Guido Steinacker | 26.06.14

Herzliche Begegnung der Nationen

Die rheinhessische Delegation des „Fan Club Nationalmannschaft" findet sich allmählich zurecht mit dem Transportsystem in der brasilianischen WM-Stadt Recife. Wenn am Donnerstagabend das Vorrundenspiel der deutschen Elf gegen die USA beginnt, haben die Wackernheimer Jörg und Ingrid Reppel schon einige Spiele und manche Verbrüderung mit Fans anderer Länder hinter sich.
Auch Uncle Sam und Aunt Samantha entdecken den Fußball: Jörg und Ingrid Reppel begegneten schon vor dem Gruppenspiel gegen die USA Fans von Klinsis WM-Elf.
Auch Uncle Sam und Aunt Samantha entdecken den Fußball: Jörg und Ingrid Reppel begegneten schon vor dem Gruppenspiel gegen die USA Fans von Klinsis WM-Elf. | privat
Von wegen Magnet Fußball: Das Spiel zwischen Australien und den Niederlanden wollten auf der Fanmeile von Recife gerade 200 Zuschauer sehen. Zehnmal so viele waren am Dienstag bei Italien gegen Uruguay.
Von wegen Magnet Fußball: Das Spiel zwischen Australien und den Niederlanden wollten auf der Fanmeile von Recife gerade 200 Zuschauer sehen. Zehnmal so viele waren am Dienstag bei Italien gegen Uruguay. | privat
Mainz, das ist in Costa Rica eine nicht ganz unbekannte Stadt. Mit den Fans des 05ers Júnior Díaz verbrüdern die rheinhessischen Nationalmanschaftsfans sich besonders gerne.
Mainz, das ist in Costa Rica eine nicht ganz unbekannte Stadt. Mit den Fans des 05ers Júnior Díaz verbrüdern die rheinhessischen Nationalmanschaftsfans sich besonders gerne. | privat
Nicht überall waren die Brasilianer mit dem Bauen fertig, als die WM kam, wie diese nicht nutzbare Busstation zeigt
Nicht überall waren die Brasilianer mit dem Bauen fertig, als die WM kam, wie diese nicht nutzbare Busstation zeigt | privat
Eher Private als Public Viewing: Das Spiel Spanien-Chile schauten die Reppels sich in einer Straßenkneipe in Recife an.
Eher Private als Public Viewing: Das Spiel Spanien-Chile schauten die Reppels sich in einer Straßenkneipe in Recife an. | privat
Italiener, Mittelamerikaner und offenbar ein Meenzer: Beim Spiel Costa Rica gegen Italien hing die 05-Fahne.
Italiener, Mittelamerikaner und offenbar ein Meenzer: Beim Spiel Costa Rica gegen Italien hing die 05-Fahne. | privat

Recife. Beim letzten Vorrundenspiel der deutschen Nationalmannschaft am Donnerstagabend gegen die USA zahlt sich die strategische Entscheidung der rheinhessischen Abordnung des „Fan Club Nationalmannschaft“ voll aus. Die Wackernheimer Ingrid und Jörg Reppel, im „FCN“ als „Reppeline“ und „Reppel-05“ bekannt, wohnen schon seit WM-Beginn in Recife, hatten aber für alle drei deutschen Vorrundenspiele Karten. So mussten sie weite Reisen von je über 600 Kilometer die Küste runter und die Küste rauf auf sich nehmen, um die ersten beiden deutschen Partien in Salvador und Fortaleza zu erleben.

Und das ist kein Spaß in Brasilien, wie Jörg Reppel wiederholt berichtete. Mal so, mal so klappt es mit dem Verkehr in der Stadt und zwischen den Städten. Nach einigen chaotischen Erfahrungen in Recife kam nach dem Flug nach Salvador ein deutlich besserer Eindruck auf. „Ein gut organisierter Bustransport, endlich mal WM-würdig“, vermeldete Reppel. Und ein Spiel, in dem sich die Nationen wieder einmal prächtig miteinander verstanden. Denn genauso, wie die Reppels in Recife zwei Spiele ohne deutsche Beteiligung besuchten, war auch beim Portugal-Spiel der deutschen Elf die Stimmung über die Nationen hinweg toll, „auch mit Brasilianern, Kolumbianern und Japanern“.

21-Stunden-Trips zu den ersten Spielen

Der Trip zum Spiel in Salvador begann um 4 Uhr in Recife mit dem Aufstehen und endete um ein Uhr in der Nacht darauf. 21 Stunden unterwegs um 90 Minuten Fußball live zu erleben – sie lieben dieses Spiel eben. „Immerhin genau die Hälfte der Zeit für eine Busfahrt“, triumphieren die fliegenden Wackernheimer über nahezu einen gewonnenen Tag.

Beim zweiten Trip nach Fortaleza am Samstag waren die Abläufe ziemlich ähnlich. Auch hier kamen 21 Reisestunden zusammen.  „In Fortaleza war der Transport fast perfekt: kostenlose Busse in engem Takt“, meldete Jörg Reppel positive Erfahrungen auch vom nördlichen Spielort. Aber diese Einweiser im Stadion: „Nur blöd. Jeder schickt dich in eine andere Richtung, die Freiwilligen igeln sich ein, damit sie ja nicht angesprochen werden.“

Im Stadion sammelte zudem der allmächtige Veranstalter der WM wieder einmal Minuspunkte bei den Fans. „Die FIFA lässt Banner abhängen, aber Bierdosen auf den Rängen zu“, kritisiert Jörg Reppel. Durch geeignetes Material unterstützende Liebesbekundungen zur deutschen Elf waren somit gar nicht so einfach zu platzieren. Die Idee, große Fahnen und Banner über die omnipräsenten eigenen Tafeln zu hängen, finden die FIFA-Mitarbeiter wohl nicht lustig.

Kritik am Stadionbau auf der grünen Wiese

Und bei den wahren Aufgaben fehlte dann glatt das Personal: „Den Flitzer haben Sie auch nicht gestoppt.“ Auch auf dem Flugplatz sei unter den internationalen Fans die FIFA ein großes Thema gewesen. Und die Meinung der Brasilianer selbst zum Weltverband ist ähnlich vernichtend wie ihre eigene, betont Jörg Reppel. So erfahren in einer typischen Recifer Straßenkneipe, in der das Wackernheimer Paar den Knockout des Weltmeisters Spanien gegen Chile anschaute. „Es gibt viel Kritik, dass man das Stadion auf der grünen Wiese gebaut hat, denn es ist auch für die örtlichen Fans nicht einfach und billig, ins Stadion zu kommen.“

I nzwischen hat sogar DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock bei der FIFA interveniert und bittet nachdrücklich um „mehr Entgegenkommen für die Belange der deutschen Fans“. Für das Abhängen eines Großbanners während des Ghana-Spiel habe sich die FIFA inzwischen entschuldigt, heißt es auf der Internetseite des FCN.

Als Mitglieder des Fan Clubs Nationalmannschaft mussten Jörg und Ingrid Reppel natürlich auch das offizielle „Fan Resort“ auf Itamaracá, 30 Kilometer nördlich Recifes, aufsuchen. Den Trip unternahmen die Reppels, nachdem sie in der Stadt inzwischen allerlei erdgebundene Fahrzeuge wie Bus, Taxi und Bahn ausprobiert haben, auf einem Boot. Todesmutig mitten hindurch durch das haiverseuchte Gewässer vor Recife – keine Übertreibung, das Thema „Haiangriffe vor Recife“ hat es sogar zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag geschafft!

Im Resort bleibt man unter sich

Doch alles ging gut und die Rheinhessen-Delegation wurde bei der Ankunft auch sofort identifiziert. „Als wir zum Orgateam im Camp kamen, hieß es sofort: Aha, Reppeline und Reppel-05 sind da“, schildert „Reppel-05“. Das Resort, in dem immer wieder auch Fußball-Prominenz auftaucht, wie am Mittwoch Wolfgang Niersbach und Ex-Nationalspieler Cacau, ist üblicherweise nicht gerade wegen Überfüllung geschlossen, aber doch recht nett. „Es ist wirklich ganz gut dort, aber man bleibt halt unter sich“, schildert Jörg Reppel. Das Resort biete den FCN-Mitgliedern ein vielfältiges Angebot an Ausflügen, „man kann ein Boot mieten, am Pool rumhängen, zum Badestrand gehen...“, berichtet er.

Treffen mit Fan-Club-Kollegen gibt es aber auch immer wieder in den Spielorten und auf den Wegen. „Auf dem Flughafen trafen wir einen, mit dem wir in der Ukraine waren, auf dem Rückflug eine Kölner Clique, mit der wir schon in Salvador einen draufmachten. Dann Frankfurter, mit denen wir Spaß hatten“, schwört Reppel. Wie bitte? Frankfurter, mit denen…? „Wir sind ja für Deutschland unterwegs“, erläutert der Wackernheimer entschuldigend. Über den Atlantik gehüpft, rücken eben selbst 05er und Eintrachtler ein wenig zusammen.

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