Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 02.08.16

Hä?

AUS DEM TRAININGSLAGER (VII): Was unsere Rezeptionistin mit Harald Norpoth zu tun hat.

Saint-Vincent. Damit jetzt kein falscher Eindruck entsteht, nur weil an dieser Stelle in den vergangenen beiden Tagen ein paar kritische Worte zum Thema Nahrungsaufnahme zu lesen waren: Es ist nett in Saint-Vincent, der Ort vermittelt einen unhektischen Eindruck, das Wetter hat sich einen Daumen nach oben verdient (Ein geflügeltes Wort hier lautet angeblich: „Petrus muss ein Aostataler sein“), und aus der unserem Hotel benachbarten Bar klingt ununterbrochen leise Musik über die Piazza.

Sagen wir mal so: Ohne das Trainingslager des FSV Mainz 05 wäre es sogar ausgesprochen entspannend hier. Okay, dürften wir nicht ab und an ins Stadion oder zu Interviewterminen ins Mannschaftshotel, stellten wir uns wahrscheinlich bald die Frage nach dem musikalischen Repertoire der benachbarten Bar. Viermal Leonard Cohens „So long, Marianne“ binnen zwei Stunden ist dann doch etwas übertrieben; irgendwann glaubst du dann auch, dass „Jesus was a sailor, when he walked upon the water“.

In Sachen Verpflegung überwiegen inzwischen die positiven Eindrücke. Nicht zuletzt dank Darius Salbert. Der neue Teammanager der 05-Profis hat offenbar einen Zweitjob beim Presseversorgungswerk und zögerte keine Sekunde, den Wunsch der Journalisten nach Espresso und Croissants wahrwerden zu lassen – zur nächsten Trainingseinheit war die Tafel gedeckt.

Großen Einsatz zeigte auch die Rezeptionistin des Hotels „Bijou“. Keine Brioches mehr am Frühstücksbüffet und auch nicht in der Küche? „Kein Problem, ich besorge welche. Gefüllte oder ungefüllte?“ – „Ungefüllt. Aber eines reicht.“ Sekunden später eilt sie über den Platz in die Leonard-Cohen-Bar, verlässt sie aber mit leeren Händen und kommt im Laufschritt zurück. „Die haben leider keine ungefüllten mehr“. – „Oh, schade.“ – „Nur noch mit Schokolade.“ – „Ah, noch besser.“ Prompt setzt sie sich erneut in Bewegung. Vermutlich macht sie diese Tour des Öfteren – es würde jedenfalls erklären, warum ihr rund 1,85 Meter großer Körper fatal an den von Harald Norpoth erinnert.

Um ein Haar hätten die Rezeptionistin und ich unseren Dialog auf Deutsch führen können. Sie habe nämlich mal versucht, die Sprache zu lernen, nach einem halben Jahr aber aufgegeben. „Too complicated“, erklärt sie. Bis heute habe sie noch nicht verstanden, warum man statt „Was?“ unbedingt „Wie bitte?“ sagen müssen. Mit dem Sprachlehrer wird sie aber noch mal ein ernstes Wort wechseln. Jetzt, wo sie weiß, dass es in Deutschland Gegenden gibt, in denen es einfach „Hä?“ heißt.

„Eier“ heißt auf Italienisch „Uova“. Davon kann aber beim Frühstück nach wie vor keine Rede sein. Und langsam glaube ich auch nicht mehr daran, dass sich das bis zur Abreise ändern wird. Oder, um es frei nach Andreas Möller zu sagen: „Vom Feeling her habe ich kein gutes Gefühl.“

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