Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 13.03.14

Nicht mal auf einer Stufe mit Alice Schwarzer

Peter H. Eisenhuth zum Urteil gegen Uli Hoeneß
Ob Uli Hoeneß demnächst wieder nach Mainz kommt, ist offen.
Ob Uli Hoeneß demnächst wieder nach Mainz kommt, ist offen. | Bernd Eßling
Vor zweieinhalb Jahren diskutierte der Bayern-Boss mit Kardinal Karl Lehmann über die "Soziale Verantwortung des Fußballs".
Vor zweieinhalb Jahren diskutierte der Bayern-Boss mit Kardinal Karl Lehmann über die "Soziale Verantwortung des Fußballs". | rscp

Am 26. Spieltag der Fußball-Bundesliga gastiert der FC Bayern München beim FSV Mainz 05. Wir wissen nicht, ob auch Uli Hoeneß in die Coface-Arena kommen wird. Möglich wäre es ihm wohl – bis dahin wird der in erster Instanz zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte steuerhinterziehende Wurstfabrikant an der Spitze des Champions-League-Siegers vermutlich noch auf freiem Fuß sein.

Den Fall juristisch einschätzen sollen andere, die sich damit auskennen. Und die moralische Betrachtung könnte man jenen überlassen, die es gewohnt sind, des Öfteren den Zeigefinger zu heben. Also jemandem wie Uli Hoeneß.

Aber der hat offenbar – fernab jeden Unrechtsbewusstseins – vor lauter Selbstanzeige verfassen, auf der Mitgliederversammlung die eigenen Tränen trocknen, Prozessakten umblättern und Champions-League-Erfolge zu beklatschen dafür keine Hand mehr frei.

Dabei wäre Uli Hoeneß der geeignete Mann für eine Predigt. War ja früher auch möglich. Kein Zweiter im internationalen Fußballgeschäft hat sich schließlich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer solchen Lichtgestalt der Werte und guten Sitten aufgeschwungen.

Was spritzte ihm damals der Geifer aus dem roten Kopf, als der designierte Bundestrainer Christoph Daum des Kokainkonsums überführt worden war; dabei hatte Daum letztlich niemandem geschadet außer sich selbst. Und wie war das mit den korrupten FIFA-Funktionären? In Gelddingen kennt Hoeneß sich eben aus.

Uli Hoeneß, der gute Mensch, der Wohltäter, der allen gefallenen Freunden wieder auf die Beine hilft, war mit der Zeit zu einer moralischen Instanz geworden. Knapp hinter dem Papst, aber noch vor dem Bundespräsidenten. Jetzt steht Hoeneß auf einer Stufe mit Alice Schwarzer. Eigentlich Strafe genug. Aber schlimmer noch: Die war wenigstens in der Lage, ihre Selbstanzeige korrekt auszufüllen.

Der Bayern-Boss dagegen erinnerte in den vergangenen Tagen an einen Mann, der nach Hause kommt und seiner Gattin erzählt, er habe in der Stadt mit einer anderen Frau geredet. „Nur geredet?“ – „Hm, auch Kaffee getrunken.“ – „Nur Kaffee getrunken?“ – „Nein, auch Händchen gehalten.“ – „Mehr war aber nicht, oder?“ – „Na ja, wir haben uns auch geküsst.“ – „Ach, sonst noch was?“ – „Ähm, okay sie ist schwanger.“ – „ … “ – „Das zweite Mal.“

So ähnlich ging bei Uli Hoeneß die Steigerung von 3,5 Millionen auf 27,2 Millionen hinterzogener Steuern vonstatten.

Und da ist noch nicht mal die Frage geklärt, was genau es mit dem Geld auf sich hatte, das Hoeneß zwecks Börsenzockerei in der Schweiz deponiert hatte. „Euch finanzieren doch die Leute in der Loge“, hatte er vor einigen Jahren eine Gruppe von Fans angebrüllt, die hartnäckig die Stehplatzpreise beim FC Bayern kritisiert hatte. „Populistische Scheiße“ (O-Ton Uli H.) ist es dann sicher auch, zu fragen, wer eigentlich Hoeneß finanziert hat.

Aus der Bundesliga heraus ist diese Frage nicht zu erwarten, da regte sich am Donnerstag eher Mitleid. Nicht ausgeschlossen ist jedoch, dass die 05-Fans die Frage stellen werden, falls Uli Hoeneß am übernächsten Spieltag noch einmal die Mainzer Arena auf dem freien Feld besuchen wird.

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