Kalenderblätter | Christian Karn | 01.09.2020

Diagonal übers Feld gerannt

Das 05-Kalenderblatt* für den 1. und 2. September.
Haben am Mittwoch Geburtstag, von links: Mike Janz, Ralph Gunesch, Peter Perchtold.
Haben am Mittwoch Geburtstag, von links: Mike Janz, Ralph Gunesch, Peter Perchtold.

Mainz. Die 05-Kalenderblätter* waren ein fester Bestandteil der „nullfünf-Mixed-Zone“, die von August 2014 bis Oktober 2017 über den Mainzer Bundesligisten berichtete. Sie griffen Jubiläen, Besonderheiten und Ergebnisse an den jeweiligen Tagen auf. Heute geht es unter anderem um einen reisenden Ungarn, einen Sportmediziner, einen übermotivierten Führungsspieler und um „Felgenralle“.

 

1. September

Heute wird Dezsö Orbán 87 Jahre alt. Orbán war ein ungarischer Handlungsreisender, dessen Beruf seine Fußballkarriere über ganz Europa verstreute: Bis 1960 war der Mittelfeldspieler für den VfR Neumünster aktiv, dann wurde er von Hamburg nach Frankfurt versetzt und schloss sich den 05ern an. Orbán hatte allerdings Schwierigkeiten, sich in Mainz zu akklimatisieren, und auch nicht immer Zeit für Fußball. Dennoch bedauerten es die Mainzer sehr, als er im Spätsommer 1961 nach 16 Oberligaeinsätzen von seinem Arbeitgeber nach Spanien delegiert wurde. Bis dahin hatte Orbán in einem internationalen Mittelfeld gespielt: Seine Nebenleute waren der Mainzer Werner Sommer und der syrische Student Ali Rahmoun.

 

2. September

Eine ganze Reihe ehemaliger 05-Spieler hat heute Geburtstag. Der Älteste von ihnen ist Jürgen Rohmer. Der Mittelfeldspieler kam aus dem eigenen Nachwuchs in die Erste Mannschaft, spielte gegen Ende der Saison 1974/75 zweimal in der Zweiten Bundesliga, wechselte aber nach der Runde zu Kastel 06. Als die 05er ein Jahr später nach dem Rückzug aus Liga eine neue Mannschaft aufbauen mussten, kam Rohmer als einer von 15 Zugängen zurück, setzte sich aber wie viele der Neuen nicht durch. Rohmer spielte nur siebenmal und schloss sich 1977 erneut den Kastelern an. Heute wird er 66 Jahre alt.

 

53 Jahre alt wird Mike Janz. Der Mittelfeldspieler kam als 13-Jähriger vom MTV 1817 an den Bruchweg und debütierte 1985 in der Ersten Mannschaft. Janz war ein großes Talent, ein Spieler mit sehr viel Potenzial, aber auch einer, der immer wieder durch schwere Verletzungen zurückgeworfen wurde. Erst 1989/90 war er über eine komplette Saison Stammspieler, inzwischen ebenso oft als Manndecker wie auf seiner ursprünglichen Position im zentralen Mittelfeld. In der Zweiten Liga musste sich Janz immer wieder mit starken Konkurrenten um die Plätze in der Startelf streiten; mal setzte er sich durch, mal nicht. Nach sieben Spieltagen der Saison 1992/93 machte eine weitere schwere Verletzung seiner Zweitligakarriere ein Ende.

Ein vorläufiges zumindest. Denn im Herbst 1995 holte Amateurcoach Manfred Lorenz, Interimstrainer der Profis nach der Entlassung von Horst Franz, Janz aus der Zweiten Mannschaft wieder nach oben. Trotz der 0:1-Niederlage war dieser beim Comeback gegen Fortuna Köln im zentralen Mittelfeld der überragende Mann auf dem Platz. Bis zum Ende der Hinrunde war Janz noch einmal Zweitliga-Stammspieler; nach den im Winter getätigten Verpflichtungen von Lars Schmidt, Marco Weißhaupt und durch die Rückkehr von Michael Müller, der die Hinrunde nahezu komplett verpasst hatte, war anschließend nicht mehr viel Platz im Team für Janz. 1999 promovierte Janz zum Doktor der Medizin, von 2007 an arbeitete der Allgemein- und Sportmediziner in seiner eigenen Praxis in Kostheim, inzwischen in Gonsenheim.

 

Ralph Gunesch wird 37 Jahre alt. Der aus Rumänien stammende Verteidiger spielte in der Abstiegssaison 2006/07 für die 05er, allerdings nicht oft. Beim FC St. Pauli war der in Aachen ausgebildete Gunesch zuvor und anschließend Stammspieler, ab 2012 auch beim FC Ingolstadt 04. Nach dem Bundesligaaufstieg der Ingolstädter 2015 beendete er seine Karriere. Der wegen seiner Begeisterung für Autos auch „Felgenralle“ genannte Gunesch ist abseits des Fußballs vor allem bekannt für klare Meinungen und Ansagen. Er engagiert sich gegen Rechtsextremismus und Homophobie, aber auch für die Interessen der Fußballfans und kann dabei bemerkenswert unbequem werden. Seit 2016 arbeitet er als Kommentator für den Streamingdienst Dazn.

 

36 Jahre alt wird Peter Perchtold, der bei Mainz 05 eine überraschende Karriere machte. Eigentlich hatte Amateuremanager Manfred Lorenz den Deutsch-Österreicher aus Nürnberg mit geringfügiger Bundesligaerfahrung (zwei Spielen für den VfB Stuttgart), der zuvor in Australien aktiv war, 2011 als Führungsspieler des Regionalligateams. Diese Rolle überinterpretierte er jedoch: Zum Saisonauftakt in Essen sah Perchtold sich genötigt, in ein Gerangel an der gegnerischen Eckfahne einzugreifen, stürmte von hinten rechts nach vorne links, stieß einen Gegenspieler zu Boden, sah die Rote Karte und wurde für drei Spiele gesperrt. Sein Comeback endete nach 37 Minuten mit einer Knieverletzung, derentwegen er seine Karriere beenden musste.

U-23-Trainer Martin Schmidt band ihn rasch in die Arbeit ein, später wurde er offiziell Kotrainer. Als Schmidt zum Cheftrainer aufstieg, kam Perchtold zunächst als Assistent des Trainerteams mit; offizieller Kotrainer wurde er, als Bo Svensson von diesem Posten ins Amt des U-16-Coaches wechselte. Nachdem sich die 05er im Sommer 2017 von Schmidt trennten, wechselte Perchtold in gleicher Funktion zum FC Schalke und Domenico Tedesco. Ein Jahr später war er Vizemeister. Seit Juli ist er für den VfB Stuttgart tätig.

 

Außerdem haben zwei ehemalige 05-Amateurspieler Geburtstag.

Valerie Ebongollé wird 42 Jahre alt. Der Ghanaer war 2000/01 Stammspieler im Oberligateam und spielte bei der 0:4-Pokalniederlage beim 1. FC Nürnberg eine Halbzeit mit den Profis.

Christian Bolm schoss von 2003 bis 2006 in 70 Ober- und Regionalligaspielen für die 05-Amateure elf Tore, spielte später für den FK Pirmasens und Wormatia Worms. Bolm wird 37 Jahre alt.

 

*Mit freundlicher Genehmigung von Jörg Schneider (nullfünf-Mixed-Zone).

 

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