„Da kotzt du doch“
Mainz. Nach der sechsten Niederlage im neunten Bundesligaspiel wächst der Frust bei den Mainzer Futsalern. „Wir kriegen von den Gegnern immer Komplimente, aber das bringt uns gar nichts“, sagte Spielertrainer Christian Wölfelschneider nach dem 3:4 gegen den MCH Futsal-Club Bielefeld. „Wir müssen jetzt Punkte holen, und das muss auch das klare Ziel für Sonntag sein.“ Dann treten die 46er beim 1.FC Penzberg an, einem direkten Konkurrenten um den Klassenverbleib.
Dass sie gegen die Bielefelder leer ausgingen, hatte mehrere Gründe. Allerdings lag es nicht daran, dass die TSG den mit vier deutschen Nationalspielern stark aufgestellten Gästen unterlegen gewesen wäre. „Ein Sieg war mehr als drin“, sagte Timo Ernst. „Wir haben aber einfache Fehler gemacht, die spielentscheidend waren.“ Wie in der 18. Spielminute, als der Kapitän selbst mit einem Foul den Zehnmeter verschuldete, der zum 1:1 führte.
Dem Vergehen vorausgegangen war ein Mainzer Eckball, den Jonathan Trost kurz auf Ernst ausführen wollte. Doch der Bielefelder Hakan Erdem war vor dem 46er am Ball, Ernst foulte ihn daraufhin. „Ich habe mich sehr darüber geärgert, weil es einfach dumm war“, sagte der Kapitän hinterher selbstkritisch. „Außerdem ist das Ganze aus einer fehlenden Absprache heraus entstanden, weil wir den Standard nicht angesagt hatten.“
Teodonno erzielt die Führung…
Mit solchen Konzentrationsfehlern bringt sich die TSG schon die gesamte Saison über immer wieder um mögliche Punkte. Dass diesem sechsten Mainzer Mannschaftsfoul – ähnlich wie im Basketball führt nach fünf Fouls jedes weitere an die Linie – einige Fehlentscheidungen der Schiedsrichter vorausgegangen waren, nannte Ernst zwar ärgerlich, es dürfe aber nicht als Ausrede gelten.
Francesco Teodonno hatte die Gastgeber nur eine Minute vor dem verwandelten Zehnmeter in Führung gebracht; mit einem beeindruckenden Dribbling holte er den Strafstoß heraus, den er schussgewaltig im Tor unterbrachte. „Genau solche Aktionen erhoffen wir uns von ihm“, lobte Christian Wölfelschneider den Bundesligadebütanten, der die gesamte Hinrunde verpasst und zuletzt bei der Deutschen Meisterschaft im Juni 2021 ein Futsalspiel bestritten hatte.
Schon damals gehörte er zu den offensivstärksten Mainzern, und auch gegen die Ostwestfalen tat er dem Team mit den wenigsten Saisontoren gut. „Er bringt Qualitäten mit, die kein anderer unserer Pivots hat“, sagte der Trainer.
…und sieht Rot
Auf diese Qualitäten aber muss der Tabellenvorletzte vermutlich in den nächsten bis zu drei Partien verzichten. So lange jedenfalls will der DFB den physisch starken Teodonno für eine Rote Karte sperren, die dieser vier Minuten vor Spielende sah, die aber „eine krasse Fehlentscheidung“ gewesen sei, wie Timo Ernst kritisierte.
Nach einem langen Abwurf von Keeper Wölfelschneider hatte Teodonno beim Versuch, mit ausgestrecktem Bein an den Ball zu kommen, den herauseilenden MCH-Torwart Nicolas Pacheco getroffen. Absicht konnte man dem 24-jährigen sicherlich nicht unterstellen, und so unglücklich das Ganze auch aussah, hätte es eine Gelbe Karte wohl auch getan.
Ganz so deutlich wie sein Kapitän äußerte sich Spielertrainer Wölfelschneider zwar nicht zur Schiedsrichterentscheidung, sagte aber: „Ob man beim Spielstand von 2:3 direkt die Rote Karte zeigen muss, weiß ich nicht.“
Ins eigene Tor gelenkt
2:3 stand es zu diesem Zeitpunkt, weil die Gastgeber zwei weitere unglückliche Gegentreffer kassiert hatten. In der 28. Spielminute nutzte Suad Ak die erste Bielefelder Überzahl, nachdem Jonathan Trost zu Recht die Gelb-Rote Karte gesehen hatte, zum 1:2. Ein Platzverweis zieht beim Futsal eine zweiminütige Unterzahl nach sich; erzielt der Gegner in Überzahl ein Tor, beendet dieses automatisch das Powerplay.
In Gleichzahl brauchte die TSG keine 60 Sekunden, um wieder auszugleichen: Lukas Manneck traf mit einem Fernschuss von knapp vor der Mittellinie zum 2:2. Nur zwei Minuten später aber lag die TSG schon wieder hinten. Am Ende eines guten Bielefelder Angriffs versuchte Marcus Nungesser vor dem einschussbereiten Oliver Bollwicht zu retten, lenkte den Ball jedoch ins eigene Tor.
Vorentscheidung in der 38. Minute
Nach der Roten Karte nutzte der MCH auch seine zweite Überzahl aus. Eigentlich hatten die auf drei Feldspieler dezimierten Mainzer sich sehr clever verhalten, das 2:4 fiel erst zehn Sekunden vor Ablauf der zwei Minuten und durch einen abgefälschten Fernschuss des Bielefelder Spielertrainers Cleverson Pelc (38.). „Wir hatten diesmal hervorragend verteidigt, und dann kassierst du so ein Ding“, sagte Wölfelschneider. „Da kotzt du doch.“
In der Schlussphase sorgten die Gastgeber dank eines Flying Keepers selbst noch mal für Überzahl und kamen 30 Sekunden vor dem Ende durch Manneck zum 3:4. „Das Flying-Spiel war echt richtig gut“, sagte Wölfelschneider, der in dieser Phase für Timo Ernst Platz gemacht hatte. Kurz vor dem Anschlusstreffer hätte Emil von Werthern eigentlich schon zuschlagen müssen, er verfehlte allerdings aus kürzester Distanz das leere Tor. Es war nicht die einzige vergebene Großchance der TSG –weit mehr als nur drei Tore wären möglich gewesen.
Kapitän ist optimistisch
„Wir haben größtenteils das Spiel gemacht“, merkte Ernst an, dass der in spielfreien Wochen auf den eigenen Ballbesitz gerichtete Trainingsfokus offensichtlich Früchte trägt. „Wir haben riesige Schritte nach vorne gemacht und können sogar noch mutiger sein.“ Entsprechend optimistisch blickt der Kapitän auf die anstehende Begegnung in Penzberg. „Wenn wir die positive Stimmung der letzten Wochen hochhalten können und die heutige Leistung mitnehmen, habe ich keine Bedenken, dass wir gewinnen werden.“
Weil ebenjener FC Penzberg mit 4:7 gegen die Wakka Eagles Billstedt unterlag, rutschte die TSG erstmals auf den → neunten Tabellenplatz ab, der in die Relegation führen würde. „Das macht einem vielleicht noch ein bisschen mehr die Lage bewusst und unterstreicht die Dringlichkeit, punkten zu müssen“, sagte Wölfelschneider. Das Hinrundenspiel endete 5:5, derzeit stehen die Oberbayern zwei Punkte vor der TSG auf dem siebten Rang.