Bundesliga | Peter H. Eisenhuth | 23.05.2015

„Zwölf Jahre Mainz sind zwölf Jahre Dankbarkeit“

Benni Weber, der scheidende Videoanalyst des FSV Mainz 05, im „Interview der Woche“ über seinen Wechsel zu Borussia Dortmund, die Jahre am Bruchweg und das frühe Ende seiner Tenniskarriere.
So sah man sie vorige Saison schon mal bei Jugendspielen auf der Bruchwegtribüne sitzen. Inzwischen ist Martin Schmidt (l.) Cheftrainer des FSV Mainz 05, sein Vor-Vorgänger Thomas Tuchel steht kurz vor dem Ende seines Sabbatjahres und wird demnächst bei Borussia Dortmund anfangen. Und Videoanalyst Benni Weber (r.) wechselt vom Bruchweg zum BVB.
So sah man sie vorige Saison schon mal bei Jugendspielen auf der Bruchwegtribüne sitzen. Inzwischen ist Martin Schmidt (l.) Cheftrainer des FSV Mainz 05, sein Vor-Vorgänger Thomas Tuchel steht kurz vor dem Ende seines Sabbatjahres und wird demnächst bei Borussia Dortmund anfangen. Und Videoanalyst Benni Weber (r.) wechselt vom Bruchweg zum BVB. | Eva Willwacher
Mehr als der Analyst: Als jüngstes Mitglied des Mainzer Trainerteams war Benni Weber auch für viele Profis eine Vertrauensperson.
Mehr als der Analyst: Als jüngstes Mitglied des Mainzer Trainerteams war Benni Weber auch für viele Profis eine Vertrauensperson. | Eva Willwacher

Mainz. Viel Aufhebens um seine Person mochte Benjamin Weber nicht machen, und wahrscheinlich hätte er sich nach dem letzten Spieltag still und heimlich aus der Mainzer Fußballöffentlichkeit verabschiedet. Das Transparent im Fan-Block beim letzten Heimspiel dieser Saison gegen den 1.FC Köln aber verriet, dass er gehen würde: „Alles Gute, Benni…“, stand dort in weißer Schrift auf rotem Grund, und in der unteren Hälfte schwarz auf gelb: „…und viel Erfolg“.

Es waren Kumpels des 05-Videoanalysten, die in die Pläne des 32-Jährigen eingeweiht waren: Weber verlässt den Bruchweg und folgt Thomas Tuchel zu Borussia Dortmund. Im Gespräch mit SPORTAUSMAINZ.de zieht er eine Bilanz seiner Mainzer Zeit, die nur möglich geworden war, weil eine Verletzung ihm den Weg zum Tennisprofi verbaut hatte.

Der erste 05-Mitarbeiter, mit dem Weber zu tun hatte, war übrigens Heiner Dammel – der heutige  Bruchweg-Stadionverwalter betrieb früher die Tennishalle an der Finther Römerquelle, in der unter anderem über mehrere Jahre hinweg die Deutschen Meisterschaften ausgetragen wurden. „Heiner kenne ich seit über 20 Jahren, bei ihm habe ich schon als kleiner Bub Turniere gespielt.“

 

Herr Weber, Ihre Entscheidung, Mainz 05 zu verlassen, ist sicher nicht erst am Tag vor dem letzten Heimspiel gefallen, sondern schon vor Wochen – oder sogar schon voriges Jahr um diese Zeit?

Die Entscheidung ist gefallen, als Thomas Tuchel mich gefragt hat. Bis dahin habe ich mir immer wieder Gedanken gemacht, wie es für mich weitergehen kann, denn ich wollte nie, dass Thomas das Gefühl hat, mich mitnehmen zu müssen, weil er es mir mal versprochen hat oder weil ich in Mainz dabei war, sondern weil ich meine Arbeit gut mache. Das ist mir wichtig. Und ich habe das Gefühl, dass ich im Trainerteam einen Part übernehmen kann, der Thomas wichtig ist. Deswegen fühlt sich mein Entschluss auch gut und richtig an.

Schon im Mai vorigen Jahres gemeinsam mit Tuchel und Arno Michels auszusteigen, war für Sie kein Thema?

Das hätte ich mir schon gar nicht leisten können (lacht). Es ist auch etwas anderes als bei Arno. Er ist der erste Kotrainer, und für ihn war klar, dass er mit Thomas mitkommt, egal, wo’s hingeht. Dann kannst du auch mal ein Jahr von den Reserven leben, wenn du weißt, dass du danach einen neuen Vertrag bekommen wirst, der dich weiterbringt.

Damals wurde aber bereits spekuliert, dass Sie einer derjenigen seien, die Thomas Tuchel mitnähme…

…klar, das fand ich auch irgendwie ganz cool. Aber damit ist auch eine Gefahr verbunden, das habe ich in den letzten Monaten gespürt.

Nämlich?

Dass du bei jedem Gerücht, das in der Zeitung steht, darüber nachdenkst, ob gleich das Handy klingelt… Ich habe Thomas nie geschrieben, um zu fragen, ob ein Gerücht stimmt. Er hatte auch mal zu mir gesagt, dass er sich meldet, wenn etwas wichtig ist. Deshalb wollte ich mich auch von den Gerüchten nicht aus der Ruhe bringen lassen. Mit Christian Heidel hatte ich ganz klar abgesprochen, dass ich dieses Jahr hier durchziehe, mit allem, was dazugehört, dass ich dem Verein gegenüber loyal bin und dass wir am Ende der Saison neu entscheiden. Ich finde, wie es gelaufen ist, war es sehr sauber. Als ich für mich die Entscheidung getroffen hatte, nach Dortmund zu wechseln, war Christian der erste, den ich informiert habe. Also, nach meinen Eltern…

Meine Entscheidung ist nicht nur, dass ich Thomas folge, sondern dass ich nach zwölf Jahren in Mainz das Gefühl habe, entweder mache ich jetzt noch mal was anderes oder ich bleibe hier bis ans Lebensende. Noch bin ich ledig, noch habe ich die Möglichkeit, in die Welt zu gehen. Diese Chance hatte ich vorher eigentlich nicht – ich habe Sport gemacht, dann wollte ich Sport studieren, solange die Schulter noch einigermaßen hält, dann kam dieser Job hier, ich habe eine Lücke gesehen und gehofft, dass ich da reinkommen kann. Schließlich wurde Thomas Trainer, das war während meiner Examensprüfung in Psychologie, und fragte, ob ich dabei sei. Und so hatte ich nie das Gefühl, dass ich mal rauskonnte.

Aber das Angebot war ja auch zu verlockend.

Genau, und das deutsche Sicherheitsdenken kam in den ganzen Jahren dazu: lieber erstmal etwas sparen, als durch die Welt zu ziehen und das Geld rauszuhauen. Aber so, wie das alles gelaufen ist und wie sich jetzt alle im Verein verhalten, bin ich sehr froh. Ich habe das Gefühl, dass sich jeder für mich freut, aber dass trotzdem auch alle traurig darüber sind, dass ich gehe und eine Lücke hinterlasse. Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch, deshalb fand ich es auch unheimlich schade, wie Thomas‘ Zeit hier zu Ende ging. Ich glaube, nach so erfolgreichen Jahren hätte das nicht sein müssen; wir profitieren hier ja immer noch alle von seiner Arbeit.

Wie haben Sie vor zwölf Jahren den Einstieg gefunden?

Thomas Bayer, der Bruder meines Mitbewohners, hat mit seiner Firma Kemweb für Mainz 05 Spiele gefilmt. Das habe ich 2006 auch gemacht, und Peter Krawietz hat die Filme geschnitten. Irgendwann wollte und durfte ich etwas mehr arbeiten. Bis dahin war ich immer nur Tennislehrer im Sommer und Skilehrer im Winter gewesen. Das war zwar lustig, aber weitergebracht hat’s mich nicht. Deshalb war ich froh, dass ich in der Scoutingabteilung anfangen durfte. Und als Pete mit Kloppo und Zeljko Buvac nach Dortmund gegangen sind und Jörn Andersen als Trainer kam, brauchten sie in Mainz einen, der Videos schneiden kann. Dabei ging es vor allem um den technischen Part. Jürgen Kramny…

…Andersens Kotrainer…

…war der erste, der mir das Ganze auch inhaltlich näher erklärt hat. Ich habe Sport studiert und bin nicht ganz blind, aber analytisch wusste ich nicht viel. Kosta Runjaic war damals Gegnerbeobachter und hat mit mir die Mannschaften analysiert. Dann wurde Thomas Trainer, und ich war, glaube ich, einer der ganz wenigen, die er schon aus seiner A-Jugend-Zeit kannte. Wir waren dann mal was zusammen trinken…

Was trinken?

Wasser!

Nee. Thomas ist nicht so langweilig, wie einige denken… Er hat mich dazugenommen, ich habe für Thomas und Arno geschnitten, mit der Zeit haben sie mir immer mehr zugetraut und zugewiesen, und irgendwann sah der Job so aus, wie er jetzt aussieht. Das hat sich über die Jahre entwickelt. Von 2011 an war es eine feste Stelle im Trainerteam.

Hat sich der Job des Videoanalysten im Laufe der Jahre von Trainer zu Trainer verändert?

Ja, und auch von Verein zu Verein spielen Videoanalysten unterschiedliche Rollen. Es gibt welche, die kennen den Trainer nicht mal persönlich, ganz wenige sitzen mit im Trainerbüro. Ich könnte mir vorstellen, dass es beim Pep so ist und in Leverkusen…

…und bei Pete Krawietz…

…genau. Wobei der Fall bei ihm noch etwas anders liegt, er ist ja Kotrainer. Die Wertigkeit ist ein leidiges Thema. Wenn du irgendwo erzählst, du seist der Videoanalyst, kommt als Reaktion meistens: „Hä, was issen das?“ Deshalb sage ich immer, dass ich im Trainerteam von Mainz 05 bin, das ist einfacher zu verstehen.

Inzwischen heißt es aber auch Kotrainer Analyse, oder?

Genau. Aber in Dortmund bin ich wahrscheinlich wieder Videoanalyst.

Für die Tätigkeit spielt die Bezeichnung keine Rolle.

Richtig. Die Wertschätzung an sich gibt mir der Cheftrainer.

Wie genau gestaltet sich die Arbeit? Peter Krawietz hat den Job seinerzeit sehr eindrucksvoll ausgeübt: Er ist kurz vor dem Halbzeitpfiff die Bruchwegtribüne hinuntergerast, als wäre jemand mit einem alkoholfreien Bier hinter ihm her…

…ich war übrigens direkt hintendran…

…um schon zur Pause erste Bilder für Jürgen Klopp und Zeljko Buvac zusammenzuschneiden.

An diesem Ablauf hat sich nicht viel geändert. Am Tag nach dem Spiel will ich immer schon was zum nächsten Gegner haben, damit ich dem Trainer sagen kann, welches Thema dann besonders wichtig wird und er sich am freien Tag Gedanken machen kann, welche Elemente er ins Training aufnimmt.  So haben Thomas und ich das immer gemacht. Während der Trainingswoche geht das weiter, du schaust noch mehr Spiele, noch detaillierter, gehst in die individuellen Geschichten hinein, in die Daten. Du guckst, wo die Gegner ihre Ballgewinne haben, wie viele Sprints, du guckst dir die Torchancen an, die sie hatten und die sie gegen sich hatten, ob es irgendwelche Muster gibt und so weiter.

Von Donnerstag an bin ich schon beim übernächsten Gegner. Da ich sonntags ja auch noch das eigene Spiel vom Samstag schneiden muss, bin ich innerhalb einer Woche immer mit drei Mannschaften beschäftigt. Hinzu kommen die Trainings, die man filmt und schneidet und andere Dienste, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben. Ich mache den DJ im Bus, Motivationsvideos gehören dazu, und weil ich der Jüngste im Trainerteam war, haben viele Spieler mich auch als Vertrauensperson betrachtet.

Das klingt nicht nach vielen freien Tagen.

Dieses Jahr ging’s, weil wir im Trainerteam einer mehr waren. Ich habe aber auch viele Gegner live gesehen, meistens in Sonntagsspielen. Ich weiß gar nicht, wie oft ich in dieser Saison in Bremen war… Insgesamt war dieses Jahr schon extrem anstrengend, weil man gemerkt hat, dass es um viele Existenzen geht. Und ich war im Trainerteam derjenige mit der größten Bundesligaerfahrung, auch wenn ich der Jüngste war; dadurch bin ich teilweise in Rollen gerutscht, die ich so nicht einnehmen wollte. Aber es war eine unheimlich gute Erfahrung für mich.

War es für Sie schwierig, Ihren Stellenwert nach dem Trainerwechsel von Thomas Tuchel zu Kasper Hjulmand zu wahren?

Mit Kasper hatte ich zwei Gespräche, bevor es losging, und nach dem zweiten hatten wir schon ein sehr gutes Verhältnis. Kasper meldet sich auch heute noch bei mir. Er hat mir eine brutale Rolle gegeben, er hat mir total vertraut. Er wusste ja, dass ich bei Thomas im Gespräch war und dann wohl nicht so schlecht sein konnte. Ich selbst habe auch bei Kasper viel gelernt, es war ein ganz anderer Ansatz, von dem ich viel mitnehmen konnte, auch wenn viele das nicht glauben.

Hjulmands Problem in Mainz war ja nicht, dass er kein exzellenter Fußballfachmann wäre, sondern dass er nicht bereit war, von seinem Weg abzuweichen, als klar war, dass es für die Mannschaft um die Existenz ging.

Kasper hat eine Philosophie, mit der er vorher erfolgreich war, und die wollte er auch in Mainz durchsetzen. Genauso wenig, wie er sich bewegen wollte, wollte sich am Ende der Verein bewegen.

Er hat aber relativ früh gesagt, dass er zwei, drei Jahre benötige, bis seine Art, den Fußball zu entwickeln greife. Diese Zeit hatte Mainz 05 aber nicht, als es immer weiter Richtung Abstiegsplätze ging. Da muss man schon ein großer Fußballromantiker sein, um zu sagen, mir ist es egal, in welcher Liga der Verein spielt…

…absolut…

…abgesehen davon, dass wahrscheinlich auch mehrere Dutzend Arbeitsplätze an der Ersten Liga hängen.

Absolut, darüber brauchen wir nicht zu reden. Aber ich glaube, es ist auch wirklich schwierig, als Ausländer in die selbstbewusste Bundesliga zu kommen. Das beginnt schon bei der Sprache.

Fiel Ihre Entscheidung, den Verein zu verlassen, noch in Hjulmands Zeit?

Nein, da war Martin Schmidt schon Cheftrainer, aber das hatte nicht mit ihm oder Kasper zu tun, sondern einfach damit, wann Thomas mich gefragt hat, ob ich mit ihm nach Dortmund gehe. Das ist ein paar Wochen her.

Wie hat Christian Heidel regiert, als Sie ihn informiert haben?

Etwa so, wie ich es erwartet hatte. Er sagte, er könne versuchen, mich zu überreden, aber er wisse, dass es meine endgültige Entscheidung sei und dass er diese Entscheidung verstehe. Das tut er auch, da bin ich mir sicher. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass er sich über meinen Abschied freut. Und als Martin letztens gefragt wurde, wer Benni Weber ersetze, sagte er: „Den kann man nicht ersetzen.“ Ein solches Kompliment ist mir mehr wert, als mehr Geld zu verdienen.

Und wer kommt für Benni Weber?

Das weiß ich nicht, aber in Peter Perchtold und Bo Svensson sind ja zwei Kotrainer da, die das leisten können.

Wären Sie lieber nach Hamburg gegangen als nach Dortmund?

Also, ich finde Hamburg auf jeden Fall eine geile Stadt. Aber dann können wir jetzt auch über Leipzig, Stuttgart und alles reden, was man so gelesen hat. Ich kann nur sagen, dass das, was jetzt passiert ist, wirklich das Beste ist. Bei allen anderen Varianten war ein Makel dabei. Aber bei Dortmund war mein erster Gedanke: „Alter, das ist mal eine Ansage, das ist ein Verein.“ Und wenn ich mit Freunden spreche, habe ich das Gefühl, dass viele das genauso sehen – ich glaube, das wäre anders gewesen, wenn ich nach Kaiserlautern oder Frankfurt gegangen wäre.

Sie stammen aus Oberursel.

Ja, und es war schon hart für alle meine Kumpels, dass ich bei Mainz 05 arbeite. Dass sie jetzt ins Stadion gekommen sind und ein Plakat für mich hochhalten, fand ich sehr schön – schließlich sind sie Eintracht-Fans. Die sind aber auch erleichtert, dass ich nicht mehr beim Derby-Gegner arbeite...

Lassen Sie uns noch ein paar Jahre zurückgehen: Eigentlich standen Sie ja mal vor einer Tenniskarriere.

Bis ich 18 war, habe ich professionell Tennis gespielt, musste dann aber wegen eine chronischen Entzündung der Bizepssehne aufhören, und dann war die Frage…

…professionell heißt in dem Alter?

Ich hatte einen eigenen Trainer, ein eigenes Team. Meine höchste Position war die Nummer 35 der Welt in meinem Jahrgang. Ich war schon weltweit unterwegs, mal vier Wochen auf einer Turnierreise in Brasilien, ich habe die ganzen europäischen Turniere gespielt, und ja, ich wollte eigentlich Tennisprofi werden. Es hat nicht geklappt, aber ich glaube auch nicht, dass ich den Zug gehabt hätte, es sehr weit zu bringen. Die Frage hat sich von selbst erledigt, ich habe mich entschieden, die Schule fertigzumachen, und nach dem Abitur habe ich Sport studiert, weil ich nicht wusste, was ich sonst machen soll. Nach Mainz gegangen bin ich, weil es nicht so weit von Mama und Papa weg ist.

Und Tennis spielen geht gar nicht mehr?

Nee. Ich hab’s noch mal bei Schott probiert, aber Anspruch und Wirklichkeit sind zu weit voneinander entfernt. Die Schläge gehen zwar schon noch einigermaßen, aber wenn ich so spielen will, wie ich es konnte, mit der Beschleunigung und so, macht das die Schulter nicht mehr mit. Wenn ich einmal die Woche hobbymäßig spiele, geht das. Aber ich kann generell nicht verlieren, und wenn ich mit den Schott-Jungs aus der Ersten Mannschaft auf den Platz gehe und froh sein muss, dass ich mal ein Spiel hole, könnte ich kotzen. Aber das sind super Jungs, deshalb habe ich mich gerne mal von ihnen verprügeln lassen.

Sie hatten im Vorgespräch gesagt, Ihre Arbeit sei nicht so wichtig, dass man darüber reden müsse. Aber sie ist doch im Laufe der letzten Jahre immer wichtiger geworden?

Ja, das stimmt. Es gibt ja auch viel mehr Material und Daten, der Spieler ist gläsern. Wir wissen zum Beispiel genau, wie viel ein Spieler in einer Trainingswoche gelaufen ist. Wenn ein Spieler fragt, warum er am Wochenende nicht im Kader steht, können wir ihm sagen: Du bist unser Außenspieler, der die meisten Sprints haben sollte, aber du bist weniger gelaufen als die Innenverteidiger. Aber auch wenn die Arbeit an Bedeutung gewonnen hat: Ich lechze nicht nach Öffentlichkeit, in den Fokus gehören andere.

Trotzdem bekommen Sie Ihr Abschiedsspiel in der Allianz-Arena bei der Meisterfeier…

Da war ich noch nie dabei. Ich hoffe, dass ich nicht nur an der Schale schnuppern, sondern sie auch mal anfassen kann.

Das können Sie sich aber auch für Dortmund aufheben.

Haha. Insgesamt kann ich mir das Ende nicht schöner vorstellen, als es jetzt war. Gegen Köln zu gewinnen, dazu der großartige Abschied von Nikolce. Meine Freunde waren im Stadion, haben das Transparent hochgehalten, und zum Abschluss spielen wir in München. Toll. Aber es war ja insgesamt eine großartige Zeit. Walter Notter, unser Zeugwart, sagt gerne mal, hier werde der Bock zum Gärtner gemacht. Aber das ist ja auch das Glück, dass aufgrund beschränkter Mittel Dinge anders gemacht werden als in großen Vereinen und dass sich Leute deshalb hier entwickeln können. Ich finde, so muss es auch bleiben. Den Filmturm am Trainingsplatz zum Beispiel, den hätten wir auch für 10.000 Euro kaufen können, aber der alte Hausmeister und ich haben Paletten dahin getragen und selbst einen Turm gebaut, damit ich aus einer vernünftigen Position filmen kann. Das ist nur ein kleines Beispiel dafür, wie hier aus bescheidenen Mitteln Großartiges entstanden ist. Dass ich daran mitwirken durfte, macht mich stolz und froh. Aus meiner Sicht kann ich sagen: Zwölf Jahre Mainz sind zwölf Jahre Dankbarkeit.

 

Das Gespräch führte Peter H. Eisenhuth.

 

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