Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 21.11.2020

Der EM einen großen Schritt nähergekommen

Mit seinen überzeugenden ersten Einsätzen in der deutschen U-21-Nationalmannschaft ist Finn Dahmen ein Gewinner der zurückliegenden Länderspielwochen. Der zweite Torwart des FSV Mainz 05 könnte sich mit seinen Leistungen gegen Slowenien und Wales einen Vorsprung gegenüber den Konkurrenten Lennart Grill und Markus Schubert verschafft haben.
In der Bundesliga wartet Finn Dahmen noch auf seinen ersten Einsatz. In der deutschen U21 hat der Torwart gerade zwei überzeugende Auftritte hingelegt.
In der Bundesliga wartet Finn Dahmen noch auf seinen ersten Einsatz. In der deutschen U21 hat der Torwart gerade zwei überzeugende Auftritte hingelegt. | Archiv/Willwacher

Mainz. Am Sonntagnachmittag wird Finn Dahmen in Freiburg unter normalen Umständen auf der Bank sitzen. Der 22 Jahre alte Torhüter ist die Nummer zwei des FSV Mainz 05, und an Robin Zentner führt so schnell kein Weg vorbei. Dennoch gehört er zu den Gewinnern der Woche.

Denn Dahmen debütierte nicht nur in der deutschen U-21-Nationalmannschaft, sondern hielt bei seinem ersten Einsatz im Test gegen Slowenien, als er zur Halbzeit eingewechselt worden war, kurz vor Schluss einen Elfmeter und damit das 1:1 fest. Und im folgenden letzten EM-Qualifikationsspiel gegen Wales stand er von Beginn an zwischen den Pfosten; die DFB-Elf gewann mit 2:1 und wird im nächsten Jahr an der Europameisterschaft teilnehmen.

„Dass ich die zwei Spiele machen durfte, hat mir das Gefühl gegeben, auch bei der EM im Tor stehen zu können“, sagt Dahmen im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de. Dieses Ziel hat er sich gesetzt, nachdem er sich im Team von Bundestrainer Stefan Kuntz einen Schritt nach vorne gearbeitet hat. Bislang nämlich lautete die Frage, ob Markus Schubert oder Lennart Grill das Tor hüten, der Mainzer war der dritte Mann. Diesmal standen Grill und er im Aufgebot, und mit seinem eigenen Einsatz habe er nicht wirklich gerechnet, als er sich am vorvergangenen Sonntag auf den Weg zur DFB-Auswahl machte.

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Diese Chance will niemand verpassen

Umso größer war die Freude, als Kuntz vor dem Slowenien-Spiel ankündigte, in der Pause einen Wechsel vorzunehmen. Ein Geschenk des Trainers an den 05er war das nicht. „Ich glaube, dafür habe ich mich mit meinen Trainingsleistungen bei den vorherigen Maßnahmen qualifiziert“, sagt Dahmen. Mehr noch freute er sich darüber, gegen Wales über die vollen 90 Minuten ranzudürfen. Schließlich ging es, als die Begegnung angepfiffen wurde, noch um die EM-Teilnahme; die Deutschen mussten mindestens einen Punkt holen, um sich im Zweifelsfall als einer der fünf besten Gruppenzweiten zu qualifizieren.

Dass die Sache schon zur Pause entschieden sein würde, dass die DFB-Elf auch im Falle eine Niederlage durchgewesen wäre, weil in Gruppe vier Schottland in Griechenland verloren hatte, konnte niemand ahnen. „Es gibt mir ein gutes Gefühl, dass ich unabhängig vom Ausgang der anderen Partie spielen durfte“, sagt Dahmen. „Das zeigt, dass die Trainer mir vertrauen.“ Kuntz begründete den Schritt mit der starken Premiere des 05er, der damit „das Momentum auf seiner Seite“ gehabt habe.

Weil parallel zum deutschen Spiel Belgien, der einzige verbliebene Konkurrent um den Sieg in Gruppe neun, in Bosnien-Herzegowina unterlag, führen die DFB-Junioren die Abschlusstabelle mit fünf Punkten Vorsprung an. Das ist deutlich, gleichwohl sei vor er entscheidenden Begegnung ein gewisser Druck zu spüren gewesen. „Die EM im nächsten Jahr kann für viele die letzte in ihrer Karriere sein“, erläutert Finn Dahmen, „und eine solche Chance will man natürlich nicht verpassen.“

Auch Grill und Schubert in der Liga ohne Einsatz

Erst im März wird Stefan Kuntz seinen Kader wieder zusammenrufen – und dann geht es vom 24. bis 31. direkt in die Gruppenphase der in Ungarn und Slowenien ausgerichteten Europameisterschaft (die Finalrunde folgt vom 31. Mai bis 6. Juni). Testspiele wird es bis dahin nicht mehr geben, wer jetzt noch nicht genügend Pluspunkte beim Trainer gesammelt hatte, muss sie sich in der Bundesliga holen.

Für Dahmen, seit 2008 in Mainz und 69-mal für die U23 im Einsatz (ein Tor erzielt!)  ist das schwierig, doch dieses Problem teilt er mit seinen beiden Konkurrenten. Auch Grill und Schubert sind in dieser Runde ohne Einsatz. Schubert, nach Saisonbeginn von Schalke nach Frankfurt gewechselt, hat bei der Eintracht Kevin Trapp vor sich. Und der aus dem Mainzer Nachwuchsleistungszentrum hervorgegangene Grill, den es im Sommer vom Drittligisten 1.FC Kaiserslautern zu Bayer Leverkusen zog, muss dort hinter Lukas Hradecky und Niklas Lomb mit einem Tribünenplatz vorliebnehmen.

Sollte sich an der Situation der drei Keeper nichts ändern, könnte der Mainzer sich mit seinen jüngsten Auftritten einen Vorteil verschafft haben. Seine Hoffnung zumindest, bei der Nationalmannschaft einen guten Eindruck hinterlassen zu haben, ist Gewissheit.

Übers Training anbieten

„Als Spieler will ich natürlich spielen, das ist als Torwart in den jungen Jahren der Karriere nicht immer ganz so einfach“, sagt Dahmen. „Aber ich will mich über die Trainingsleistungen im Verein anbieten und irgendwann auch zum Einsatz kommen.“

Nicht ausschließen will er, im Frühjahr beim Trainer vorstellig zu werden, um in der U23 Spielpraxis zu sammeln – sofern die Regionalliga dann den Spielbetrieb wieder aufnimmt. Wobei das wegen Corona nicht ganz so einfach ist. „Nach einem Einsatz in der U23 müsste ich erst zweimal negativ getestet werden, um oben wieder einzusteigen. Aber wenn sie U23 an einem Tag, an dem wir mit den Profis nicht im Einsatz sind, ein Spiel auf gutem Niveau hat, kann ich mir vorstellen, da aufzulaufen.“

Mit 05 in schwieriger Situation

Jugendnationalmannschaften gibt es von der U15 an, Dahmen hat allen angehört. Anfangs sei er wahrscheinlich aufgeregter gewesen als heute, etwas Besonderes seien die Berufungen aber nach wie vor – und ihr Stellenwert sei heute höher als zu einer Zeit, in der „gefühlt jeder mal zur Nationalmannschaft durfte. Und wenn man die Möglichkeit hat, einen so tollen Moment miteinander zu teilen, macht es das noch ein Stück schöner“, sagt er mit Blick auf einen aktuellen und einen ehemaligen 05-Kollegen in der U21: „Mit Ridle Baku habe ich mein ganzes Leben lang zusammengespielt, mit Johnny Burkardt bin ich sehr, sehr gut befreundet.“

In der Bundesliga stehen die Erfolgserlebnisse in dieser Saison noch aus, sechs Niederlagen und ein Unentschieden nach sieben Spieltagen lassen den achten umso wichtiger erscheinen. „Uns ist allen bewusst, dass wir in einer schwierigen Situation sind und langsam an Punkte kommen müssen“, sagt Dahmen. „Dafür müssen wir das Trainingsniveau hochhalten und weiter an uns glauben. Wir haben die nötige Qualität, um die Klasse zu halten, die gilt es am Sonntag und in den nächsten Spielen auf den Platz zu bringen – dann bin ich sicher, dass wir die Punkte holen werden.“

Gratulation von Florian Müller

Im bisherigen Saisonverlauf habe die Mannschaft zu oft nicht ihre Leistungsgrenze erreicht. „Gegen Union Berlin und Augsburg, eigentlich zwei Gegner auf Augenhöhe, haben wir es nicht geschafft zu performen. Bessere Spiele haben wir gegen die vermeintlich stärkeren Mannschaften, Leverkusen und Gladbach gemacht, in denen sich aber die höhere individuelle Klasse des Gegners durchgesetzt hat.“ Und dennoch: Mit dem Trainerwechsel von Achim Beierlorzer zu Jan-Moritz Lichte sei das Team „noch mal ein Stück enger zusammengewachsen, und der unbedingte Wille, Spiele zu gewinnen, kommt noch stärker zum Vorschein“.

Diesen Willen in den ersten Saisonsieg umzumünzen soll am Sonntag gelingen – wenn auf der anderen Seite der Mann im Tor steht, dessen auf Leihbasis erfolgter Wechsel zum SC Freiburg in Mainz den Weg für Finn Dahmen als Nummer zwei freimachte: Florian Müller. „Wir schreiben uns ab und zu, er hat mir auch zum gehaltenen Elfmeter gratuliert“, erzählt Dahmen, „Robin und er tauschen sich wohl auch aus. Wir haben uns ja auch alle super verstanden.“

Seit Mitte September trennen Zentner/Dahmen von Müller rund 270 Kilometer. Daran wird sich bis Saisonende nichts ändern. In der Tabelle aber wollen die Mainzer ihrem langjährigen Mitstreiter am Sonntag um drei Punkte näherkommen.

 

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