Gert Adolphi | 06.05.14

Ein Leben lang topfit

50 Sportabzeichen in 50 Jahren? Für Friedrich Schwamb kein Problem. Der Mainzer ist ein Naturtalent und hat auch mit 90 noch ehrgeizige Ziele.
Mit 90 Jahren kein bisschen sportmüde: Friedrich Schwamb (links) holte sich beim Sportbund-Präsident Magnus Schneider sein 50. Sportabzeichen ab.
Mit 90 Jahren kein bisschen sportmüde: Friedrich Schwamb (links) holte sich beim Sportbund-Präsident Magnus Schneider sein 50. Sportabzeichen ab. | Gert Adolphi

Mainz. Morgen? Friedrich Schwamb muss kurz nachdenken. „Morgen ist Dienstag“, sagt der 90-Jährige. „Da spiele ich erst einmal zwei Stunden Tennis.“ Topfit ist der gebürtige Mainzer, der mit seiner Frau im Bretzenheimer Südring lebt. Am Montag wurde Schwamb in der Lotto-Loge der Coface-Arena vom Sportbund Rheinhessen ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr erfüllte der Senior zum 50. Mal die Bedingungen für das Deutsche Sportabzeichen.

Schwamb ist Naturtalent und Spätstarter zugleich. In seiner Jugend hatte er keine Zeit für den Sport. Er hatte gerade seine Lehre als Bau- und Kunstschlosser abgeschlossen, freute sich auf eine bessere Bezahlung als Geselle, als er zur Wehrmacht eingezogen wurde und in den Krieg musste. Nach dreimonatiger Kriegsgefangenschaft bei den Amerikanern kehrte Schwamb nach Mainz zurück, fand auf der Ingelheimer Aue wieder eine Anstellung in seinem Beruf und half in seiner Freizeit zudem noch, die Trümmer zu beseitigen und seine Heimatstadt neu aufzubauen. 60 bis 70 Arbeitsstunden kamen so pro Woche zusammen. Körperliche Betätigung hatte Schwamb also genug.

Auf Anhieb alle Normen erfüllt

„Als ich 40 Jahre war, wurde gerade Werbung für das Sportabzeichen gemacht“, erzählt der Jubilar. „Ich habe mich an der Uni angemeldet und bis auf das Schwimmen alle Übungen an einem Tag gemacht. Ich hatte bis dahin noch nie einen Sprint gemacht, noch nie eine Kugel in der Hand gehalten und bin noch nie weitgesprungen.“ Trotzdem erfüllte Schwamb auf Anhieb alle Normen. Seitdem erwarb der heute 90-Jährige das Deutsche Sportabzeichen ohne Pause in jedem Jahr.

Es blieb nicht bei dieser sportlichen Vielseitigkeitsprüfung. Ein Freund fragte an, ob er nicht Lust habe, bei den Alten Herren von Mainz 05 Fußball zu spielen. Dort herrschte gerade Personalmangel. Schwamb, der – man kann es ahnen – zuvor auch noch nie in einer regulären Mannschaft gekickt hatte, willigte ein und trat elf Jahre lang für die 05er gegen den Ball. Den Spielerpass, sauber in einer durchsichtigen Plastikhülle verpackt, hat Schwamb zur Ehrung mitgebracht.

67 000 Kilometer auf dem Rad

Als die Antrittsschnelligkeit für den Fußball nicht mehr ausreichte, sattelte Schwamb auf Tennis um. Zunächst spielte der Mainzer nur zum Spaß und ohne Vereinszugehörigkeit. Dann trat er für die DJK BSC Mainz in verschiedenen Altersklassen zu Punktspielen an. „Für die Medenrunde bin ich jetzt zu alt“, sagt Schwamb. „Vielleicht müsste ich mich mal umhören unter Altersgenossen. Dann gründen wir eine 90er-Gruppe.“ Eine weitere Leidenschaft entdeckte der Senior im Radfahren. Noch heute startet Schwamb drei-, viermal im Jahr bei Volksrad-Veranstaltungen. „Seitdem ich Rentner bin, bin ich schon 67 000 Kilometer gefahren“, sagt der Jubilar. „Ich fahre mehr mit dem Fahrrad als mit dem Auto.“ Womit auch geklärt wäre, dass der 90-Jährige seinen Führerschein noch nicht zurückgegeben hat.

Bei 50 Abzeichen soll es nicht bleiben

Im Vorjahr fuhr Schwamb für das Sportabzeichen mit dem Rad die 20 Kilometer in etwa 60 Minuten. Für den Radsprint über 200 Meter mit fliegendem Start benötigte er 21,7 Sekunden. Den Schleuderball warf er auf rund 20 Meter. Im Weitsprung aus dem Stand kam er auf 1,40 Meter. „Früher habe ich 2,10 Meter geschafft“, sagt Schwamb. „Die Weiten gehen Jahr für Jahr zurück.“ Auf 50 Sportabzeichen will sich der Mainzer nicht ausruhen. Auch 2014 wird er wieder versuchen, die Normen zu erfüllen. „Der Kopf will“, sagt der 90-Jährige. „Ob der Körper will, weiß ich nicht.“

Magnus Schneider, der Präsident des Rheinhessischen Sportbunds, übergab Schwamb nicht nur die Urkunde und die obligate Sportabzeichennadel, sondern versprach ihm noch ein weiteres Geschenk. Der Mainzer wird noch einmal in die Lotto-Loge eingeladen, aber nicht, wenn nur die Rasensprenger in der Coface-Arena aktiv sind, sondern wenn die 05er um Bundesliga-Punkte spielen. „Mir wäre das Spiel gegen Bayern München am liebsten“, sagt Schwamb. Er kennt die Atmosphäre im Mainzer Fußball-Tempel und hat sich schon einige Spiele der 05er angesehen. Allerdings immer von einem Sitzplatz aus. „Drei Stunden stehen ist mit 90 Jahren schlecht“, sagt Schwamb.

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