Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 20.01.2018

Wer wird's?

Am Sonntag wählt der FSV Mainz 05 einen neuen ehrenamtlichen Vorsitzenden. Vier Kandidaten stehen noch zur Wahl. Für den Ausgang wird auch die Zahl der anwesenden Mitglieder eine Rolle spielen.
Diese vier Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden stellen sich am Sonntag der Mitgliederversammlung des FSV Mainz 05 (v.l.): Stefan Hofmann, Silvio Aita, Eva-Maria Federhenn, Jürgen Doetz.
Diese vier Kandidaten für das Amt des Vorsitzenden stellen sich am Sonntag der Mitgliederversammlung des FSV Mainz 05 (v.l.): Stefan Hofmann, Silvio Aita, Eva-Maria Federhenn, Jürgen Doetz. | Bernd Eßling / Montage: Guido Steinacker
Beweist Stehvermögen: Silvio Aita.
Beweist Stehvermögen: Silvio Aita. | Bernd Eßling
Will's noch einmal wissen: Jürgen Doetz.
Will's noch einmal wissen: Jürgen Doetz. | Bernd Eßling
Wurde vom Aufsichtsrat nominiert: Eva-Maria Federhenn.
Wurde vom Aufsichtsrat nominiert: Eva-Maria Federhenn. | Bernd Eßling
Versteht was von Fußball: Stefan Hofmann.
Versteht was von Fußball: Stefan Hofmann. | Bernd Eßling

Mainz. Vier Kandidaten sind übriggeblieben, drei von ihnen dürfen sich Hoffnungen machen, die Stichwahl zu erreichen, wenn die Mitgliederversammlung des FSV Mainz 05 am Sonntag einen neuen Vorsitzenden oder erstmals eine Vorsitzende wählt. Eine Wahlprognose abzugeben, ist schwierig. Letztlich wird der Ausgang wohl auch davon abhängen, wie viele Mitglieder sich um 11 Ihr in der Halle 45, der ehemaligen Phönixhalle, einfinden werden – und die Ausdauer besitzen, bis zur Entscheidung zu bleiben.

Es sind der Wahl ja auch noch einige Tagesordnungspunkte vorgeschaltet. Zum Beispiel die Vorstellung des neuen kaufmännischen Vorstands Jan Lehmann. Oder auch die Anträge auf Satzungsänderungen: Zum einen wird beantragt, das Stimmrecht bei Mitgliederversammlungen übertragen zu können. Zum anderen geht es darum, den Posten des Vorsitzenden vom Ehren- zum Hauptamt zu machen (siehe rechts: „Im Detail“).

Sollte sich die Zahl der abgegebenen Stimmen in etwa in der Größenordnung (oder darunter) der vorigen Vorsitzendenwahl bewegen, wird Eva-Maria Federhenn als Favoritin ins Rennen gehen. Die 50-Jährige kann sich wohl, wie im Juni Johannes Kaluza, auf ein Unterstützerlager verlassen, das fest hinter ihr stehen wird. Damals beteiligten sich noch rund 960 Mitglieder an der Stichwahl. Je größer die Zahl der anwesenden Stimmberechtigen am Sonntag sein wird, desto größer dürften Jürgen Doetz‘ und Stefan Hofmanns Chance sein, es an die Spitze zu schaffen.

Die vier Kandidaten im Überblick (die Links führen zu den ausführlichen Porträts auf SPORTAUSMAINZ.de):

 

Der Chancenlose: Silvio Aita

Man tritt Silvio Aita nicht zu nahe, wenn man seine Kandidatur als chancenlos bezeichnet. Der 40 Jahre alte Leiter der Buchhaltung eines Krifteler Automobilzulieferers schlug sich bei der Infoveranstaltung am vorigen Sonntag zwar deutlich besser als erwartet und hält seine Bewerbung im Unterschied zum zweiten großen Außenseiter der ursprünglichen Quintetts, Günter Neuser, bis zum Schluss aufrecht. Aber 27 Jahre lang Fan zu sein und außer ein paar Erstrundenpartien im DFB-Pokal keine Spiele verpasst zu haben, reicht noch nicht, um an der Spitze eines Vereins zu stehen.

Aita plädiert für eine andere Mitgliedsbeitragsstruktur, um zum Beispiel Auswärtsfahrern und Dauerkarteninhabern entgegenzukommen. Aus regelmäßigen zwanglosen Treffen mit Fans sollen Anstöße für Verbesserungen kommen. Und beim Thema Pyrotechnik strebt Aita eine ganz pragmatische Lösung vor: Eventuell lasse sich – in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr – eine Einigung dahingehend finden, dass illegales Abbrennen unterbleibe, dafür aber bei ein, zwei Spielen pro Saison legal gezündelt werden dürfe.

 

  • Vorteil: Stehvermögen.
  • Nachteil: Lassen wir das.
  • Auch nicht schlecht: Als ehemaliger Geschäftsführer verschiedener Gastronomiebetriebe könnte er das Catering in der Arena auf ein neues Niveau heben. Als Besitzer von Königspythons, Kornnattern und ähnlichen Getiers könnte er Sandro Schwarz zeigen, wie man sich aus dem Abstiegskampf herausschlängelt.

 

Der Altgediente: Jürgen Doetz

Seine Zeit in der Führung des FSV Mainz 05 schien Ende Juni abgelaufen – mit der verlorenen Stichwahl gegen Johannes Kaluza war eigentlich klar, dass der bisherige Vizepräsident Jürgen Doetz nach beinahe drei Jahrzehnten im Vorstand kein Amt mehr innerhalb des Vereins bekleiden würde. Eigentlich. Kaluzas Rücktritt im Dezember aber öffnete die Tür noch einmal.

Wer dachte, der 73-Jährige werde aus der damaligen Niederlage die Konsequenz ziehen, seine Verbundenheit zum Verein nur noch als Fan auszudrücken, sah sich getäuscht. Doetz geht die erneute Kandidatur vielmehr mit einer „Jetzt erst recht“-Haltung an. In der Hoffnung, dass die Mitglieder diesmal auf Erfahrung setzen und ihm seine langjährige Zugehörigkeit „zum alten Regime“, wie er es selbstironisch formuliert, nicht mehr verübelt.

„Keine Experimente“, mahnt Doetz, er dürfe aus Altersgründen ja ohnehin nur noch dieses eine Mal antreten (unter normalen Umständen jedenfalls), könne sich also mit ganzer Kraft dem Wohl des Klubs widmen, ohne frühzeitig auf eine Wiederwahl schielen zu müssen. Das sei bei den Gegenkandidaten anders, meint er, ohne es auszusprechen, wie er auch durchblicken lässt, dass er keinem der anderen zutraut, für den Fall einer Wahl ohne längere Einarbeitungszeit sofort handlungsfähig zu sein.

„Ich führe keinen Wahlkampf gegen einen der anderen Bewerber“, sagt Doetz auch. „Aber die Mitglieder müssen wissen, dass es um ihren Sitz im Vorstand geht, dass dort jemand sitzen soll der ihre Interessen vertritt.“ Nicht die des Aufsichtsrates könnte man hinzufügen.

 

  • Vorteil: Hat alle Zeit der Welt für dieses Ehrenamt.
  • Nachteil: Hat zu viel Zeit im früheren Vorstand verbracht.
  • Auch nicht schlecht: Kann auf die Unterstützung seines ehemaligen Gegenkandidaten Frank Röhr bauen, der immerhin bei einem großen Bauträger beschäftigt ist.

 

Die Aufsichtsrätin: Eva-Maria Federhenn

Niemand hat sich um die Handballabteilung des Vereins in den vergangenen mehr als zwei Jahrzehnten so große Verdienste erworben wie Eva-Maria Federhenn. Als Spielerin, Trainerin, Abteilungsleiterin war sie maßgeblich daran beteiligt, die Frauen in die Zweite Liga zu bringen und dort zu etablieren. Nicht zuletzt deshalb gelang der Juristin im Juni vorigen Jahres der Einzug in den ersten Aufsichtsrat des FSV Mainz 05.

Diesen Posten würde sie jetzt aufgeben – allerdings nur, falls die Mitgliederversammlung sie zur neuen Vereinsvorsitzenden wählt. In diesem Fall bliebe ihr freilich auch nichts anderes übrig. Dass die 50-Jährige keine klare Entweder-oder-Entscheidung trifft und sich die Option offenhält, weiter im Kontrollgremium zu arbeiten, sollte sie sich am Sonntag nicht durchsetzen, hat für manchen einen unschönen Beigeschmack. Genauso wie die Tatsache, dass sie als Kandidatin des Aufsichtsrates ins Rennen geht.

Ob sie und ihre Mitstreiter das nun beabsichtigen oder nicht: Auf diese Weise erwecken sie den Eindruck, dass der Aufsichtsrat um seinen Vorsitzenden Detlev Höhne nicht nur kontrollieren und beraten, sondern jemanden aus seinen Reihen im dreiköpfigen Vereinsvorstand zu platzieren, um im operativen Geschäft mitzuwirken.

Dass Federhenn die erste Frau an der Spitze eines Bundesligavereins wäre, mag für Boulevardmedien interessant sein. Am Sonntag darf dies kein Argument sein – weder in die eine noch in die andere Richtung. Weder qualifiziert noch disqualifiziert das Geschlecht einen Bewerber oder eine Bewerberin. Bei der Infoveranstaltung am vorigen Wochenende verzichtete Federhenn in ihrer Rede denn auch darauf, die Frauenkarte zu spielen.

Mit der Tatsache, von Fußball wenig zu verstehen, geht Federhenn offensiv um. Sie bewerbe sich schließlich nicht um das Amt des Trainers oder des Sportvorstandes.

 

  • Vorteil: Kann auf die Unterstützung des Aufsichtsrates, der Ultras und der Handballer bauen.
  • Nachteil: Hat ihren Ruf als „Höhnes Mädchen“ weg.
  • Auch nicht schlecht: Widerlegte bei der Infoveranstaltung den bei der letzten Mitgliederversammlung selbstverschuldeten Eindruck, keine Reden vortragen zu können.

 

Der Fußballexperte: Stefan Hofmann

Es mutet ein bisschen absurd an, dass sich einer, der als ausgewiesener Fußballfachmann gilt, sich dafür rechtfertigen muss, wenn er Vorsitzender des FSV Mainz 05 werden will. „Ich glaube nicht, dass es von Nachteil ist, wenn der Vorstand eines Fußballvereins über Fußballsachverstand verfügt“, sagt Stefan Hofmann.

Nachgewiesen hat der 54-Jährige seine Kenntnisse und Fähigkeiten in seinen zwölf Jahren als Bundesligatrainer der U17 und U19, insbesondere aber beim Aufbau des Nachwuchsleistungszentrums, das früher in drei Containern untergebracht war und inzwischen zu den renommiertesten NLZ in Deutschland gehört. In seiner Funktion als Sportlicher Leiter habe er gemeinsam mit Volker Kersting quasi einen „Verein im Kleinen“ vertreten, auch in den Gremien des Deutschen Fußball-Bundes.

So, wie er in dieser Zeit Dinge angeschoben und weiterentwickelt habe, wolle er es auch innerhalb des Gesamtvereins tun, kündigt Hofmann an. Als Teamplayer, frei von Machtansprüchen, wolle er mit allen anderen helfen, die zu Schaden gekommene Identität des Klubs zu erneuern.

Dem Fußballlehrer und Diplom-Verwaltungswirt ist bewusst, dass sein Job im Wissenschaftsministerium ihm weniger Zeit für das Amt des Vereinschefs lässt, als ein Jürgen Doetz aufbringen könnte. Aber: Die Satzung will es so, dass dieser Posten als Ehrenamt ausgeübt wird. Und in diesem Rahmen werde er alles tun, um Mainz 05 wieder in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen und für Geschlossenheit und Stabilität zu kämpfen.

 

  • Vorteil: Versteht was von Fußball.
  • Nachteil: Muss am Sonntag viel Überzeugungsarbeit leisten, weil er anders als Doetz und Federhenn nicht über eine ausgeprägte Hausmacht verfügt.
  • Auch nicht schlecht: Gilt als der einzige Kandidat, der alle Mitarbeiter des Vereins kennt, auch namentlich.

 

Der Verein wird diesmal die Ausgabe der Stimmgeräte strenger kontrollieren als bei der vorangegangenen Wahl. Wer am Sonntag in die Halle 45 kommt, muss deshalb nicht nur den Mitgliedsausweis mitbringen, sondern auch einen Lichtbildausweis.

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