Peter H. Eisenhuth | 14.06.2020

Sportler, Lehrer, Identifikationsfigur

Ein Nachruf auf den Speerwerfer Hermann Salomon.
Eine Legende bei der Nachwuchsarbeit: Hermann Salomon im Jahr 2017 mit den Nachwuchs-Mehrkämpfern Cedric Reinhart (l.) und Marvin Bruchhausen.
Eine Legende bei der Nachwuchsarbeit: Hermann Salomon im Jahr 2017 mit den Nachwuchs-Mehrkämpfern Cedric Reinhart (l.) und Marvin Bruchhausen. | privat

Mainz. Wer Mitte der Nullerjahre, als der USC Mainz noch mit einem Großaufgebot bei Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften vertreten war, abends an einem Tisch mit Hermann Salomon saß, konnte Ohrenzeuge einer schier unglaublichen Anekdotenfülle werden. Der Mann hatte was zu erzählen, nicht zuletzt von drei Teilnahmen an Olympischen Spielen von 1960 bis 1968. „Er war und ist bis heute einer unserer erfolgreichsten Athleten“, sagt Harry Letztelter, der Sportliche Leiter des Traditionsvereins.

1961 wechselte der gebürtige Danziger vom Hamburger SV nach Mainz. Bis dahin war er einmal Deutscher Meister im Speerwurf und zweimal im Internationalen Fünfkampf, bestehend aus Weitsprung, Speerwurf, 200-Meter-Lauf, Diskuswurf und 1500-Meter-Lauf, geworden. Im blauen Trikot mit dem großen weißen M auf der Brust legte er drei Mehrkampftitel nach, in seiner Spezialdisziplin dominierte er die nationale Szene weitgehend: 1962, 1963, 1964, 1967 und 1968 stand er bei Deutschen Meisterschaften auf dem Treppchen ganz oben. Gegen Ende seiner Karriere stellte er am 22. Juni 1968 in Paris mit 83,48 Metern einen Deutschen Rekord auf.

„Hermann war eine wichtige Identifikationsfigur“, sagt Letzelter. „Er hat sich im Verein und darüber hinaus große Verdienste erworben.“ Als Athlet und später als Trainer, als der er unter anderem an der Technik von Peter Blank feilte, der 1990 für den USC Deutscher Meister wurde. In der jüngeren Vergangenheit profitierte unter anderem Julian Weber von Salomons Wissen, auch dem Neuwieder Zehnkämpfer Kai Kaczmirek stand der Altmeister zur Seite.

Ohne Salomon hätte es auch das Internationale Speerwurfmeeting im Unistadion nie gegeben, das über etliche Jahre fester Bestandteil im Terminkalender der Szene war und zu dem auch Legenden wie die Olympiasieger Klaus Wolfermann und der Lette Janis Lusis kamen. Salomon selbst schleuderte den Speer auch an einem ganz ungewöhnlichen Ort erfolgreich – Mitte der 60er Jahre im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF, wo er auf die Torwand warf und sein Sportgerät fünfmal versenkte.

1971 mit dem Rudolf-Harbig-Gedächtnispreis ausgezeichnet, arbeitete der studierte Englisch- und Sportlehrer nach seiner aktiven Karriere zunächst am Mainzer Gutenberggymnasium, bevor er die Professur für angewandte Sportpädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität übernahm. Als Dozent prägte er auch die nach ihrem Gründer Berno Wischmann benannte Auslandstrainerschule: Von Beginn an dabei, leitete er die Einrichtung als Wischmanns Nachfolger von 1984 an für elf Jahre; als Lehrer blieb er ihr bis 2015 erhalten. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass Hermann Salomon auch und gerade in dieser Funktion für den Ruf des USC Mainz und das Ansehen Deutschlands in der Welt viel getan hat.

Hermann Salomon, 82, ist am Samstag nach langer, schwerer Krankheit gestorben.

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