Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 12.03.15

„So viele Hotdogs kann niemand essen“

Hartmut Schäfer, Präsident des Baseball-Bundesligisten Mainz Athletics, über Stellenwert und Potenzial der Sportart, Zuschauerzahlen und Finanzierung, Olympia und Nachwuchsförderung sowie die bevorstehende Saison.
Freut sich schon wieder auf die Barbecue-Atmosphäre: Hartmut Schäfer.
Freut sich schon wieder auf die Barbecue-Atmosphäre: Hartmut Schäfer. | Tanja Szidat

Mainz. Die ersten Testspiele sind absolviert, am 4. April wird's ernst: Dann empfangen die Mainz Athletics zum Auftakt der Bundesligasaison die Heidenheim Heideköpfe. SPORTAUSMAINZ.de sprach mit A's-Präsident Hartmut Schäfer unter anderem über die Ziele für die neue Runde, seine Hoffnung auf einen Zuschaueranstieg, Baseball als olympische Sportart und die Talentförderung am Hartmühlenweg. 

Herr Schäfer, die Mainz Athletics haben voriges Jahr ihr 25-jähriges Bestehen gefeiert…

…eigentlich wäre das schon 2013 der Fall gewesen, weil der Verein 1988 gegründet worden ist. Damals hatten sich im November ein paar Mann getroffen und die Gründung beschlossen. Angemeldet wurde der Verein aber erst im Sommer 1989, deshalb haben wir 2014 gefeiert.

Welchen Stellenwert hat sich Baseball in den vergangenen 25 Jahren in Mainz erarbeitet?

Ich glaube, in Mainz hat Baseball einen ganz guten Stellenwert. Bundesweit sind wir auch vorangekommen, aber, sagen wir mal so, die Sportart hat ein wesentlich größeres Potenzial, als sie derzeit ausschöpfen kann. Hauptproblem dabei ist die Infrastruktur: Wenn ich eine Sportart wie Tischtennis betreiben will, stelle ich eine Platte in eine Halle, und dann kann es losgehen. Für Baseball braucht man dagegen eine riesengroße Fläche, und wenn die Kommunen solche Flächen  nicht vorhalten, kann man halt kein Baseball spielen. Aus diesem Grund führt auch Polo ein Nischendasein (lacht).

Für Polo braucht man aber auch noch ein Pferd.

(lacht) Das kommt erschwerend hinzu. Die Amerikaner sind da ganz anders. Die hatten zwar traditionell mit Fußball nicht viel am Hut, aber wenn Nachfrage besteht, stellen sie die Plätze zur Verfügung. In jeder Stadt, in der es eine Universität gibt, gibt es automatisch auch Fußballplätze. Wenn es bei uns genauso wäre, hätte auch der Baseball ganz andere Entfaltungsmöglichkeiten.

In Mainz können Sie sich über die Infrastruktur nicht beklagen.

Wir haben eigentlich optimale Verhältnisse: Baseballplatz, Softballplatz, genug Gelände, um Übungen zu machen, die Schlagtunnelhalle und natürlich das Vereinsheim. Diese Kombination ist bundesweit fast einmalig – wenn ich mal Regensburg abziehe, wo die Verhältnisse ähnlich sind. Das ist unsere große Stärke.

Dann haben die Athletics das alte Gelände zum richtigen Zeitpunkt verkauft und…

..na ja, nicht ganz, das war ein bisschen komplizierter. Unser altes Gelände war im Flächennutzungsplan als Wohngelände vorgesehen. Als der Plan seinerzeit aufgestellt wurde, haben wir darauf hingewiesen, dass wir unsere Anlage dort haben. Und der Oberbürgermeister hat zugesichert, die Stadt werde für uns schon einen anderen Platz finden, wenn irgendwann tatsächlich mal die Wohnbebauung erfolge.

Das war damals noch Herman-Hartmut Weyel?

Jaja, der war es. So lange ist das schon her… Wir haben als Verein immer guten Kontakt zum politischen Bereich und zur Stadtverwaltung gehalten. Deshalb gibt es in Mainz sicher viele, denen Baseball kein Begriff ist, aber wenn man die Stadtoberen darauf anspricht, werden sie sofort sagen: Mainz Athletics – gute Jugendarbeit. Natürlich haben die Verantwortlichen auch mitgekriegt, dass der Verein immer weiter wächst und Erfolg hat – und das ist halt etwas andres, als wenn 20 Verrückte auf einem Platz herumlaufen und Bälle schlagen. Als es dann darum ging, dass das alte Gelände tatsächlich bebaut werden könnte, war es relativ schnell klar, dass man einen erfolgreichen Verein mit 300 Mitgliedern und intensiver Jugendarbeit, außerdem in einer damals noch olympischen Sportart, nicht so einfach wegdrücken kann. Auf der anderen Seite stand der städtische Haushalt – dazu brauche ich Ihnen ja sicher nichts zu erzählen.

Der verfügte schon damals nicht über die ganz großen Kapazitäten.

Richtig. Es war also so, dass wir kein Geld hatten und die Stadt kein Geld hatte, also musste ein Dritter ran. Deshalb hat die Stadtverwaltung auf die Stadtwerke eingewirkt. Das Gelände An der Sandflora gehörte dem Bund, und das neue Gelände gehörte auch dem Bund. Es gab dann den Deal, dass die Stadtwerke das alte Grundstück günstig vom Bund kaufen und teuer als Wohngelände verkaufen – und von dem Erlös bekommen die Baseballer eine neue Anlage am Hartmühlenweg  hingestellt. Der neue Platz, auf dem wir jetzt sind, hat ja keinen großen Grundstückswert, weil es ein Naturschutzgebiet ist. In ellenlangen Gesprächen wurde das Ganze dann unter Dach und Fach gebracht.

Ich nehme an, heute wäre ein solcher Deal nicht mehr möglich.

Schwierig. Das wäre damals schon nicht möglich gewesen, wenn es über den städtischen Haushalt gelaufen wäre. Ein solches Millionenprojekt im Haushalt, wenn nebenan beispielsweise ein Kindergarten gebaut werden müsste? Undenkbar. Für uns ist Baseball zwar sehr wichtig, und wir machen auch gute Arbeit, aber für viele andere hat unser Sport eine Bedeutung wie Qi-Gong oder Fasanenweitwurf, und dafür gibt man kein Geld aus. Wir hatten Glück, dass alles  gut eingeleitet war…

Wir finanzieren Sie die Anlage?

Wir haben das Gelände von den Stadtwerken gepachtet. Wir sind pachtfrei, aber wir komplett zuständig für alles, was die Wertung und Unterhaltung betrifft. Von Strom, Wasser, Abwasser, Gas, Versicherungen, wirklich von A bis Z liegen die vollen Kosten bei uns. Das ist für einen Verein wie uns schon eine Wahnsinnsbelastung. Nur mal angenommen, wir wären ein Fußballverein: Dann würden wir uns bei der Stadt melden, würden sagen, dass wir zwei Mannschaften haben, die trainieren und am Wochenende ihre Spiele austragen müssen. Und dann bekämen wir von der Stadt gemäß dem rheinland-pfälzischen Sportfördergesetz kostenfrei einen Platz zugewiesen und müssten uns um nichts mehr kümmern. Bei uns ist es anders. Wir haben zwar eine schöne Anlage bekommen, aber uns entstehen jedes Jahr enorme Kosten. Auf der anderen Seite gehört die Anlage dadurch uns, wir haben die volle Verfügungsgewalt, wir müssen uns nicht nach anderen richten und einschränken.

Und Sie haben durch das Vereinsheim ganz ordentliche Einnahmemöglichkeiten, oder?

Genau. Wir haben die Belastung, aber auch Möglichkeiten.

Legt der Verein unterm Strich drauf, oder können Sie die anfallenden Kosten durch die Gastronomie decken?

Wir sind in der Beziehung immer im leicht defizitären Bereich, aber wir halten uns über Wasser. Es kommt ja noch ein anderer Punkt hinzu: Wir sind ein sehr familiär geprägter Verein, wie machen viel im Nachwuchs, und wenn wir Geld haben, stecken wir es in die Nachwuchsarbeit. Dadurch bleibt fast nichts übrig, um ausländische Starspieler zu verpflichten. Es gibt auch Baseballvereine, die auf städtischen Anlagen spielen, die Geld haben und sechs, sieben Ausländer holen, während bei uns ein oder anderthalb Ausländer antreten und den Rest der Mannschaft aus dem eigenen Nachwuchs kommt.

Wir groß ist der Etat der A’s?

Etwa 250.000 Euro.

Für alles? Mannschaft, Nachwuchsarbeit, Unterhaltung der Anlage?

Genau. Tutto kompletto.

Stichwort ausländische Starspieler, von denen die A’s nicht so viele haben: War das ein Grund für das unterm Strich etwas enttäuschende Anschneiden in der vorigen Saison?

Das kann man so nicht direkt sagen. Wir betreiben eine so gute Nachwuchsarbeit, aus der auch gute Spieler resultieren, dass wir in der Bundesliga gut mithalten können. Was uns fehlt, ist ein kleines Quäntchen, durch das wir ganz vorne angreifen könnten. Voriges Jahr haben wie die Play-offs knapp verpasst…

…zum zweiten Mal in der Bundesligageschichte des Vereins…

…richtig. Aber es hat nicht viel gefehlt, ein, zwei Siege mehr, und wir hätten in den Play-offs gestanden.

Okay, „enttäuschend“ ist relativ und vom reinen Endergebnis her betrachtet. Und Ulli Wermuth hatte vor der Saison gesagt, er halte die Mannschaft für sehr gut und wolle im nächsten Jahr gerne auch mal europäisch spielen. Und davon war die Mannschaft dann ja doch noch ein Stück entfernt.

Der Ulli ist manchmal sehr optimistisch, wenn er seinen guten Tag hat (lacht), und manchmal holt ihn die Praxis dann ein bisschen ein.

Ist deshalb für die neue Saison Don Freeman aus den USA als zusätzlicher Coach gekommen?

Ich halte die beiden für eine sehr gute Kombination. Don Freeman hat jahrzehntelange Baseballerfahrung, er ist im positiven Sinne abgebrüht, auch wenn ein Spiel zu entgleiten droht, was beim Baseball innerhalb von Minuten passieren kann. Zum Vergleich: Wenn im Fußball eine Mannschaft 5:0 vorneliegt, passiert nichts mehr. Im Baseball kann ein Spiel dann noch in der letzten Minute 5:10 ausgehen.

Man muss mit dem Willen ins Spiel gehen, zu gewinnen, und man darf sich keine Unsicherheiten erlauben, weil die sofort ausgenutzt werden, und dann kann selbst bei deutlichen Führungen ein Spiel noch kippen. Wenn dann Unruhe aufkommt und der Trainer vielleicht auch noch ein bisschen hibbelig ist, kann sich das auf die Mannschaft übertragen. Da ist es nicht schlecht, wenn man einen Trainer dabei hat, der seit Jahrzehnten im Geschäft ist und der in solchen Situationen nur mit den Schultern zuckt und sagt: Wir haben schon ganz andere Spiele gewonnen. Das ist zwar keine Garantie, Spiele zu gewinnen, aber man gewinnt mehr Spiele. Bei Dons Verpflichtung kamen zwei Dinge zusammen: Er war in der vergangene Saison einige Wochen hier, und es hat sich in dieser Zeit ein sehr positives Verhältnis entwickelt. Sowohl die Spieler hatten ein Interesse, mit ihm etwas länger zu arbeiten, als auch Don Freeman hatte Interesse, wiederzukommen. Mainz gefiel ihm sehr gut, der Verein gefiel ihm auch, und er hat gesagt, wenn sich etwas finanziell darstellen lasse, wäre er stark  interessiert. Er hat das von sich aus sehr stark befördert, und wir sind froh, dass es geklappt hat.

Die Geschichte läuft auch in völligem Einklang mit Ulli Wermuth, alles andere hätte auch keinen Zweck. Man kann ja nicht zwei Trainer hinstellen, die sich gegenseitig bekriegen. Ulli hat große Talente, er sieht aber auch Punkte, an denen er nicht weiterkommt, und an diesem Punkten will er auch von Don Freemans Erfahrung profitieren.

Wir finanzieren Sie Don Freeman?

Teils über den Verein, teil über die Nachwuchs-Akademie…

…und die Akademie wird über die Major League Baseball finanziert?

Die Akademie bekommt Zuschüsse von der MLB, von den beiden Baseball-Landesverbänden Hessen und Rheinland-Pfalz, von den A’s. Im Prinzip ist nie viel Geld im Spiel; da müssen schon paar Akteure zusammen anpacken, damit man so etwas hinbekommt.

Für einen Trainer hat Ulli Wermuth in der vorigen Saison relativ häufig nach Niederlagen die Schuld  auf sich genommen, wegen falscher Wechsel oder falscher Taktik. Waren das Aussagen, um die Mannschaft zu schützen, oder hat er das tatsächlich so gesehen, in entscheidenden Momenten Fehler gemacht zu haben.

Das ist schwierig. Es gab ein paar Entscheidungen, bei denen ich mir auch gedacht habe, das wäre jetzt nicht nötig gewesen. Der Pitcher beispielsweise ist einer extremen Belastung ausgesetzt. Es gibt ein gewisses Maß, einem Daumenwert von Würfen pro Spiel, die man als losen Höchstwert betrachtet. Es gibt aber Vereine, die einen sehr guten Werfer haben, ihn aber unverantwortlich lange auf dem Feld lassen…

So wie es bei Jan-Niclas Stöcklin vor zwei Jahren in Mannheim der Fall war?

Zum Beispiel. Ulli ist aber ein Trainer, und das ist löblich, der seine Werfer nicht überbelasten will. Deswegen hat er Janni Stöcklin in der vorigen Saison drei oder viermal im siebten Inning herausgenommen – und dann machte es wupp, und das Spiel kippte. Der neue Mann musste sich ja erstmal einwerfen, kam vielleicht auch mit dem Druck nicht klar. Da kann man sich dann natürlich  fragen, ob man nicht besser Stöcklin auf dem Feld gelassen hätte, der bis dahin einige Strike-outs geworfen und keine Schwäche gezeigt hat. Ein, zwei Innings mehr hätten ihm wahrscheinlich nichts  ausgemacht, und das Spiel wäre womöglich nicht gekippt – und ein, zwei verlorene Spiele können am Ende einen Tabellenplatz ausmachen. Solche Momente waren es wahrscheinlich, in denen Ulli hinterher von eigenen Fehlern gesprochen hat.

Es klang insgesamt schon, als sei er ein sehr selbstkritischer Trainer, der eher die Schuld bei sich als bei anderen sucht. Manchmal konnte man beinahe den Eindruck gewinnen, er stoße gerade an seine Grenze.

Ein Optimum zu finden, ist immer schwierig. Es gibt Trainer, die haben überhaupt keine Selbstkritik, die laufen immer geradeaus, egal, wie die Situation ist. Ulli hat vielleicht zu viel, macht sich vielleicht zu viele Gedanken. In jedem Fall gehen wir davon aus, dass es uns helfen wird, wenn zwei Trainer da sind, die sich austauschen können.

Die Mannschaft ist auf einigen Positionen verändert worden. Ihr habt ein Toptalent verloren, Lucas Dickman, der nach Regensburg gewechselt ist…

…in der Hoffnung, sich auf diesem Weg für einen Profivertrag in den USA zu empfehlen.

Hat er das Zeug dazu?

Ganz bestimmt.

Warum ist es nicht möglich, solche Talente in Mainz zu halten?

Die Regensburger haben vor Jahren mit ihrem Internat angefangen, sie haben auch Unterstützung von der MLB bekommen und waren die einzige Institution in Deutschland, die ein solches Angebot gemacht hat. Sie haben ja auch schon etliche Erfolge gefeiert, was dann dazu geführt hat, dass so gut wie jedes Talent nach Regensburg gegangen ist. Für uns ist es ärgerlich, das Regensburg wie ein einsamer Schwamm bundesweit alles aufsaugt. Unsere RMBA, die Rhein-Main Baseball-Akademie, ist ja quasi eine Reaktion darauf, um Talente in Mainz zu halten. Wir wollen einen Gegenpol zu Regensburg bilden

Kooperieren die Athletics mit Schulen?

Mit mehreren. Mit der IGS gibt es natürlich eine besondere Zusammenarbeit, weil es eine sportbetonte Schule ist.

Hätten Sie auch die Möglichkeit, Schüler im Internat unterzubringen?

Ja, das haben wir auch schon gemacht. Die Grundstruktur steht, nur die finanzielle Ausstattung ist bei Weitem noch nicht so wie die in Regensburg…

…dann müssen Sie noch ein paar Hotdogs mehr verkaufen…

…so viel können unsere Besucher gar nicht essen.

In welchem Einzugsbereich halten die A’s Ausschau nach Talenten?

Wir haben ein zweigeteiltes Konzept. Zum einen ist die RMBA dafür da, lokalen Talenten die Möglichkeit zu bieten, sich weiterzuentwickeln. Das gilt für Spieler, die in einem Umkreis von 40, 50, vielleicht auch 60 Kilometern wohnen. Weiter weg geht nicht. Die Jugendlichen können ja nicht werktags zum Training anreisen, wenn sie dafür 200 Kilometer fahren müssen. Zum anderen gibt es Anfragen von Spielern aus ganz Deutschland, bei denen wir schauen, ob es passt und die dann einen Internatsplatz bekämen. Von diesen externen Spielern hatten wie bisher zwei, einer kam aus Berlin und der andere aus dem Saarland.

Haben die beiden auch den Sprung in die Erste Mannschaft geschafft?

Nein, die waren vorher in Mainz. Von den ganz jungen Spielern hat es Lucas Dickman in die Bundesliga geschafft und auch der erste Jugendliche, den wir an Regensburg verloren hatten…

…Julsan Kamara, der seit Sommer 2014 einen Profivertrag in den USA hat.

Genau. Der war ein nur paar Monate in Regensburg, da wurde er von den MLB-Scouts schon gesigned. Aber in dieser kurzen Zeit konnten ihm die Regensburger kaum mehr beigebracht haben als wir. Und das ist wirklich ärgerlich: Der Junge wurde in Mainz entdeckt, ausgebildet und aufgebaut, und am Ende bekommen die Regensburger das Geld aus den USA.

Kommen wir zur aktuellen Saison zurück. Sind Sie mit dem umgebauten Kader zufrieden?

Positiv ist schon mal, und das spricht für den Verein, dass aus den sämtlichen Mannschaften, auch aus dem Unterbau, kein Spieler aus Mainz weggegangen ist. Trotz vieler Anfragen von anderen Teams. Das heißt, wir haben keine Verluste zu beklagen, die Mannschaft steht und bleibt auch so bestehen und kann sich weiterentwickeln. Und von den Jüngeren wird mit Sicherheit noch der eine oder andere nach oben wachsen. Eine eingespielte Mannschaft verbessert sich von Jahr zu Jahr, während zusammengestoppelte Mannschaften oftmals das Problem haben, erst am Saisonende gut zu sein, weil sie eine Weile brauchen, bis sie eingespielt sind. Dass unsere Leute alle bleiben, ist ein Zeichen dafür, dass unser Konzept aufgeht, die Spieler fühlen sich hier sehr wohl. Das zeigt auch das Beispiel von Peter Johannessen, der für diesen Sommer noch einmal aus Schweden gekommen ist, weil ihm der Verein so ans Herz gewachsen ist. Zu unserem neuen Amerikaner Joel Johnson kann ich noch nicht viel sagen, aber wenn Don Freeman ihn geholt hat, können wir davon ausgehen, dass er ein guter Mann ist.

Was kostet ein US-Baseballer den Verein für eine Saison?

Wir können den Spielern nicht sehr viel anbieten. Wir bezahlen ihnen den Flug, sie bekommen eine Wohnung zur Verfügung gestellt und ein Handgeld von ein paar hundert Euro im Monat.

Und das lohnt sich für die Spieler?

Finanziell lohnt es sich eigentlich nicht. Aber wenn man mal davon absieht, dass der ein oder andere generell mal gerne eine Zeit in Europa verbringen möchte, gibt es in den USA unheimlich viele, die Baseball als Beruf betreiben wollen. Sie besuchen die Auswahlcamps in den USA oder anderen starken Profiligen wie in Japan. Aber natürlich kommen nur wenige durch. Das heißt, wenn bei uns die Saison beginnt, ist der weltweite Markt voll mit Spielern, die Talent besitzen, es aber nicht in eine der Profiligen geschafft haben, die aber so fixiert auf Baseball sind, dass sie keinen Plan B haben.

Wenn man so will, profitieren deutsche Vereine von der Hoffnungslosigkeit der Gescheiterten…

Na ja, wenn man es ganz hart ausdrücken wollte… Aber immerhin erhalten die betreffenden Spieler ja die Chance, zu spielen, statt eine Saison lang ihren Sport nicht ausüben zu können. Wir sind inzwischen so gut vernetzt in den USA, dass wir immer wieder Hinweise auf gute Spieler bekommen, die es nicht in eines des MLB-Teams geschafft haben, uns aber ganz sicher helfen können und auch gerne nach Europa wollen.

Und wenn ihr Glück habt, heiraten sie eine Deutsche und bleiben für immer…

(lacht) Ja, das war bei Mike Larson der Fall, aber das war schon eine Ausnahme. In jedem Fall aber haben die Spieler ein Dach über dem Kopf und verhungern nicht. Wenn sie zusätzlich als Trainer bei unseren Nachwuchsmannschaften arbeiten und ihre Erfahrungen an unsere Jugendlichen weitergeben, erhalten sie auch noch einen kleinen Zuschuss.

Falls Baseball doch wieder olympisch wird, würde dies die Arbeit der Vereine erleichtern?

Also in der deutschen Sportlandschaft ist es, vereinfacht ausgedrückt, so, dass man keine Leistungssportzuschüsse bekommt, wenn die Sportart nicht olympisch ist.

Mittlerweile werden selbst olympischen Sportarten die Zuschüsse gestrichen. Siehe Curling.

Ja, jetzt geht es da schon los. Als Baseball noch olympisch war, hat der Landesverband mehr Geld bekommen, auch die Mainz Athletics waren in der Förderung. Seit dem letzten olympischen Baseballturnier 2008 sind die Zuschüsse für den Landesverband deutlich zurückgegangen, und wir als Verein kriegen gar nichts mehr. Und wenn bei einer Sportart, die ohnehin kaum Geld hat, diese Förderung noch wegbricht, wird es eben sehr schwer.

2020 könnte Baseball wieder im olympischen Programm sein.

Ich hoffe, dass diese Entscheidung im Sommer fällt. Das Internationale Olympische Komitee hat ja beschlossen, dass die jeweiligen Ausrichter der Spiele das Recht haben, Sportarten vorzuschlagen, die dann ins Programm integriert werden. Und da Tokio 2020 die Spiele austrägt und die Japaner unbedingt Baseball und Softball haben wollen, haben wir gute Chancen, mit Baseball wieder dabei zu sein.

Und wenn Baseball dann im Programm wäre, bliebe es auch dabei?

Leider gibt es einen kleinen Haken: Die Teilnahme bezieht sich nur auf die jeweiligen Spiele. In diesem Fall gäbe es allerdings Hoffnung, falls Boston den Zuschlag für 2024 bekäme. Grundsätzlich kann ich aber nicht nachvollziehen, dass eine Sportart, die weltweit von so vielen Menschen betrieben wird, nicht fester Bestandteil bei Olympia ist. Es gibt genügend andere Sportarten, bei denen man über die olympische Existenzberechtigung diskutieren könnte. Zum Beispiel Segeln, wo es letztlich auch darauf ankommt, wer das meiste Geld hat, um die besten Boote bauen zu können.

Zurück an den Hartmühlenweg: Ihr habt für die nächste Saison eine Mannschaft zurückgezogen

Ja, wir spielen keine Regionalliga mehr. Wir hatten vorige Saison schon nicht genügend Spieler für alle Mannschaften. Über die Erste Bundesliga muss man nicht diskutieren, die Zweite Bundesliga ist der Vorhof, über den Spieler in die Erste Mannschaft kommen können. Die Verbandsligamannschaft will auch leistungsmäßig spielen, aber nicht auf dem hohen Niveau. Um dann auch die Regionalliga zu bestücken, mussten wir viel mit Springern arbeiten, aber wir haben nicht gesehen, dass uns ein Regionalligateam wahnsinnige Vorteile brächte. Deshalb haben wir gesagt, wir kappen diese Mannschaft, das macht es uns auch organisatorisch leichter. Die Lücke, die dadurch entsteht, ist nicht gravierend. Uns war es wichtig, dass jeder, der spielen will, auch spielen kann.

Wie ist der Zulauf von jungen Leuten? Macht der Hoffnung auf die Zukunft?

Es gibt manchmal eine leichte Wellenbewegung, aber im Großen und Ganzen ist der Zulauf konstant.

Woher kommen die Jugendlichen?

Teilweise aus den Arbeitsgemeinschaften, die wir in den Schulen anbieten, teilweise aus dem Freundeskreis unserer Spieler. Aber auch von außen, zum Beispiel Amerikaner, die ins Rhein-Main-Gebiet kommen und erfahren, dass es in Mainz einen guten Baseballverein gibt.

Die Mainz Athletics sind nach dem FSV Mainz 05 und den Ringern des ASV Mainz 88 der Verein mit dem höchsten Zuschaueraufkommen. Sind Sie zufrieden, oder könnten es mehr sein?

Ja, es könnten mehr sein. Wir hatten direkt nach der Eröffnung unserer Anlage einen sehr starken Zulauf an Zuschauern gehabt, das ist ja immer so, wenn es etwas Neues zu sehen gibt. Anschließend gab es einen kleinen Rückgang, der zwar nicht dramatisch war, aber wir wollen etwas dafür tun, die Zahl der Zuschauer wieder nach oben zu bringen. Ideal wäre dafür natürlich, wenn die Spiele erfolgreich verliefen…

…das ist selbst bei den 05ern nicht anders…

2014 hatten wir allerdings auch eine unheimlich kurze Saison. Weil anschließend die Europameisterschaft war, wurde die Saison in fünf Monate zusammengepresst, was dazu geführt hat, dass die Spiele oftmals dicht aufeinanderfolgten. Das tut dem Ansturm der Zuschauer auch nicht gut. Dieses Jahr ist die Saison aber wieder länger, der Spielplan ist nicht mehr so geknüllt. Im September werden auf unserem Platz auch die Deutschen Meisterschaften der Junioren; das ist mit Sicherheit auch ein Highlight für die Fans. Es ist mit den Zuschauern immer so eine Sache. Ich habe in den 15 Jahren, die ich jetzt im Geschäft bin, schon viel erlebt.

Das Baseball-Publikum ist aber ohnehin sehr speziell, oder? Man muss doch schon hart drauf sein, wenn man zum Doubleheader mittags um eins ins Stadion geht und abends um acht wieder daheim ist – wenn es gut läuft.

Spezieller schon als in vielen anderen Sportarten. Wir haben unser Stammpublikum, das eigentlich immer da ist…

…selbst wenn 05 parallel spielt?

Selbst dann. Deshalb müssen wir auch keinen totalen Absturz bei den Besucherzahlen befürchten. Ich kenne Leute, die kamen zwei-, dreimal zu unseren Spielen, aber denen hat der Sport nichts gesagt. Andere sind wahnsinnig begeistert. Die Begeisterung kommt erst, nachdem man sich das ein einige Male angeschaut hat und sich ein bisschen mit den Regeln auskennt. Diese Hürde muss man überwinden. Vielen von denen, die begeistert sind, gefällt eben die Grundidee des Baseballs sehr gut. Beim Fußball ist es ein 90-minütiges Hin und Her, beim Baseball unterhält man sich auch mal über den Urlaub oder andere Dinge, da guckt man nicht permanent aufs Spielfeld – bis ein Raunen durchs Stadion geht, weil irgendetwas passiert. In der heutigen Zeit, wo alles getaktet ist, ist das eine etwas andere Lebensart. Man geht zum Baseball nicht nur wegen des Spiels, sondern auch um Freunde zu treffen, sich über Gott und die Welt zu unterhalten oder weiß der Teufel was. Das ist eine sehr entspannte Barbecue-Atmosphäre.

Wie sind Sie zum Baseball gekommen?

Mein Sohn hat angefangen zu spielen, er wurde vom Nachbarsjungen mitgenommen, und als Vater fährt man eben die Kinder zum Baseball und zurück. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich nicht ein wenig helfen möchte – und ehe man sich versieht, ist man mittendrin.

Das Gespräch führte Peter H. Eisenhuth.

 

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