PHE | 09.01.15 Heinz aus Mainz ist tot Heinz Bender war ein 05-Urgestein mit Kultstatus, ein Geschichtenerzähler, ein bunter Hund, ein Charmeur, ein Herz-Jesu-Marxist. Ein Nachruf von Peter H. Eisenhuth. Er wird allen, die mit Mainz 05 zu tun haben, fehlen: Heinz Bender ist in der Nacht auf Donnerstag gestorben. | Eva Willwacher Mainz. Bei der kleinen Gruppe derer, die in den vergangenen Jahren regelmäßig die Pressekonferenzen nach Heimspielen der 05-Amateure verfolgten, besaß dieser Satz Kultcharakter: „Und nun, lieber Peter, darf ich dich um deine Einschätzung zum Spiel bitten…“ Später wurde der „liebe Peter“ (Neustädter) durch den „lieben Martin“ (Schmidt) ersetzt – doch der Mann, der dies sagte, blieb derselbe und war selbst Kult: Heinz Bender, über Jahrzehnte hinweg in diversen Funktionen ehrenamtlich für den FSV Mainz 05 tätig. In früheren Jahren, als Peter Arens noch Transferbeauftragter des Klubs war, stand Bender dem Vizepräsidenten beratend zur Seite. U23-Manager Manfred Lorenz schätzte nicht nur Benders Verdienste um die Pressearbeit, er pflegte auch über den Fußball hinaus eine enge Bindung zu ihm. „Heinz war einer meiner besten Freunde. Wir haben viele Urlaube miteinander verbracht, und das waren Höhepunkte in meinem Leben.“ Wer Heinz Bender kannte, kann aus einem überbordenden Bestand an Anekdoten schöpfen. Es soll Journalisten gegeben haben, die Bender belächelten, wenn er bei der Nennung x-beliebiger Namen aus dem Fußballgeschäft wissen ließ, seit wann, woher und wie gut er die betreffende Person kenne. Doch wer über die Jahre hinweg mit ihm unterwegs war, konnte sich davon überzeugen, dass Bender nicht zu dick aufgetragen hatte. Ganz gleich, wo man in Fußballdeutschland auch hinkam: Überall fanden sich alte Bekannte. Nach dem Motto: Von Burghause bis nach Halle – der Heinz aus Mainz, der kennt sie alle. „Ich wüsste niemanden, der so viele Telefonnummern von Trainern, Managern und ehemaligen Spielern in seinem Handy hatte, wie Heinz“, sagt Manfred Lorenz. Und alle mochten ihn. Bruno Hübner beispielsweise, der Sportdirektor von Eintracht Frankfurt, hat Bender „immer als angenehmen Menschen erlebt, der nie schlechtgelaunt war“. Und ein Standardsatz von Achim Stocker, dem langjährigen Präsidenten des SC Freiburg, lautete: „Richten Sie Heinz Bender schöne Grüße aus!“ Einmal, fast elfeinhalb Jahre ist es her, als die 05-Amateure bei den Bayern-Amateuren antraten, waren mein damaliger Kollege Jens Grützner und ich uns sicher: Diesmal kennt er niemanden. Nicht bei der Zweiten Mannschaft des großen FC Bayern. Doch kaum hatte Heinz Bender den kleinen Presseraum des Grünwalder Stadions betreten, da stürmte er auch schon auf einem älteren Herrn, den Münchener Schiedsrichterbetreuer, zu. „Wir kennen uns doch…“ Erstaunen. „Du bist doch der Franz...“ Sprachlosigkeit. „Vor 30 Jahren…“ – und da fiel der Groschen beim ehemaligen Bundesligaschiedsrichter Franz-Xaver Wengenmayer, und es folgten Geschichten aus den Kinderjahren der Bundesliga. Schließlich war auch der Heinz aus Mainz dereinst hochklassig mit Pfeife oder Fahne unterwegs gewesen. Wahrscheinlich war Heinz Bender der einzige Unparteiische, der mal einen Hund vom Platz stellte. Bender leitete seinerzeit ein Spiel in Darmstadt, als plötzlich ein Dackel aufs Feld stürmte und Kurs auf den Referee nahm. Doch der war nicht feige: Heinz Bender baute sich vor dem Kläffer auf – und zückte die Rote Karte. Manchmal ließ er eben auch seine ganze Autorität heraushängen. Mir hat er vor einigen Jahren vermutlich sogar das Leben gerettet. Tief in der Nacht, auf der viereinhalbstündigen Rückfahrt von einem Regionalligaspiel in Erfurt (wo er mit seinem unnachahmlichen Charme die weibliche Belegschaft des letzten noch geöffneten Gasthofes dazu gebracht hatte, die längst geschlossene Küche noch einmal in Betrieb zu nehmen), verhinderte er vom Beifahrersitz aus mit seinen ausdauernden Erzählungen, dass ich trotz völliger Übermüdung am Steuer in einen Tiefschlaf fiel. Bis er selbst, ein wenig entkräftet, einnickte. Aber da hatten wir bereits die Theodor-Heuss-Brücke erreicht. Dieser nächtliche Trip war der Auftakt zu einer langen, langen Reihe gemeinsamer Auswärtsfahrten zu Spielen der 05-Amateure von Kleve bis Großaspach. In all den Jahren habe ich nie jemanden kennengelernt, der in der Lage war, in so rascher Abfolge Themen anzuschneiden, zu wechseln, wieder aufzugreifen und miteinander zu verknüpfen, ohne den Faden zu verlieren, wie Heinz Bender. Es war mir eine Ehre. Wenige Dinge gab es, die Heinz Bender wirklich auf die Palme bringen konnten. Stets hatte er einen Scherz auf den Lippen, doch bei wichtigen Themen konnte er auch ernst und nachdenklich sein. Ungerechtigkeit zum Beispiel war dem sozial und kulturell vielfältig interessierten Mainzer ein Dorn im Auge. Der gläubige Christ war tief verwurzelt in der katholischen Soziallehre, bezeichnete sich selbst als „Herz-Jesu-Marxist wie Heiner Geißler und Norbert Blüm“. Gleichwohl überstand er seine langen Berufsjahre in der Öffentlichkeitsarbeit des damals FDP-geführten rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums schadlos. Da half dann wohl der berühmte Bendersche Humor. Dieser Humor mag jetzt seine Familie und seine Freunde trösten. Heinz Bender ist am Donnerstag, knapp sieben Wochen vor seinem 75. Geburtstag, gestorben. Alle Artikel von Fußball (Amateure)