Christian Karn | 19.05.2020

Der 70-Tore-Verteidiger

Das 05-Kalenderblatt* für den 19. Mai.
Eigentlich viel zu spät in die Bundesliga gewechselt: Herbert Scheller.
Eigentlich viel zu spät in die Bundesliga gewechselt: Herbert Scheller.

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es um einen Defensivmann, der eigentlich viel zu spät in die Bundesliga wechselte, einen sich anbahnenden Zweitligaaufstieg und den besiegelten Erstligaabstieg.

 

19. Mai

Herbert Scheller wird heute 72 Jahre alt. Der Rheinhesse, der 1970 vom SV Gimbsheim zu den 05ern kam, war ein Defensivallrounder, der als Außenverteidiger, Vorstopper, Libero, aber auch im defensiven Mittelfeld gut spielte – einer der Mainzer der 70er Jahre, der eine viel größere Bundesligakarriere hätte haben können. Doch erst als 28-Jähriger wurde Scheller von einem Erstligisten verpflichtet, dem 1. FC Kaiserslautern.

Bis dahin war er sechs Jahre lang am Bruchweg nicht immer Kapitän, aber von Anfang an ein herausragender Anführer, der immer wieder Bundesligaangebote hatte, die Mainzer aber erst nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch verließ. 1973 hätte er mit den 05ern in die Erste Liga aufsteigen können; in der Qualifikationsrunde sah er bei Fortuna Köln ein paar Minuten vor der Halbzeit die Rote Karte, spielte aber weiter und wurde erst in der Pause erwischt.

Sechster Platz unter den Rekordspielern

Scheller war ein aggressiver Zweikämpfer, verfügte aber auch über ein hohes spielerisches Vermögen und eine unbeugsame Willenskraft. Als der damalige Vereinsboss Jürgen Jughard 1981 mit viel Geld – illegal, wie sich später herausstellte – ein Topteam aufbaute, wechselte Scheller nach 113 Bundesligaspielen für den FCK und den TSV München 1860 zurück zu den 05ern in die Oberliga, wo er noch mit 38 Jahren spielte.

Insgesamt absolvierte er für die Mainzer 330 Pflichtspiele in Zweiter Liga, Regionalliga, Oberliga und im DFB-Pokal, womit er in der Rekordliste hinter Dimo Wache, Nikolce Noveski, Jürgen Klopp, Michael Müller und „Bimbo“ Bopp den sechsten Platz belegt. Mit 70 Toren ist er Siebter hinter Bopp, Charly Mähn, Gerd Klier, Paul Lipponer, Karl-Heinz Wettig und Karl Scherm – im Gegensatz zu ihm allesamt Stürmer.

 

Mit einem 1:0-Sieg beim SSV Reutlingen stiegen die 05er heute vor 30 Jahren in die Aufstiegsrunde zur Zweiten Bundesliga ein. Charly Mähns Freistoßtor in der 22. Minute bedeutete bereits den ersten von vier Erfolgen in den insgesamt sechs Partien gegen die Konkurrenten aus Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Insgesamt war es in der Saison 1989/90 das 30. gewonnene Spiel.

 

Der bislang erste Mainzer Abstieg aus der Bundesliga liegt heute 13 Jahre zurück. Bereits vor dem letzten Spiel bei Bayern München war die Lage freilich aussichtslos; um drinzubleiben, hätten die 05er drei Punkte und 14 Tore aufholen müssen. Sie verloren bei den Bayern mit 2:5, Chadli Amri traf zum 1:3, Markus Feulner zum Endstand. Mario Vrancic und Neven Subotic gaben ihr Bundesligadebüt, bei den Bayern absolvierte Mehmet Scholl das letzte seiner 392 Bundesligaspiele.

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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