Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 01.08.2018

Auch ohne Cup ein guter Test

TRAININGSLAGER IN BAD HÄRING (V): Im Spiel der 05er gegen West Ham United überwiegen eindeutig die positiven Aspekte. Zum Beispiel Kunde Malongs Debüt als Sechser, Niko Bungerts Leistung als Abwehrchef und das Sturmduo Robin Quaison/Jean-Philippe Mateta. Daran ändert das 6:7 im Elfmeterschießen nichts.
Da mochte Florian Müller noch so schön fliegen: Bei sieben Elfmetern von West Ham war er chancenlos.
Da mochte Florian Müller noch so schön fliegen: Bei sieben Elfmetern von West Ham war er chancenlos. | PeterH. Eisenhuth
Der schönste Mainzer Angriff in der ersten Halbzeit führte über Karim Onisiwo und Giulio Donati zu Ridle Baku, dessen Treffer aber aus Abseitsposition fiel.
Der schönste Mainzer Angriff in der ersten Halbzeit führte über Karim Onisiwo und Giulio Donati zu Ridle Baku, dessen Treffer aber aus Abseitsposition fiel. | Peter H. Eisenhuth
Der Österreicher Karim Onisiwo, vom Stadionsprecher als „Local Hero“ gefeiert, machte ein sehr ordentliches Spiel mit dem und gegen den Ball.
Der Österreicher Karim Onisiwo, vom Stadionsprecher als „Local Hero“ gefeiert, machte ein sehr ordentliches Spiel mit dem und gegen den Ball. | Peter H. Eisenhuth

Schwaz. Unter normalen Umständen, in einem normalen Testspiel, hätte sich der FSV Mainz 05 am Dienstagabend von West Ham United 1:1 (0:0) getrennt. Bei der Partie in der Silberstadt-Arena in Schwaz aber handelte es sich zwar eigentlich um einen üblichen Test während der Saisonvorbereitung – dann jedoch auch wieder nicht. Schließlich ging es um den „Betway-Cup“, benannt nach dem Hauptsponsor des Premier-League-Klubs, also musste die Begegnung einen Sieger finden. Im Elfmeterschießen, das sich an die 90 Minuten anschloss, unterlagen die Mainzer mit 6:7.

Sandro Schwarz amüsierte das Prozedere mit der flugs inszenierten Siegerehrung. „Ich hatte schon damit gerechnet, dass auch noch der wertvollste Spieler und der beste Jugendspieler gewählt werden“, sagte der 05-Trainer hinterher. An seiner grundsätzlichen Zufriedenheit mit der Leistung seiner Mannschaft änderte das nichts.

Anzeige

Inhalte umgesetzt

„Aus der Müdigkeit heraus war das ein gutes Testspiel“, sagte er, und das gegen einen Gegner, der nicht nur auf der Insel die Position hinter den Top sechs einnehmen will und entsprechend investiert hat, sondern der auch das Duell mit den Rheinhessen unbedingt gewinnen wollte. „Für eine englische Mannschaft waren die ungewöhnlich heiß“, merkte Rouven Schröder. „Normalerweise nehmen die Tests nicht so ernst.“

Was Schwarz freute, war zum einen die Umsetzung der jüngsten Trainingsinhalte, „vor allem, was die Arbeit gegen den Ball und die Abstände angeht“. Dies trug dazu bei, dass der Gegner in der ersten Halbzeit zwar ein Chancenplus hatte, dabei aber nur zu einer überschaubaren Zahl gefährlicher Abschlüsse kam. Falls doch, machte im Zweifelsfall Robin Zentner die Gelegenheit zunichte, wie in der 29. Minute, als er eine Direktabnahme aus sieben Metern mit einer blitzschnellen Reaktion übers Tor lenkte.

Zu wenige Umschaltangriffe vor der Pause

Was den 05ern vor der Pause nicht gelang, waren eigene Umschaltangriffe. „Den ersten und zweiten Pass haben wir gut rausgespielt, aber den letzten Sprint nicht mehr durchgezogen“, monierte Schwarz. Eine Ausnahme bildete die Szene in der 25. Minute, als Karim Onisiwo auf der rechten Seite Giulio Donati einsetzte, dessen Flanke Ridle Baku, der aus dem Zentrum an den Fünfmeterraum spurtete und vor Torwart Adrian an den Ball kam zu einem nicht gegebenen Treffer verwertete – der Mittelfeldspieler hatte knapp im Abseits gestanden.

Baku bildete im 4-3-3 des ersten Durchgangs die Mittelfeldreihe mit Kunde Malong auf der Sechs; er selbst und Alexandru Maxim (dessen Distanzschuss nach schöner Einzelleistung in der achten Minute die erste und vorletzte Mainzer Chance vor der Pause war). Beim 3:5 gegen den 1.FC Köln hatte Schwarz noch den jungen Mann aus dem eigenen Nachwuchs den defensiveren Part zwischen zwei offensiver ausgerichteten Nebenleuten übertragen, war vom Ergebnis aber nicht überzeugt.

„Ridle ist eher der Achter, er ist ein Box-to-Box-Spieler, der von seiner Dynamik lebt und es nicht gewohnt ist, mehr zu stehen und zu verteidigen“, erläuterte der Coach die Umstellung, die denn auch gut funktioniert. Offensivaktionen wie die beim Abseitstor gehören zu Bakus Stärken, die er als alleiniger Sechser nur eingeschränkt zur Geltung bringen kann.

Lob für Bungerts Auftritt

Kunde wiederum empfahl sich in seinem ersten ernstzunehmenden Testspiel für die zentrale Position mit einem nicht nur kämpferisch (das hatte man dem Neuzugang schon aufgrund seiner Physis zugetraut), sondern auch spielerisch sehr ansprechenden Auftritt. Mit viel Ruhe und Durchsetzungsvermögen erledigte er seinen Job mit einer Selbstverständlichkeit, als wäre er schon lange ein fester Bestandteil des Mainzer Defensivverbundes.

„Er will auch immer den Ball haben“, hob Schwarz lobend hervor, verlor bei aller Begeisterung aber auch nicht „den nächsten Entwicklungsschritt“ aus den Augen: „nach Balleroberungen noch schneller nach vorne zu spielen“.

Ein weiterer Aspekt der ersten Halbzeit beziehungsweise ersten Stunde war dem Coach eine besondere Einlassung wert: die Leistung Niko Bungerts. Der Kapitän, der sich während des ersten Trainingslagers in Venlo mit einem halbstündigen Einsatz gegen den KFC Uerdingen hatte begnügen müssen, lieferte am Dienstag eine Leistung ab, die angetan war, Bedenken wegen eines glückenden Comebacks zu zerstreuen.

„Niko hat den Laden zusammengehalten“, sagte Schwarz über seinen dienstältesten Innenverteidiger, zunächst neben dem in einigen Szenen etwas wackelnden Moussa Niakhaté, dann neben dem jungen Ahmed Gürleyen – der sich trotz ein, zwei Problemen mit dem schnellen Spiel der Engländer, i n den Zweikämpfen gegen deren Stürmer Marco Arnautovic behauptete.

Ujah bestärkt die Skepsis

Was die 05-Stürmer anging, so bestärkte Anthony Ujah die Skepsis, dass er die Mannschaft in der bevorstehenden Bundesligasaison voranbringen kann. Dem Nigerianer fehlte das Durchsetzungsvermögen schon aufgrund seiner mangelhaften Ballannahme, bekam er die Kugel flach in die Spitze geschickt, war er nicht in der Lage, sein Tempo ausreichend zu erhöhen.

Eine ganz andere Qualität bekam das Angriffsspiel in der letzten halben Stunde, als Robin Quaison und Jean-Philippe Mateta im 4-4-2 das Sturmduo bildeten. Das wirkte für die Kürze der Zeit, die der Franzose in Mainz ist, schon sehr harmonisch – und jetzt erhöhte sich auch die Abschlussgefahr.

Quaison glich den vermeidbaren Rückstand durch Martinez (Schwarz: „Wir hatten vorher angesprochen, dass West Ham mit Schnittstellenpässen vors Tor und an den zweiten Pfosten will“) zehn Minuten später aus (79.). Eine Flanke von Gaetan Bussmann nahm er mit dem Rücken zu Tor perfekt an, drehte sich um seinen Gegenspieler und schoss hoch ins kurze Eck.

Quaison vergibt Siegtreffer

Jonathan Burkardt wäre kurz darauf mit der Hacke beinahe der Führungstreffer gelungen, den Quaison selbst in der letzten Minute auf dem Fuß hatte. Auf dem Weg zum Eins-gegen-Eins mit Schlussmann Adrian verzögerte er das Tempo einen Tick zu sehr, sodass der nachsetzende Diop mit lange Bein klären konnte.

Das Elfmeterschießen begann mit zwei Fehlschüssen: Masuaku setzte den Ball an den Pfosten, Pablo De Blasis scheiterte an Adrian. Es folgten 13 Treffer – dann beendete Gaetan Bussmann den Abend mit einem Versuch deutlich übers Tor.

Alle Artikel von Fußball (Bundesliga)