Guido Steinacker | 15.06.14 Mit dem „Fan Club Nationalmannschaft" in Brasilien Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wird bei ihren WM-Spielen auch von rheinhessischen Mitgliedern des „Fan Club Nationalmannschaft“ unterstützt. Die Wackernheimer Jörg und Ingrid Reppel sind nach einem „Aufwärmen" beim Länderspiel in Mainz inzwischen in Recife unterwegs. Und müssen sich vor allem mit organisatorischen Probleme befassen, um die Weltmeisterschaft so intensiv wie geplant erleben zu können. Einstimmen auf den letzten Test und die Fan-Generalprobe vor dem Abflug nach Recife: Jörg Reppel (vorne) und Mitglieder der Sektion, die sich im Ingelheimer Brauhaus auf das Länderspiel in Mainz vorbereitete.. | privat Vom Wackernheimer Kreisel in die Welt: Die Fanclubgruppe vor dem Länderspiel gegen Armenien. | privat Ingrid Reppel, die sich auf die eigenhändige Herstellung exklusiven Fanschmucks in schwarz-rot-gold spezialisiert hat, genießt den Ausblick vom nördlichen Stadtteil Olinda auf die Hochhauslandschaft Recifes. | privat Abseits des Zentrums bietet Recife viele Bilder, die den Urlaubsvorstellungen eines Europäers entsprechen... | privat Begeisterung unter den Japanern löste am Samstagabend die 05-Fahne im Stadion von Recife aus, wo Jörg und Ingrid Reppel die 1:2-Auftaktniederlage der Asiaten gegen die Elfenbeinküste verfolgten, um 05-Stürmer Shinji Okazaki zu unterstützen. | privat Mainz/Recife. Als Fan die deutsche Nationalmannschaft bei ihren Länderspielen zu unterstützen, dafür gibt es mehrere Modelle. Der Individualist kauft sich für ein Spiel seiner Wahl ein Ticket, geht hin und freut sich im Idealfall über einen glänzend herausgespielten Sieg von Jogis Jungs. Oder er macht das so organisiert, wie es der Hardcore-Fan sonst nur bei seinem Lieblings-Profiklub zu tun pflegt: Als Mitglied einer festen Fangemeinschaft, mit der man möglichst alle Spiele seiner Elf im Stadion zu erleben versucht. Seit 2003 gibt es dank des „Fan Club Nationalmannschaft“ (siehe „Hintergrund“) einen solchen Zusammenschluss unter dem Dach des Deutschen Fußballbundes auch für die Nationalelf. Der „Fan Club“ teilt sich in regionale Sektionen auf, für die derzeit 18 Koordinatoren den Kontakt zum Klub regeln. WM-Premiere mit der Männer-Elf Das Wackernheimer Ehepaar Jörg und Ingrid Reppel, im Bundesligaalltag natürlich im 05-Stadion zu Hause, streift seit 2006 regelmäßig das Nationalmannschaftstrikot über und legt sich andere schwarz-rot-goldenen Utensilien an. Seither haben sie als Mitglied des Fan Clubs Nationalmannschaft rund 40 Qualifikationsspiele der deutschen Elf sowie sechs Spiele der beiden jüngsten Europameisterschaften live erlebt. Nun feiern sie am Montag in Brasilien ihre WM-Premiere mit dem deutschen Team. Dies gilt allerdings nur für die Männerelf, denn auch die Frauennationalmannschaft unterstützen die Reppels gerne, und da kam neben etwa zehn Quali-Spielen auch die komplette WM 2011 in Deutschland inklusive des Finales zusammen. „Wir reisen gerne, und Mainz ist nicht Deutschland“, begründet Jörg Reppel sein Engagement im Fanklub. Wer ihn kennt weiß, dass nicht die Leidenschaft für das Nationale an sich ihn antreibt. Im Gegenteil sieht er sich auf den Reisen sogar als Botschafter des modernen, offenen, freundlicheren Deutschlands. „ Wir wollen zeigen, dass es nicht nur den hässlichen Deutschen gibt.“ Die Motivation der einzelnen Fan-Club-Mitglieder für ihre Aktivität in der Vereinigung mag natürlich höchst unterschiedlich sein, aber die Lust auf fröhliche Zusammenkünfte im Namen des Fußballs eint sie letztlich alle. Ideal war es für die hiesigen Mitglieder der Sektion Saarland-Pfalz – ja tatsächlich, zu der gehören die Rheinhessen kurzerhand dazu – dass das letzte Testspiel der Nationalmannschaft vor dem Abflug nach Brasilien in der Mainzer Coface-Arena stieg. Mit zwei Bussen reisten die Mitglieder der Sektion zum Spiel gegen Armenien an. Allerdings über Umwege: Die Rheinhessen trafen sich schon am frühen Nachmittag mit den Gästen am Wackernheimer Kreisel und hatten erst einmal etwas Programm zu absolvieren. In Wackernheim entsteht schmucker Fanschmuck Bei einem Besuch im Ingelheimer Brauhaus Goldener Engel wurde zunächst gemeinsam gespeist, die Brauerei besichtigt, den Brasilien-Fahrern unter den Fan Club-Mitgliedern der WM-Hut überreicht und das beste Fan-Outfit des Tages prämiert. Klar im Vorteil ist, wer sich dafür bei der Kollektion aus der Wackernheimer Werkstatt von Ingrid Reppel bedient: Sie hat sich im Fan Club inzwischen als Fanschmuck-Designerin einen Namen gemacht. Seit Dienstag sind die Reppels nun in Brasilien, strategisch günstig haben sie sich Recife als Unterkunftsort ausgewählt. Von dort aus ist es ziemlich genau gleich weit, wenn auch weit, zu den beiden weiteren Spielorten der deutschen Elf in der Vorrunde, Salvador und Fortaleza. Zum ersten Spiel in Salvador geht Reppel von etwa 20 Fan-Club-Mitgliedern aus seiner Sektion aus, die anderen Sektionen werden eine entsprechende Anzahl beisteuern. Gleich am ersten Tag gab es ein Wiedersehen mit alten Freunden aus Bielefeld, berichtete Jörg Reppel. „ Mit denen waren wir 2006 in Zypern.“ Ein unvergessliches EM-Qualifikationsspiel für die rheinhessichen Fan-Club-Mitglieder, lief bei jenem mageren 1:1 in Nikosia doch auch Manuel Friedrich auf, der erste A-Nationalspieler aus den Reihen des FSV Mainz 05. Wenig WM-Stimmung in der Stadt Die ersten Erfahrungen in der 1,5-Millionen-Stadt Recife fielen so chaotisch aus, wie man es sich als Europäer nur schwer vorstellen kann. Recife gilt als eine Perle an der brasilianischen Atlantikküste, hat viel interessante Architektur vergangener Jahrhunderte zu bieten, der nördliche Stadtteil Olinda wurde gar zum Wertkulturerbe ernannt. Für Touristen, die in der Stadt ankommen und sich erst einmal zurechtfinden müssen, sieht das etwas anders aus. „Uns wurde klar, das Land hat Probleme, ist für die WM nicht bereit“, schildert Reppel. Von WM-Stimmung sei zunächst außer durch ein paar Autofahnen wenig zu spüren gewesen. „Das Ticketcenter haben wir nach einer abenteuerlichen Busfahrt, einem Fußmarsch und der Suche in einer Tiefgarage gefunden“, schildert Reppel. Die Organisation der Reisen nach Salvador und Fortaleza ist auch dadurch schwierig, dass an den Infocentern ohne Portugiesisch eine Verständigung schwierig ist. Die Mitarbeiter an den Schaltern, „sprechen kein auswärts, nur etwas spanisch“. Bei der EM 2012 „war das besser organisiert“, zieht er den Vergleich. „In Polen und der Ukraine wurde versucht, die Infrastruktur zu verbessern – hier sieht es so aus, als ob sie nur darüber geredet hätten.“ Basilianer freuen sich über die Gäste Neben dem zeitraubenden Transportsystem fielen beim ersten Blick in Recife viel Umweltvernichtung und Müll auf, „wenn der Wind vom Meer nicht wäre, würden die Leute ersticken“, mutmaßt er. Linienpläne des Busnetzes in Recife waren weder an Schaltern zu erhalten noch stehen sie offenbar wenigstens im Internet bereit. Da zeigten sich die Brasilianer, die die Gäste in ihrer Stadt freundlich, offen und interessiert begegnen, deutlich informativer. „Wir haben uns bei einigen Busfahrten mit Händen und Füßen verständigt und wissen nun, wie man zum Ticket- und den Shoppingcentern kommt“, berichtet Reppel. Es gab schon tolle Begegnungen mit Brasilianern, trotz aller Sprachprobleme. „Man freut sich, dass wir hier sind.“ Am Sonntag geht es ganz mutig mit dem Bus zum Fanfest in der Stadt, „das aber sehr bescheiden sein soll“. So stellten sich bei den zunächst verlorenen Rheinhessen nach und nach die positiven Erlebnisse ein. Etwa bei einem Ausflug nach Olinda, das Gebäude im Baustile des 17. und 18. Jahrhunderts bietet, und Reppels auf dem Aussichtsturm den Ausblick über die Stadt genossen. Dort trafen sie natürlich auch auf Japaner. Gesprächsthema: Fußball. „Die haben sich gefreut, dass wir Okazaki supporten“, durfte der 05-Fan berichten. Mit 05-Fahne beim Japan-Spiel im Stadion Denn die Reppels sind nicht nur für das deutsche Team unterwegs, sondern nutzen es auch, dass gleich zwei 05-Internationale ebenfalls in Recife mit ihren Nationalmannschaften antreten. Beim Spiel Shinji Okazakis mit Japans gegen die Elfenbeinküste waren die Wackernheimer am Samstagabend im Stadion – mit 05-Fahne. Und Uruguay-Bezwinger Costa Rica mit Junior Diaz tritt am kommenden Freitag ebenfalls noch in Recife an, gegen Italien. Auch da werden aufmerksame Beobachter mit etwas Glück ein 05-Banner entdecken. Sichtbare Hinweise auf die rheinland-pfälzische/rheinhessische Sektion des Fan Club Nationalmannschaft wird es bei den deutschen Spielen dagegen wohl eher nicht geben, denn angesichts der Reiserei in Brasilien hielten die Rheinhessen sich bei der Materialmitnahme zurück. „Wir haben die größten Banner daheim gelassen“, erläutert Jörg Reppel. Dass Resort des Fan Club Nationalmannschaft in Itamarcá wollen die Reppels zwischendrin durchaus auch einmal besuchen, die Idee reift inzwischen, mit einem Mietwagen zu versuchen den Transportproblemen zu entgehen. Hoffen auf den deutschen Gruppensieg Bis zum Abend des 1. Juli läuft das WM-Abenteuer der Wackernheimer Zelle in der rheinhessischen Gruppe der saarländisch-pfälzischen Sektion des Fan Clubs Nationalmannschaft noch, dann geht von Recife aus der Flug zurück nach Deutschland. Und schon deshalb setzten die Reppels auf den Gruppensieg der deutschen Elf, denn Tickets hätten sie zwar auch für das Achtelfinale mit deutscher Beteiligung, aber das klappt zeitlich nur bei Platz eins. Denn dann spielt Deutschland am 30. Juni in Porto Alegre gegen den Zweiten der Gruppe H, als Zweiter wäre erst der 1. Juli der Tag des Viertelfinals in Salvador. Natürlich haben Jörg und Ingrid Reppel noch keine Idee, wie sie am 30. Juni in den tiefen Süden des Landes und vor allem rechtzeitig wieder zurückkommen sollen, aber bis dahin ist ja noch etwas Zeit, eine Lösung zu finden. Einige der weiteren WM-Spiele wollen die Reppels sich zwar im Fernsehen anschauen, manche Übertragungen aber auch zugunsten touristischer Erlebnisse wie Shopping-Touren sausen lassen. Eines haben sie schon entdeckt: „Da gibt es deutsche Fansachen in ganz anderen Schnittformen“, berichtet Reppel. Beim genaueren Hinsehen entpuppt sich das vermeintliche deutsche Fanutensil aber als Accessoire für den Anhänger des heimischen Zweitligisten Recife-Sport. Der trägt die Farben schwarz-rot-goldgelb, mit goldenem Löwen… Alle Artikel von Sonstige Sportarten