ich spreche mit Shinji deutsch, und er nickt. Noch habe ich keinen Zweifel, dass er mich versteht“, sagt der Coach.

Okazaki könne inzwischen ganz gut Deutsch, ohne ein „Labersack“ zu sein, schiebt der 40-Jährige lachend hinterher. Und da gebe es ja noch das Sprachenwunder: Betriebs-Dolmetscher Ja-Cheol Koo. „Der spricht alles. Englisch, deutsch, koreanisch und japanisch“, erklärt Tuchel, fügt aber hinzu: „Vielleicht tut er auch nur so.“

Gegner hat ein Defensivproblem

Die Stimmung ist gut am Bruchweg vor der Partie in Sinsheim. Nicht zuletzt, weil der komplette Kader eine überragende Trainingswoche absolviert habe. Und offenbar derart an der Chancenverwertung geschraubt hat, dass Tuchel nicht daran glauben mag, dass seine Mannschaft ein generelles Abschlussproblem haben.

Dem kommenden Gegner kann man dies mit Sicherheit nicht unterstellen. Die von Markus Gisdol trainierten Hoffenheimer haben eher ein gravierendes Defensivproblem. 52 Gegentore bisher. Nur der Hamburger SV hat noch eines mehr gefangen.

Das Torverhältnis des Gegners (52:52) spricht für sich. Das könnte der Ansatz für die Partie am Samstag sein: Die bärenstarke TSG-Offensive in den Griff kriegen und zustechen, wo es dem Gegner wehtut. In der Rückwärtsbewegung. Denn der Auftritt von Gisdols Profis wirkt hin und wieder sehr risikobelastet. „Das ist ein attraktiver Stil“, behauptet der 05-Trainer. „Wir müssen uns darauf einstellen, die hervorragende Offensive verteidigen, dann die Umschaltsituationen erkennen, aktiv erzwingen, und natürlich die Situationen besser ausspielen als zuletzt.“

Die 40-Punkte-Marke knacken

Was nicht reiche, so der Coach, sei eine Einstellung nach dem Motto: Bei einem Gegner mit 52 Gegentoren bekomme man schon genügend Chancen. Die 05-Profis müssten vielmehr ihre eigenen Lektionen lernen. Das Erzwingen von Fehlern bleibe die Aufgabe. Und dafür benötigen die Spieler alles, was sie zuletzt starkgemacht hat: Mentalität, Qualität, Tagesform, Lauf-, Sprint- und Einsatzbereitschaft sowieso. Die Dinge auf den Platz zu bringen, die das Team längst zu einem schwer zu schlagenden Gegner gemacht hat – was immerhin 17 Auswärtspunkte in zwölf Spielen belegen. „Wir spielen ja auch nicht gerade unattraktiv.“

Tuchel fordert von seinen Leuten ein ähnliches Leistungspaket wie auf Schalke oder in Leverkusen. Rund 1500 Anhänger haben sich im Vorverkauf bedient. Angesichts der relativen Nähe zu Mainz könnte sich die Zahl der Sinsheim-Fahrer noch erhöhen. „Unser aller Wunsch ist es, dort etwas zu bieten. Unsere Fans freuen sich ja auch auf einen interessanten Schlagabtausch.“ Möglichst mit dem besseren Ende für den Gast. Die 40-Punkte-Marke soll geknackt werden.

Tuchel weiß, wo Verbesserungspotenzial besteht. Der 05-Coach hat allerdings daneben jede Menge positive Verhaltensmuster registriert. „Die wollen wir in Hoffenheim wiedersehen, weil sie zu uns gehören, aber auch weil wir sie Woche für Woche brauchen.“

Der 25. Spieltag steht vor der Tür. Das heißt, das letzte Drittel der Bundesligarunde hat erst begonnen. „Das Ziel“, sagt Tuchel, „ist noch lange nicht erreicht.“

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