Oberliga | Guido Steinacker | 11.01.2018

Mit Respekt an die Aufgabe herangehen

Lange hat Handball-Oberligist Sportfreunde Budenheim nicht gebraucht, um die Nachfolge für Trainer Thomas Gölzenleuchter zu regeln, der den Verein nach der laufenden Runde verlassen will. Die interne Lösung soll es bringen: Der Spielertrainer der Rheinhessenligamannschaft, Volker Schuster (31), rückt nach. Über seine ambitionierten Ziele spricht er im Interview mit SPORTAUSMAINZ.de.
Volker Schuster ist seit mehr als zehn Jahren bei den Sportfreunden Budenheim aktiv und hatte bereits als Jugendlicher erste Traineraufgaben übernommen. Nahezu logisch, dass der Verein es nun mit dem 31-Jährigen als Chefcoach der Oberligamannschaft versuchen will.
Volker Schuster ist seit mehr als zehn Jahren bei den Sportfreunden Budenheim aktiv und hatte bereits als Jugendlicher erste Traineraufgaben übernommen. Nahezu logisch, dass der Verein es nun mit dem 31-Jährigen als Chefcoach der Oberligamannschaft versuchen will. | Bernd Eßling

Herr Schuster, die Entscheidung, dass Sie die Nachfolge von Trainer Thomas Gölzenleuchter antreten werden, darf man getrost als naheliegend bezeichnen. War das nicht schon eine Überlegung, als sich der Verein vor zwei Jahren von Axel Schneider getrennt hat?

Für diese Überlegung gab es vor zwei Jahren keinen Raum und mit dem Verein lediglich Tür-und Angelgespräche, nichts Konkretes. Denn damals stand bei uns gerade der Hausbau an und das zweite Kind kam, daher war das schon aus familiären Gründen einfach nicht denkbar. Jetzt sieht es doch etwas anders aus.

Der Verein konnte Sie auch diesmal kaum als Option außen vorlassen…

Ich hatte schon, bevor Thomas seine Entscheidung bekanntgab, für mich selbst überlegt, dass ich nach vier Jahren mit der Rheinhessenligamannschaft mal etwas anderes machen könnte. Das hätte auch in einem anderen Verein stattfinden können, aber es wäre mir sicher schwer gefallen, Budenheim nach all den Jahren zu verlassen. Die Sportfreunde, kann ich sagen, sind für mich zu meinem zweiten Heimatverein geworden.

Sie sind nicht erst mit der Rheinhessenligamannschaft in die Trainerarbeit eingestiegen, wie war Ihr Weg ins Übungsleiterdasein?

Ich habe in meinem Heimatverein HSG Kahl/Kleinostheim schon seit ich 16 Jahre alt war Mannschaften trainiert, und nach dem Abitur im Jahr 2006 bei der HSG ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert, dabei weiter Jugendmannschaften trainiert und in der Zeit auch die C-Lizenz gemacht. Auch in Budenheim habe ich direkt mit dem Einstieg bei den Sportfreunden die E-Jugend übernommen. An der Ganztagsschule in Budenheim habe sich dann auch die Sport-AG geleitet und 2011 meine B-Lizenz gemacht.

Wie kam es überhaupt zu Wechsel zu den Sportfreunden?

Ich hatte mit meiner damaligen Freundin und heutigen Frau ausgemacht, dass wir beide zusammen dorthin ziehen, wo der erste von uns einen Studienplatz bekommt – das war dann ich in Mainz. Sie hat dagegen in Frankfurt studiert und musste eben immer pendeln. Zu den Sportfreunden bin ich gekommen, weil ich, direkt nachdem ich wusste, dass ich in Mainz studieren würde, mir angeschaut habe, welche Vereine es im Umfeld gibt. Bei den Sportfreunden hat es für mich dann einfach gut gepasst.

Das war dann also im Jahr 2007?

Ja, aber im ersten Jahr habe ich bei TuSpo Obernburg weiter Zweite Liga gespielt und nur per Zweitspielrecht bei den Sportfreunden in der Regionalliga. Erst ab der Saison 2008/09 war ich dann fest in Budenheim. Zur Ersten Mannschaft gehörte ich bis 2014, seit der Runde 2014/15 bin ich nun Spielertrainer der Rheinhessenligamannschaft.

Aber mit heute gerade 31 Jahren wäre es für Sie als einstigen Zweitliga- und Regionalligaspieler doch sicher noch kein Problem gewesen, weiter in der Oberliga zu spielen...

Im Prinzip ja, aber mit dem Beginn meines Referendariats musste ich kürzertreten. Und Rheinhessenliga und Oberliga zugleich, das wäre auch nicht so einfach zu koordinieren gewesen. Auch mit der Familie wäre das zeitlich zu viel gewesen. Vorige Saison kam dann kam eine Meniskusverletzung hinzu...

Kommende Runde In der Oberligamannschaft werden Sie also rein als Trainer zu sehen sein?

In der Rheinhessenligamannschaft hat es sich einfach so entwickelt, dass ich auch weiter viel auf dem Feld zu sehen bin. Das wurde jetzt zwar auch weniger, allerdings wird in der Rückrunde Fabian Racky öfter fehlen, also werde ich wohl wieder etwas mehr am Kreis spielen. Um in der Oberliga mithalten zu können, müsste ich fitter sein, aber ich habe nicht vor komplett mitzutrainieren.

Sie kennen die Oberligamannschaft natürlich auch sehr gut, wie eng war den bisher die Zusammenarbeit mit Thomas Gölzenleuchter?

Wir sind in einem konstanten Austausch und telefonieren mindestens einmal die Woche. Zudem wurde schon unter Axel Schneider ganz bewusst eingeführt, dass sich am Donnerstag die Einheiten der Ersten und Zweiten überschneiden, so dass wir uns auch regelmäßig sehen. Mit Manuel Blezinger, Philipp Becker, Lukas Scheer und Lukas Nagel habe ich selbst noch in der Oberligamannschaft zusammengespielt.

Das Sie die Mannschaft seit langem kennen, dürfte die Einarbeitungsphase im Frühjahr entfallen.

Ich habe durchaus Respekt vor der Aufgabe, und ich glaube auch, dass dies die richtige Herangehensweise ist. Es ist natürlich ein Vorteil, dass ich einige der Spieler schon trainiert habe. Andererseits wird es so sein, dass ich eine Mannschaft übernehme, die gerne mit Thomas weitergemacht hätte. Ich habe natürlich vor meiner Zusage mit zwei, drei der Jungs gesprochen, dann Plus und Minus abgewogen. Es ist ja nicht so, dass ich den Eindruck hätte, dass ich viel ändern muss, vieles funktioniert schließlich gut. So werde ich Teile der Fußstapfen von Thomas übernehmen, will aber natürlich auch eigene hinterlassen.

Und – hat die Mannschaft das Zeug für die Dritte Liga?

Ich denke, das Niveau ist so gut, dass wir nicht zufällig in der Oberliga oben mitspielen, und ich glaube auch, dass wir mit dem Kader nicht die schlechteste Mannschaft der Dritten Liga wären. Aber es gibt natürlich einen Unterschied mit dem Aufstieg: Von der Rheinhessenliga in die Oberliga hochzugehen, kann man sicher in gewissen Weise planen und erreichen, wenn man viel Kraft hineinlegt. Es von der Oberliga in die Dritte Liga zu schaffen, das ist etwas anderes, dazu braucht man zum Beispiel auch eine weitgehend verletzungsfreie Saison.

Aber könnte die Dritte Liga für die Sportfreunde ohne größere Umbrüche im Kader funktionieren? Derzeit sieht man doch, dass selbst die TuS Dansenberg, die mit recht guten Voraussetzungen in die Dritte Liga gegangen ist, ihre Probleme hat sich zu halten.

Der Weg, den die Dansenberger gewählt haben, also viel Geld hineinzustecken, das wird nicht unser Weg sein. Ich sehe die Sportfreunde als Dorfverein im besten Sinne, und so ein Verein geht nicht mit allen Risiken in die Dritte Liga. Wir müssen das finanziell stemmen können, und daran muss der Verein arbeiten – aber das läuft auch schon. Sportlich, denke ich, bringen wir mit Becker, Scheer, Christian Kosel, Kevin Kneips und Eike Rigterink einige Spieler mit, die schon Dritte Liga und im Falle von Eike noch höher gespielt haben. Wir müssten die Mannschaft natürlich schon punktuell verstärken, aber nicht im Sinne, dass wir Spieler einkaufen. Zusammenfassend kann man sagen: Sportlich traue ich der Mannschaft den Sprung in die Dritte Liga zu, finanziell kann ich mir kein Urteil erlauben, das ist die Aufgabe des Vorstands.

In Rheinhessen dürften sich kaum neue Spieler finden, die der Mannschaft sportlich weiterhelfen würden, die Suche müsste wohl wieder nach Hessen gehen…

Das kann man nicht pauschalisieren, auch in Rheinhessen gibt es interessante Spieler. Aber in Hessen herrscht eine ganz andere Dichte, da finden sich in einem 35-Kilometer-Radius drei Drittligavereine. Allerdings sind es von diesem Gebiet aus noch einmal gut 50 Kilometer bis Mainz. Die Frage ist, ob wir Spieler dazu bewegen können, nicht nur für Geld bei uns zu spielen.

Eine A-Jugendbundesligamannschaft zu besitzen, hilft vermutlich nicht weiter, der Sprung in die Dritte Liga wäre für die Spieler zu groß.

Vielleicht könnte man eine Drittligamannschaft punktuell mit diesen Spielern verstärken, doch es schadet keinem Jugendlichen, sich erst einmal in der Rheinhessenliga zu behaupten. Es ist aber ein Ziel, langfristig in der Jugendbundesliga mitzuspielen. Strukturell können wir an Vereine wie den TV Großwallstadt mit seinem Internat allerdings nicht herankommen.

Schon unter Axel Schneider gab es Ansätze, die Strukturen im Verein so aufzustellen, dass die Anforderungen der Dritten Liga zu stemmen wären, er ist da aber offenbar an seine Grenzen gestoßen. Tut sich etwas in der Richtung?

Es gilt, an ein paar Stellschrauben zu drehen, und es hat sich in der jüngsten Zeit, etwa bei der Öffentlichkeitsarbeit durch Ingo Fischer, schon manches verbessert. Im Bereich der Internetpräsenz und durch unsere Facebook-Seite etwa sind wir einen Schritt dabei vorangekommen, uns professioneller zu präsentieren und haben unsere Reichweite deutlich vergrößert.

Die Zuschauerzahlen in der Oberliga bleiben allerdings nicht nur in Budenheim inzwischen deutlich hinter denen früherer Jahre zurück.

Es ist schwer für die Vereine, die Zuschauer zu binden, es ist eben verdammt viel los um Mainz herum. Es gibt zwar ein paar Ideen, was man dagegen tun könnte, aber das Thema wird natürlich nicht der Schwerpunkt meiner Arbeit als Trainer sein.

Beim Kader scheint es für die kommende Runde Kontinuität zu geben, die Spieler sind offenbar durchweg bereit weiterzumachen?

Schon vor Weihnachten wurde mit allen gesprochen, das verlief durchweg positiv. Ich fände es gut, wenn die Mannschaft zusammenbliebe und wir uns nur punktuell verändern müssten. Wir Trainer werden dabei in den Spielergesprächen rein über die sportlichen Fragen reden. Das Finanzielle ist Sache von Gerd Mussenbrock, es kann aber durchaus sein, dass ich trotzdem auch bei diesen Gesprächen dabei bin.

Die Budenheimer Mannschaft gilt wegen einiger etwas schwieriger Charaktere als nicht so einfach zu trainieren…

Nicht einfach zu führende Spieler hat man doch in jeder Mannschaft, das muss nicht einmal negativ sein. Außerdem bin ich niemand, der sich für unfehlbar hält. Ich versuche, mir meiner Fehler bewusst zu werden und nicht auf etwas zu beharren.

Also stehen Sie für die eher kommunikative Spielerführung? Auf welchen Typ Trainer muss sich die Mannschaft einrichten?

Ich kann beides sein: diplomatisch, aber auch sehr bestimmt und in der Kabine laut werden. Im Training habe ich eine starke Präsenz, trage Hallenschuhe und Trainingsklamotten, denn es kann jederzeit sein, dass ich Teile der Einheiten mitmache. Jedenfalls bin ich kein Trainer mit der Pfeife im Mund, meine Stimme ist laut genug. Und ich bin jemand, der auf ein intensives Training setzt.

Wie groß sind die Hoffnungen, dass es schon diese Runde mit dem Drittligaaufstieg klappt?

Dazu muss vieles richtig gut laufen. Die Saison läuft bisher eigentlich gut, dass darunter auch mal schlechte Spiele sind, die man trotzdem gewinnt, ist normal. Weil wir bei einer Saison über einen langen Zeitraum reden, ist auch Konstanz ein wichtiges Thema. Und es braucht in dem engen Rennen an der Spitze schlicht auch Spielplanglück.

 

Das Gespräch führte Guido Steinacker.

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