Gert Adolphi / Guido Steinacker | 16.06.14 Beim Auftaktspiel hat nur Schwarz-Rot-Gold etwas zu jubeln Das Aufeinandertreffen der deutschen und der portugiesischen Fußball-Nationalelf bei der WM in Brasilien entwickelte sich zwar zur einseitigen Angelegenheit. Aber dennoch feierten die deutschen wie die portugiesischen Mainzer am Montagabend ein tolles Gemeinschaftserlebnis. SPORTAUSMAINZ.de war bei je einem Treffpunkt vor Ort und berichtet in einer Konferenzschaltung. Mit der Hand auf dem Herzen folgen junge Portugiesen der Nationalhymne. | Gert Adolphi 18 Uhr auf der Großen Bleiche. Auf dem Ernst-Ludwig-Platz erklingen die Nationalhymnen, vor dem Eingang ist die Schlange noch gaaanz lang. | Guido Steinacker Geteilte Stimmung bei UDP, nur die Deutschlandfans hatten etwas zu jubeln. | Gert Adolphi Die Begeisterung unter den Fans auf dem Ernst-Ludwig-Platz blieb in der zweiten Halbzeit begrenzt, erst das 4:0 weckte wieder die Geister. | Guido Steinacker Auf dem Ernst-Ludwig-Platz fiel die Party nach dem Schlusspfiff eher kurz, aber heftig aus. | Guido Steinacker 40 Minuten vor dem Anpfiff wird es bereits eng auf dem Gelände von UDP Mainz in der Mombacher Straße. Besonders großer Optimismus herrscht unter den Portugiesen nicht. „Ich habe auf 3:2 für Deutschland getippt“, sagt der 20-jährige Joao Filipe. „Man muss einfach realistisch sein. Deutschland ist in einer guten Verfassung. Aber am Ende werden sich Deutschland und Portugal für die nächste Runde qualifizieren.“ 10 Minuten vor dem Anpfiff ist die Innenstadt mit Menschen in weißen Trikots und anderen deutschen Fanutensilien am Leibe gut gefüllt. Besonders auf der Großen Bleiche reiht sich bei der WM eine Großleinwand an die andere. Mit Abstand den meisten Platz und die größte Anziehungskraft hat der riesige Schirm auf dem Ernst-Ludwig-Platz. Wer hinein will, zahlt sechs Euro – allerdings nicht als Eintritt, dafür gibt’s Verzehrbons. Im hinteren Bereich hat der MCV einen seiner Wagen aufgebaut – nein, Korrektur: Auf dem Gelände gibt es für wichtige Menschen und Besserverdienende einen Aufbau mit besserem Blick und eigener Verpflegung, der gegen 15 Euro betreten werden darf. Kurz vor dem Anpfiff bei UDP: Zwischen 400 bis 500 Menschen, etwa die Hälfte davon Deutsche, drängen sich auf dem Gelände. Die deutsche Nationalhymne wird freundlich beklatscht. Auch Fußballtrainer Uwe Amberger (FV Budenheim) schaut sich das Spiel hier an. Vor rund zehn Jahren hat er den Verein vier Spielzeiten lang trainiert. „Es ist schön hier“, sagt Amberger. „Nette Leute, angenehme Atmosphäre. Ich habe mir hier schon ein paar Welt- und Europameisterschaften angeschaut.“ Als die portugiesische Hymne erklingt, erheben sich einige und halten ihre Hand auf das Herz. Der Anpfiff wird mit Applaus begrüßt. 5. Minute: Am Eingang zum Gelände auf den Ernst-Ludwig-Platz ist das Gedränge noch immer groß. Drinnen verfolgen rund 2000 Zuschauer die verheißungsvollen ersten Minuten der Partie, ein großer Anteil in weißen Nationalmannschaftstrikots gewandet. Portugiesische Farben sind hier überhaupt nicht zu entdecken, alles ist fest in teutonischer Hand. Genauso wie im benachbarten Schlossbiergarten, wo sich etwa 250 Fans versammeln. Die haben es mit ihren Sitzgarnituren etwas gemütlicher. Dafür müssen sie sich mit einem arg kleinen und kontrastarmen Schirm zufriedengeben. 12. Minute: Strafstoß für Deutschland. Große Proteste regen sich unter den Portugiesen nicht. „Über den Elfmeter kann man sich streiten“, sagt Ersan Köksel. Er ist zwar Türke, trägt aber aus Sympathie zu seinem besten Kumpel Pedro Alves das portugiesische Trikot. „Für mich war das zu billig. Ich weiß nicht, ob es richtig ist, einen Schiedsrichter aufzustellen, der noch nie bei einer WM oder EM gepfiffen hat.“ Thomas Müller verwandelt. Die Deutschen in Publikum springen auf, jubeln. Vereinzelt werden kleine Deutschland-Fahnen geschwenkt. Die Portugiesen bleiben ruhig, senken ihre Köpfe. 12. Minute: Die erste kleine Chance für Deutschland hat Götze (2.), das Publikum im Schlossbiergarten ist noch nicht angekommen in der Partie und reagiert nicht. Als Manuel Neuer den ersten Schuss von Cristiano Ronaldo gut abfängt (8.), klatschen zum ersten Mal einige Zuschauer. Der Strafstoß wird zunächst etwas ungläubig aufgenommen. „ Doch, doch, doch, klare Sache!“, ist sich Kilian, 18-jähriger Deutschlandfan mit dem Trend-Trikot „Schweinsteiger“, das auf dem Platz in Salvador allerdings keine Verkörperung findet, dank der Zeitlupe dann doch sicher. Nach Thomas Müllers Treffer zum 1:0 werden erstmals an diesem Tag im Schlossbiergarten die Fahnen geschwenkt. 28. Minute: Hugo Almeida wird bei seiner Auswechslung mit Applaus verabschiedet. Dann wird Mario Götze im letzten Moment geblockt. Die Portugiesen hatten schon angstvoll die Hände neben den Kopf genommen. Die Deutschen waren gerade dabei, aufzuspringen. Eine Minute später jubeln wieder nur die Deutschen. Mats Hummels köpft nach einer Ecke das 2:0. Bei den Portugiesen gibt es nur betretene Gesichter. 30. Minute: Die Portugiesen kommen einfach nicht ins Spiel, die deutsche Elf hat alles im Griff. Ein neutraler Zuschauer würde von einem langweiligen Kick sprechen. Das Lärmniveau der Gespräche droht die Lautsprecher zu übertönen. Große Bewunderung erntet ein junger Mann, der mit acht Bierhumpen in den Händen von der Versorgungsstation an die Tische zurückkehrt. 37. Minute: Pepe sieht die Rote Karte. „Das ist völliger Quatsch“, echauffiert sich Köksel. „Das war nie im Leben Absicht.“ Das Kopf-an-Kopf-Nachspiel von Pepe mit Müller findet er aber auch nicht gut: „Das muss nicht sein. Er schafft es, ein Jahr bei Real Madrid keine Rote Karte zu bekommen, und jetzt holt er sich gleich im ersten WM-Spiel eine ab.“ 37. Minute: Die Rote Karte wird im Schlossgarten eher verhalten aufgenommen, die Zeitlupe überzeugt die Zuschauer ganz und gar nicht. „Die FIFA weiß schon, wer ins Achtelfinale kommen soll“, mutmaßt ein älterer Zuschauer. Da ist er wieder, der deutsche Hang zur Verschwörungstheorie, die in diesem Fall erst mal widerlegt werden will. 45. Minute: Das 3:0. Die Szenen ähneln sich. Die Portugiesen sinken in sich zusammen, die Deutschen feiern. Die Ansichten, was noch zu holen ist für die Südeuropäer, fallen unterschiedlich aus. „Zwei Halbchancen für Ronaldo, das war für mich enttäuschend. Ich hoffe, dass wir jetzt keine Klatsche bekommen“, sagt Pedro Alves. Francisco Ramirez bleibt dagegen optimistisch: „Vielleicht können wir noch ein Unentschieden schaffen.“ 46. Minute: Wir wechseln den Standort und berichten die zweite Halbzeit vom Ernst-Ludwig-Platz. Dort fallen die Tore eine gute Sekunde früher, hörten die Zuschauer im Schlossbiergarten in der ersten Halbzeit dreimal. Der Platz ist dank der 3:0-Pausenführung zwar mit bestens gelaunten Menschen gefüllt, aber es dauert nach Wiederbeginn fast eine Viertelstunde, bis wieder größere Stimmung aufkommt. Als Ronaldo bei einem Freistoß vom Publikum in Salvador ausgepfiffen wird, steigen die Mainzer Zuschauer ein und bejubeln den schwachen Schuss des frustrierten Weltstars, der Ball bleibt in der deutschen Mauer hängen (60.). 60. Minute: Als Ronaldo seine Freistoßchance vergibt, schlagen die Portugiesen enttäuscht die Hände vors Gesicht. So ruhig wie auf dem Spielfeld geht es nach rund einer Stunde Spielzeit auch im Publikum auf dem UDP-Gelände zu. Die Deutschen sind ganz entspannt, die Portugiesen haben resigniert. 64. Minute: Als Fabio Coentrao verletzt auf dem Platz liegt, nutzt die Regie dies zur Wiederholung der Tore und zeigt in Zeitlupe ein weinerliches Gesicht Ronaldos. Die Mainzer johlen. Wie überhaupt mangels guter Spielszenen die Zuschauer die kleinen Randbilder nun am stärksten kommentieren. Ein BVB-Fan hält in Salvador sein Trikot ins Bild. Damit erntet der junge Mann in Südamerika auf dem Mainzer Ernst-Ludwig-Platz trotz Kloppo-Bonus keinen Jubel. 69. Minute: Die Deutschen waren schon alle wieder aufgesprungen. Doch Götze vergibt die Chance nach Zuspiel von André Schürrle. In der 75. Minute springt Manuela, die in der vordersten Reihe sitzt, auf, hebt den Arm und fordert nach Höwedes‘ Einsteigen gegen Éder einen Elfmeterpfiff für Portugal. Der serbische Unparteiische geht nicht darauf ein. 78. Minute: Das 4:0. Schon vorher hatten die Portugiesen wieder angstvoll ihre Hände zum Gesicht geführt. Es nutzte nichts. 78. Minute: Das 4:0, Thomas Müllers dritter Treffer an diesem Tag, wird auf dem Ernst-Ludwig-Platz natürlich schwer gefeiert. Die beiden jungen Frauen im Müller-Outift haben jetzt allerdings das Problem sich einig werden zu müssen, wer von ihnen zwei und wer nur ein Tor erzielt hat. Noch mehr Emotionen löst fünf Minuten später die Einwechslung von Lukas Podolski aus. Der wird beim Betreten des Rasens ausgiebig beklatscht (81.). 83. Minute: Die ersten Besucher, überwiegend Portugiesen, wandern ab. „Ich hätte mir ein Unentschieden gewünscht“, sagt Marcel Fiekert, der Schwiegersohn von UDP-Chef Agostinho da Silva. Er trägt zwar ein deutsches Trikot, ist aber durch seine Heirat mit einer Portugiesin auch Fan des Gegners. Schlusspfiff: Die Menge zerstreut sich. Große Emotionen zeigt keiner mehr. Die Deutschen wollen ihre Gastgeber nicht mit Jubelgesten demütigen. Die Portugiesen tragen die Niederlage gefasst. Auf der Straße holen die Portugiesen die Fähnchen von ihren Autos. Heute wird es nichts mit einem Jubelkorso. 90.+2. Minute: Mit dem Schlusspfiff kommt Bewegung in die bis dahin eher träge Masse auf dem Ernst-Ludwig-Platz. „Football’s coming home“ erschallt über die Lautsprecher und bringt die Leute zum Hüpfen. Die vorwiegend jungen Fans bilden Tanzkreise, hauen sich mit den schwarz-rot-goldenen Ballons auf den Kopf und verknoten entlüftete und gedrillte Ballons zu Limbostangen. Doch auch hier leert sich der Platz nach rund 20 Minuten allmählich, die Party ist zu Ende, die Menschen verteilen sich auf die Stadt. Und werden am Samstag wiederkommen, wenn die deutsche Elf zum zweiten Gruppenspiel aufläuft. Mehr Bilder vom Public Viewing am Montag in der Bildergalerie. Mehr Sport aus Mainz lesen Sie hier. Alle Artikel von Sonstige Sportarten