Martin & Pit | 14.06.14

Die Präsidentin darf im Amt bleiben. Vorerst.

An Gewohnheiten gewöhnt man sich.
Immer noch alles gut am Zuckerhut bei Peter Kropf und Martin Widmer
Immer noch alles gut am Zuckerhut bei Peter Kropf und Martin Widmer | Eva Willwacher
Sonderliche Euphorie herrschte in der Zumbi-Bar nach dem brasilianischen Auftaktsieg nicht. Und für ein Autokorso fehlen auf der Insel die Autos.
Sonderliche Euphorie herrschte in der Zumbi-Bar nach dem brasilianischen Auftaktsieg nicht. Und für ein Autokorso fehlen auf der Insel die Autos. | Peter Kropf
Der Beweis: Junia Widmer schnappte sich die Hälfte des Jackpots bei Tippspiel in der Bar.
Der Beweis: Junia Widmer schnappte sich die Hälfte des Jackpots bei Tippspiel in der Bar. | Peter Kropf
Im äußersten Notfall lässt es sich auf der Ilha de Boipeba auch ohne Fußball aushalten.
Im äußersten Notfall lässt es sich auf der Ilha de Boipeba auch ohne Fußball aushalten. | Peter Kropf
Auch die Bewohner der Ilha de Boipeba spielen Fußball. Allerdings nur bei Ebbe.
Auch die Bewohner der Ilha de Boipeba spielen Fußball. Allerdings nur bei Ebbe. | Peter Kropf

Für brasilianische Verhältnisse war es ein Kurztrip: Mit dem Bus haben wir uns von Ilheus wieder Richtung Norden aufgemacht – wo wir acht Stunden später mit dem Boot auf der Ilha de Boipeba gelandet sind. Die kleine Insel mit 2000 Seelen und gefühlt zwei Millionen Moskitos liegt vor der Küste Bahias auf halber Strecke nach Salvador.

Ein wirklich wundervoller Fleck Erde ohne Autoverkehr und fernab jeglichen Massentourismus‘. Lediglich einige kleine Pousadas (Pensionen) verteilen sich auf der Insel. Wer am frühen Morgen den Ruf des Hahnes verschläft, wird wenig später von der ersten knatternden Eselskarre geweckt. Außer uns sind die Belgier Wouter und Jeroen aus Gent wohl die einzigen Europäer hier. Mit den beiden haben wir das Eiland ein wenig erkundet. Fazit: Belgier sind sehr sympathisch (auch sie mögen die Holländer nicht), trinkfest („Auch ein Bier? Was anderes haben wir nicht“) und optimistisch (bleiben  volle sechs Wochen in Brasilien...).

Kurze Eiszeit weicht dem Trotz

Boipeba war denn auch unsere Location für den WM-Auftakt. Auch wenn hier die Uhren noch etwas langsamer laufen: Die Bars sind jetzt geschmückt, und pünktlich zum ersten Anstoß war die  Inselbevölkerung in gelb-grün gekleidet.

Die Eiszeit, die trotz 25 Grad nach dem kroatischen Führungstreffer in der Kneipe herrschte, wich rasch dem brasilianischen Trotz: „...scheiden wir halt in der Vorrunde aus, dann ist wenigstens die Präsidentin weg." Dennoch: Nach dem Ausgleich folgte erleichternder Jubel, die beiden Siegtreffer wurden mit relativer Gelassenheit zur Kenntnis genommen. Autokorsos sind aus oben genanntem Grund ohnehin nicht möglich; immerhin wurden alle Tore ordentlich beböllert. Auch wenn Dilma Rousseff zumindest vorerst im Amt bleiben wird...

Im Übrigen hatte das Spiel auch einen Sieger aus Deutschland: Martins Frau Junia hatte als eine von zwei Kneipenbesucherinnen  das 3:1 vorhergesagt und schnappte sich die Hälfte des Jackpots beim Bar-internen Tippspiel.

Erhobener Daumen als Gruß

Besser hätte unser WM-Auftakt überhaupt nicht verlaufen können mit den Einheimischen, die uns vom ersten Tag an ungeheuer freundlich, offen und mit großer Gastfreundschaft empfangen haben. Und auch an die hiesigen Gewohnheiten gewöhnt man sich. Gegrüßt wird in der Regel mit erhobenem Daumen („alles gut“) oder – seltener – mit dem lässigen Victory-Zeichen.

Mit der Lässigkeit vorbei ist es allerdings auf dem WC. Das Klopapier kommt in Brasilien nämlich in der Regel nicht ins Klo, sondern in einen bereitstehenden Eimer. Das verlangt mitunter basketballerische Fähigkeiten, in jedem Fall aber „högschde Konzentration“.

So schön und idyllisch und ruhig es auf der Ilha de Boipeba auch war: Es wird Zeit, sich auf den Weg nach Salvador zu machen. Dort wird es zwar lauter und hektischer sein, aber dafür spielt dort auch Deutschland gegen Portugal. Und spätestens dann wird’s richtig kribbeln.

Für unsere neuen belgischen Freunde geht's stattdessen nach Belo Horizonte zum Spiel gegen Algerien. Jeroen und Wouter werden das Land zwar erst nach der Weltmeisterschaft verlassen, sind aber realistisch genug, davon auszugehen, dass sie das Finale nur als interessierte Dritte sehen werden. Ihr Endspieltipp: Deutschland – Argentinien (das Ergebnis wird hier noch nicht verraten). Auch für die meisten Brasilianer steht zumindest das Halbfinale schon fest. Mit Argentinien, Spanien, (natürlich) Brasilien und Alemanha.

Von daher also weiter alles gut am Zuckerhut!

 

WM-Tagebuch , Teil 1: Das Klischee trifft nicht immer zu.

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