Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 11.02.16

Eher „Highway to hell“ als „Stairway to heaven“

Von Peter H. Eisenhuth
Hätte besser die Füße stillgehalten: Harald Strutz.
Hätte besser die Füße stillgehalten: Harald Strutz. | Eva Willwacher

Mainz. Sagen wir mal so: Die Formulierung „permanente juristische Beratung“ ist genial gewählt. Sie suggeriert, dass Harald Strutz neben seinem Ehrenamt als Präsident des FSV Mainz 05 und diversen anderen Tätigkeiten auch noch im 24-stündigen Dauereinsatz als Rechtsbeistand seines Klubs ist. Und dafür sind dann 14.000 Euro Monatshonorar wirklich nicht zu viel, auch nicht als Draufgabe zu den 9000 Euro monatlicher Aufwandsentschädigung. Macht am Jahresende rund 300.000 Euro, die der Bundesligist seinem Mann an der Spitze überweist.

Man kann das für angemessen erachten, wie es die vom FSV Mainz 05 mit der Prüfung beauftragte Frankfurter Wirtschaftskanzlei TaylorWessing offenbar in ihrem Kurzgutachten tut. Man muss auch nicht unbedingt der Meinung sein, Strutz müsse über die Tätigkeiten hinaus, die ihm das Präsidentenamt ohnehin schon für einen nicht mal vierstelligen Betrag aufbürdet, seinen juristischen Sachverstand unentgeltlich zur Verfügung stellen.

Wie viele Stunden hat der Tag?

Man könnte aber die Frage stellen, in welchen Fällen der Rechtsberater Strutz tätig wird. Gibt er seinem Noch-Manager Christian Heidel Tipps bei der Abwicklung von Transfergeschäften oder der Ausgestaltung von Spielerverträgen? Wie viel Zeit wendet er tatsächlich für seine Beratungstätigkeit auf? Wie viel Zeit bleibt dafür überhaupt neben den anderen ganz nett dotierten Ehrenämtern als Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes und der Deutschen Fußball-Liga? Und wenn Strutz obendrein als Justiziar des Landessportbundes für seine halbe Stelle nicht nur bezahlt wird, sondern den Job auch ausfüllt – wie viele Stunden hat sein Tag dann?

Mag sein, dass alle finanziellen Zuwendungen, die Strutz in den vergangenen Jahren am Bruchweg erhielt, juristisch einwandfrei waren. So, wie die 2000 Euro monatlicher Aufwandsentschädigung für jedes weitere Vorstandsmitglied. TaylorWessing kommt laut Vereinsmitteilung zu diesem Ergebnis. Gleichwohl ist die Vorstellung originell, wie sich die Mitglieder des Gremiums reihum ihre „Gehälter“ genehmigen. Stets bei Enthaltung des Betroffenen, versteht sich.

Was hängenbleibt ist der Eindruck, dass an der Spitze des Klubs ein Mann sitzt, der wie sein Freund, der ehemalige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, vom Stamme Nimm ist. Da bedarf es kaum noch der Wasserkisten des 05-Sponsors, die Strutz nach Lieferung schon mal ins eigene Auto lädt, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.

Zu Höherem berufen?

Die originelle Pointe: All dies wäre wahrscheinlich nie thematisiert worden, hätte Strutz sich nicht zu Höherem berufen gefühlt, als sich Christian Heidels Wechsel zum FC Schalke abzuzeichnen begann. Hätte der Verein einfach einen neuen Manager eingestellt und Strutz ansonsten die Füße stillgehalten, wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, das Honorargefüge zu hinterfragen. Vielleicht hätten die Vorstandskollegen bei Gelegenheit als Inflationsausgleich auch noch einem Tausender mehr zugestimmt. Erst die Idee, sich selbst an der Spitze eines dreiköpfigen Führungsgremiums installieren zu lassen – dann aber auch endlich für eine angemessene Bezahlung –, brachte den Stein ins Rollen.

Eitelkeit, auch grenzenlose, ist nicht verwerflich, höchstens albern. Woher aber Harald Strutz die Chuzpe nimmt, sich selbst die Kompetenz für eine solche Aufgabe zuzuschreiben, erschließt sich wahrscheinlich nur ihm selbst und vielleicht dem ein oder anderen seiner altgedienten Vorstandskollegen – die dann womöglich als Aufsichtsrat fungieren sollen. Bei so viel Folklore würde der Weg des Karnevalsvereins nicht nur kein leichter sein, sondern schnurstracks nach Waterloo führen.

Heidel will nicht als Königsmörder dastehen

Christian Heidel („Ich würde nie irgendetwas tun, was diesem Verein schadet“) will ein solches Konstrukt nicht. Dass der Manager in den vergangenen Monaten des Öfteren versicherte, Mainz 05 nicht zu verlassen, bevor seine Nachfolge geregelt sei, meinte eben nicht, Harald Strutz solle der starke Mann werden. Öffentlich äußert Heidel sich zu dieser Personalie nicht. Als Königsmörder mag er nicht dastehen. Und außerdem hatte er ja versprochen, geordnete Verhältnisse zu hinterlassen…

Spannend wird sein, wie Harald Strutz aus der Nummer hervorgeht. Ob er letztlich als Raffzahn dasteht, oder ob er tatsächlich glaubwürdig vermitteln kann, die 300.000 Euro, die er jährlich vom Verein erhält, auch zu verdienen. Er könnte auch auf Zeit spielen, die nächste Mitgliederversammlung wird erst im Herbst stattfinden; es sei denn, eine ausreichend große Zahl von Mitgliedern beantragt eine außerordentliche Zusammenkunft.

„Ich bin ein Rock’n’Roller“, lautete vor ein paar Jahren die Überschrift eines FAZ-Interviews mit Harald Strutz, dem Hobbysänger. Das „Highway to hell“, das er als Frontmann seiner Band kreischte, war nahe am Original von AC/DC. Momentan scheint er sich eher auf diesem Weg zu befinden als auf dem „Stairway to heaven“.

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