Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 27.07.25

Noch zwei Spiele und Zehntausende Flugkilometer

NEUES AUS HOPFGARTEN (8) | 05-Profi Jae-sung Lee steht als koreanischer Nationalspieler kurz vor einer besonderen Marke und seiner dritten WM-Teilnahme. Seinen Landsmann Hyun-seok Hong sieht er aus einer schwierigen Phase gestärkt hervorgegangen. Gegen eine Vertragsverlängerung hätte er nichts einzuwenden.
Geht in seine fünfte Mainzer Saison: Jae-sung Lee.
Geht in seine fünfte Mainzer Saison: Jae-sung Lee. | Eva Willwacher

Aus dem Trainingslager des FSV Mainz 05 berichtet Peter H. Eisenhuth.

Hopfgarten. Als Jae-sung Lee am Anfang einer Karriere stand, von der niemand ahnte, wie erfolgreich sie verlaufen und wohin sie ihn führen würde, habe er sich ein paar Ziele aufgeschrieben, sagt er. Auf der Liste stand eine 100 – so viele Spiele für Südkorea wollte er einmal absolvieren. Inzwischen ist der Offensivspieler 32 Jahre alt, und war 98-mal für die A-Nationalmannschaft seines Landes im Einsatz.

„Jetzt fehlen mir nur noch zwei Spiele“, und wenn alles nach Plan läuft, werden die in den beiden nächsten Länderspielblöcken seine Statistik bereichern. Anfang September treten die Koreaner in New York gegen die USA an, Mitte Oktober geht es zu Hause gegen Paraguay. Danach dürfte der Profi des FSV Mainz 05 einen Haken auf seiner „Zu erreichen“-Liste machen – aber Schluss soll dann noch lange nicht sein.

Nur weil er sich einen Traum erfüllt hat, wird er ja nicht aus dem Nationalteam zurückziehen. „Auf keinen Fall“, sagt er lachend im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de während des Trainingslagers in Hopfgarten im Brixental. Zumal im Sommer nächsten Jahres ein weiteres Highlight ansteht: die Weltmeisterschaft in Kanada, Mexiko und den USA. Lee will dabei sein, es wäre nach 2018 und 2022 seine dritte WM-Teilnahme.

„Körperlich ist das manchmal anstrengend“

Südkorea hat sich als Sieger der Asien-Gruppe 2 mit 22 Punkten vor (und mit) Jordanien (16) qualifiziert. Und dafür hat Lee mal wieder jede Menge Flugkilometer zurückgelegt. Wie viele er geflogen ist, seit 2018 sein erstes Engagement in Deutschland beim Zweitligisten Holstein Kiel begann, wisse er nicht. „Aber für mich ist das selbstverständlich. Es ist eine Ehre, für mein Land spielen zu dürfen.“

Bei jeder Reise in die Heimat sitzt der Profi pro Strecke 8500 Kilometer und jeweils rund elfeinhalb Stunden zwischen Frankfurt und Seoul im Flugzeug, hinzu kommen die innerasiatischen Flüge bei Auswärtsspielen. „Körperlich ist das manchmal anstrengend“, räumt er ein, „aber mental geht es mir damit super. Dass ich in der Business Class fliege, mindert den Stress etwas.“

Nach drei Jahren in Kiel und dem erst in den Entscheidungsspielen gegen den 1.FC Köln verpassten Aufstieg in die Erste Liga vollzog Lee diesen Schritt für sich mit dem Wechsel an den Bruchweg. „Bo Svensson wollte mich unbedingt, das hat mich dazu bewogen, nach Mainz zu gehen“, erzählt er. Inzwischen geht er ins seine fünfte Spielzeit als 05er, hat 123 Bundesligabegegnungen bestritten und 24 Tore erzielt, nicht selten, aber zumindest für die Gegner doch immer wieder überraschend per Kopf.

Henriksen und die Mainzer DNA

„Für mich war jede Saison wertvoll, in jeder Saison hatte ich schöne Erlebnisse“, sagt er. Freilich verbunden mit der Erkenntnis, „dass es für einen Verein wie Mainz 05 schwierig ist, erfolgreich zu sein, oben mitzuspielen“. Dabei waren ein achter und ein neunter Rang unter Svensson nach rheinhessischen Maßstäben durchaus mehr als zufriedenstellend, wenngleich 2022/23 deutlich mehr drin war als eine einstellige Platzierung.

Seit Bo Henriksen das Traineramt übernommen habe, sei die Mannschaft selbstbewusster geworden, sagt Lee. „Als er kam, steckten wir im Abstiegskampf. Er hat die Mainzer DNA wiederbelebt.“ Dies sei letztlich der entscheidende Faktor zunächst für den Klassenverbleib am letzten Spieltag und in diesem Frühjahr für das Erreichen der Conference League gewesen. „Jetzt freue ich mich sehr darauf, auch mit dem Verein international zu spielen.“

Seinem Landsmann zur Seite gestanden

Seit Sommer vorigen Jahres gehört in Hyun-seok Hong ein Landsmann Lees dem Mainzer Kader an, hinter dem allerdings keine besonders glücklich verlaufene Saison liegt. Zwar kam der aus Gent verpflichtete Halbstürmer auf 23 Einsätze, aber nur viermal stand er in der Anfangsformation, danach musste er sich mit Kurzeinsätzen begnügen. „Das war ein schwieriges Jahr für ihn“, sagte der Bundesligaroutinier, der Hong in dieser Zeit zur Seite stand.

„Ich habe immer versucht, ihn in allen Dingen zu unterstützen“, sagt Lee, der aber auch einen positiven Effekt erkennt. „Ich glaube, dass gerade die Phase in den ersten drei Monaten ihm geholfen hat, ein besserer Fußballer zu werden.“

Hong, das bescheinigt ihm beispielsweise auch Sportdirektor Christian Heidel, trainiere sehr gut. Das Problem: Um sein Potenzial zu entfalten, benötigt er Spielzeit – aber auf dem Platz stehen ein Paul Nebel und ein Jae-sung Lee, an denen er erst mal vorbeikommen muss.

Lee, die Liebe der Fans und der Vertrag

Lee, der im vom aus Mainz zugeschalteten Joseph Lee gedolmetschten Gespräch die meisten Fragen auch ohne Übersetzung versteht, aber auf Koreanisch antwortet, lacht bescheiden. „So ist das halt im Fußball“, merkt er an, „deshalb ist es manchmal schwierig, aber man muss in einer solchen Zeit Geduld haben und weiterarbeiten.“

Der Vertrag des Halbstürmers, der mit seinen Haken und schnellen Richtungswechseln schon so manchen Verteidiger düpiert hat, läuft Ende der Saison aus. Und was kommt danach? „Ich weiß nicht, was der Verein vorhat, aber ich fühle mich sehr, sehr wohl in Mainz“, sagt Jae-sung Lee.

Klingt, als stünde er einem möglichen Angebot zur Verlängerung sehr offen gegenüber und wolle sich dafür in dieser besonderen Saison besonders ins Zeug legen. „Ich werde immer mein Bestes geben. Von den Fans bekomme ich ganz viel Unterstützung und Liebe – und ich will ihnen ganz viel zurückgeben.“

24 eigene Bundesligatore hat der Südkoreaner bisher bejubelt...
24 eigene Bundesligatore hat der Südkoreaner bisher bejubelt... | Eva Willwacher
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...die er gerne auch per Kopf erzielte.
...die er gerne auch per Kopf erzielte. | Eva Willwacher
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